Im Knast

Gedicht zum Thema Arbeit und Beruf

von  RainerMScholz

Der Roboter, zu dem ich mich habe machen lassen, hebt
die Kartonkiste auf den Tisch,
schlitzt sie mit dem stumpfen Teppichmesser auf,
stopft das Zeug hinein, das fort soll,
klebt ihn mit dem Klebebandabroller zu
und
schleift sie zur Palette,
zu den anderen
Kisten.
Dann wendet sich das seelenlose Stück,
das ich bin,
einem anderen Karton zu
und beginnt von vorne.
Draußen ist es Dunkel noch.
Die Halle,
in der ich an dem Tisch stehe,
ist immer dunkel.
Sie liegt tiefer
als der Gehweg und die Straße.
Ginge jemand vorüber,
könnte ich seine Beine bis zu den Knien sehen,
dann fängt die Decke an,
in der die Oberlichter geschlossen scheinen.
Immer dunkel und zwielicht, voller Staub.
Mein Arbeitspartner am Tisch gegenüber
sieht aus,
wie ein Vergewaltiger aussehen könnte.
Wir führen keine Gespräche.
Wortfetzen
wechseln die Münder.
Stöhnen, leises
Röcheln, Grunzen und Ächzen.
Der Schweiß von Tagen
hängt schwer in der Luft,
Fäkalien, ein wenig
Urin, Gott weiß wieso.
Dann hievt der Tote, der ich bin,
die nächste Kiste auf den Tisch.
Ich schlitze sie auf und klebe sie zu.
Jemand fährt die Palette hinaus,
den ich nur aus den Augenwinkeln sah.
Der Zement ist grau und schwarz
vom Ruß,
von der Vernichtung unserer Leben,
der Verrottung, die aus
den Gesichtern rieselt.
Der Schwerverbrecher, der ich  bin,
schleppt eine Leiche auf den Tisch,
schlitzt sie auf,
kramt etwas heraus und stopft etwas hinein,
ich klebe sie zu
mit dem Klebebandabroller
und hebe sie auf die Palette
zu den anderen.




© Rainer M. Scholz

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Kommentare zu diesem Text

Jonathan (59)
(07.11.11)
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 RainerMScholz meinte dazu am 08.11.11:
Die anderen sprechen weniger darüber.
Danke für das G´fui (allgäuerisch?).
Grüße,
R.
Jack (33)
(24.11.11)
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 RainerMScholz antwortete darauf am 25.11.11:
Das trifft es ziemlich gut.
Grüße,
R.
MarieM (55)
(10.12.11)
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 RainerMScholz schrieb daraufhin am 11.12.11:
Schön, dich wiederzusehen.
Wie immer eloquent (und schmeichelhaft für mich) und profund kommentiert.
Und ja, natürlich: Das Arbeiten für und an anonymen Menschen kann Gesundheitsschäden verursachen.
Liebe Grüße, Frau Marie,
R.
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