Stepf - Der Geburtstag

Erzählung zum Thema Liebe und Leid

von  Prinky

Neuntes Kapitel

Mittlerweile wußte ich seinen Namen. Er nannte und nennt sich immer noch Hardy. Ich muss auch heute noch darüber lachen. Aber eigentlich war es das schon mit den Witzen, denn als der Abend ihres 30 Geburtstages näherrückte, wurde mir langsam, sehr langsam klar, daß ich sie nun doch bald verloren hätte. Aber wie ein Gefangener, der immer überlegt, wie er seinen Ausbruch aus dem Gefängnis hinbekommen könnte, so war mir immer noch klar, daß mein Liebe erst dann erlöschen würde, wenn ich meinen letzten Atemzug genommen hätte.
Ich war Tage zuvor in der Stadt, um ihr ganz besondere Geschenke zu besorgen. Sie mochte es immer, wenn Geschenke einen persönlichen Touch hatten. Im übrigen bleibt das wohl auch so in ihrem Leben. Ich hatte ein Buch geschrieben, extra für sie. In eine Art Schulheft hatte ich die letzten Jahre niedergeschrieben. Unsere Gespräche, unser erstes Treffen, unsere gegenseitigen SMS, eben alles, was unsere Freundschaft ausmachte. Es war sehr persönlich, und ich wußte, das sie das mögen würde. Ich habe es in Schreibschrift niedergeschrieben, weil ich auch dies als sehr persönlich empfand. Aber halt in einer, die auch eine FREMDE sehr gut lesen könnte. Dazu eine Flasche Kräuterlikör mit ihrem Namen, eingraphiert.
Alles in allem war ich sehr stolz auf meine kleinen Geschenke, und als der Abend näherrückte, fuhr ich mit einem zweigeteilten Magengefühl hin zu ihr.

Da war was los. Mit Mühe bekam ich in ihrer Wohnstraße nach kurzer Suche noch einen Parkplatz. Fast schien es so, als wäre ich zu einer Hochzeit angereist. Wahnsinn!
Und eigentlich war es ja auch eine, jedenfalls für mich. Ich schellte, und klar machte SIE mir auf. Ich küsste sie auf ihre rechte Wange, und überreichte ihr meine Geschenke. Das unsrere Augen sich trafen, und ich wieder auf Wolke Sieben zu schweben schien, muss ich ja eigentlich nicht mehr erwähnen, aber ich freue mich dennoch wenn ich es kann. Gemeinsam gingen wir anschließend runter in den Keller, wo sie ihre eigene kleine Wohnung in ihrem Elternhaus hatte. Noah hielt mir beim Betreten des Wohnzimmers eine Flasche Bier hin, die ich lächelnd entgegennahm.
"Das Micha, ist das GUTE an einem Geburtstag," meinte er, und mit einem Zug hatte er seine dann schon leer. Ich begann da etwas verhaltener, und nahm nur einen kleinen Schluck. Sem stand am Büffet, was klar war. Zumindest war dieses gerade eröffnet worden, was zumindest nicht peinlich für ihn wurde. Der Raum füllte sich mit Menschen, die ich zum guten Teil überhaupt nicht kannte. Aber sie hatte eben einen großen Freundeskreis, wovon unserer eben nur ein Teil war. Ich ging zu Rainer rüber, der sich ebenfalls den Pappteller mit all jenen Köstlichkeiten volllud, die Nadine uns an ihrem Ehrentag so bot. "Und," meinte ich zu ihm, "gehen wir nachher mal auf die Terrasse? Irgendwie ist ein menschlich übervoller Raum so gar nichts für mich. Er bejahte, und schmiegte sich an seine Frau.
Da sah ich Hardy auf einer Bank neben Nadine sitzen. Ich kannte ihn von einem Bild, das mir Nadine einst zeigte. Und ich konnte in diesem Moment gut mit der Situation umgehen, jedenfalls zuerst. Sie schienen sich angeregt zu unterhalten, was ja klar war. Wie gerne hätte ich an diesem Abend mit ihr gesprochen. Wie gerne sie in den Arm genommen, und wie gerne sie vor allen geküsst, aber das schien natürlich äußerst unpassend...jetzt!
Die Zeit verstrich, und die Stimmung war auf einem guten Level, als Nadine plötzlich aufstand, einen Löffel gegen ihr Glas schlug, und somit die ganze Aufmerksamkeit auf sich zog.
"Ich freue mich, das ihr alle gekommen scheint," sprach sie mit glücklicher Stimme. "Die meisten von euch kennen nur einen Teil hier von den Leuten, die jetzt hier sind, aber ich hoffe, daß ihr alle zusammen einen schönen Abend haben werdet. Bei dieser Gelegenheit möchte ich euch Hardy vorstellen. Einen Freund...meinen Freund."
Sie küsste ihn, und er erwiderte ihren Kuß. Dann sagte er auch noch etwas, blelangloses, aber auf jeden Fall brachte er es sehr witzig hervor. Noah schien seine sehr humorvolle Art und Weise sehr zu gefallen. Naja, ich bemerkte seine lächelnden Augen, als er Hardy beim Reden zuhörte, und da wußte ich, daß er Hardy sehr mochte. Ich mochte ihn auch, und das war eigenartig, denn ich wollte ihn ja gar nicht mögen. Aber es gelang mir nicht, und da wußte ich, daß ich mir nun sehr genau überlegen müsste, was ich nun tät. Hardy schien ein echt netter Typ zu sein, und er war ebenso klein wie Nadine. "Passt ja," dachte ich mir, und ging auf Terrasse.
Noah folgte mir, denn er ahnte, daß mich da etwas bedrückt. "Kommst du immer noch nicht mit der Situation klar," meinte er erstaunt zu mir. "Doch, doch," sagte ich, und aß einige Gurken von meinem Teller voller Salat. "Die scheinen sich doch sehr zu mögen, und weißte was Noah...ich glaube, das passt!"
Endlich schien Nadine den Richtigen gefunden zu haben. "Hat sie verdient," sprach er, "hat sie wirklich verdient. Komm her, auf die beiden und auf dich Prinky. Auf das du bald auch die Richtige finden mögest!"
Dabei schob er mir ein Glas Bier zu, und prostete mir zu. Ich trank es in einem Zug aus, und verließ ohne ein weiteres Wort die Party, und ging aus dem Haus. Nadine schien das mitgekriegt zu haben, denn sie war mir gefolgt.
"Was ist Micha? Willst du schon fahren," meinte sie in leicht traurigem Ton. Es fiel mir auf das sie unruhig wurde.
"Ja, ich kann das alles nicht mehr," schoss es mitsamt ränen aus mir. Ich konnte sie nicht mehr zurückhalten. Viel zu lange hatte ich an diesem Abend Theater gespielt, und Tage-Wochen, und Jahre zuvor ließen meinen Tränen nun voll den freien Weg zu heulen. Eine Freundin von ihr kam vorbei, die uns überrascht ansah, die aber dann freundlicherweise ohne was zu sagen wieder ins Haus ging.
"Ich wünsch euch beiden von Herz aus alles Gute. Wird bestimmt gut werden, und  wenn es einer verdient hat glücklich zu werden, dann du!"
Die Worte flossen wie ein Korken aus einer geschüttelten Sektflasche in der Neujahrsnacht.
Sie konnte mich nicht trösten.
Ich sagte ihr, sie solle doch bitte wieder auf ihre Party zurückgehen, es ging schon wieder, aber ich könnte es mir nicht mehr mitansehen, unten all diese fröhlichen Leuten zu sehen, wo mir mein Herz gerade in tausend Stücke zerbrach.
Dann ließ sie mich los, und ging herunter. Ich sah ich ihr nach, und unsere Blicke, die sich lange festgehalten hatten, ließen sich los. Etwa für immer? Zumindest für diesen Abend.
Ich stieg in meinen Wagen, und fuhr nach Hause. Es war eine sehr tränenreiche Fahrt, und als ich zuhause war, hielt ich nicht an, sondern fuhr weiter. Über eine Allee fuhr ich wieder Richtung Innenstadt. Drauf und dran war ich mich vor so einen Baum zu setzen, aber dann siegte wieder mal meine grenzenlose Feigheit. Auch eine Mauer, die ich mir kurz ansah, konnte mich nicht zu éiner anderen verzweifelten Aktion hinreißen. Bin dann doch nach Hause gefahren, und in den Bus der Linie 110 gestiegen. Wollte in die Stadt. Wollte auf keinen Fall alleine sein. Und irgendwo habe ich mich später dem Alkohol ergeben. Tschüss, dachte ich, das war es dann wohl. Weg mit den Träumen, weg mit der Liebe, weg mit dem ganzen Scheiß.
Und das war er dann auch. Für eine Nacht war ich wieder gut drauf. Ich flirtete sogar, aber wäre es drauf angekommen, dann hätte ich sekundenschnell wieder gewußt, zu wem ich dann doch gehöre.


Anmerkung von Prinky:

Ein schlimmer Abend

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