Ich glaube an Gott

Text zum Thema Glaube

von  Rudolf

Trotz all dem Gerede über Gott, ob es ihn gibt, wie es ihn gibt, ob man an ihn glauben soll, falls es ihn gibt, welche Autorität er hat oder nicht hat, ob man seine Autorität anerkennen soll oder gar muss, wenn es ihn gibt. Trotz all dem Gerede über die Kirche ihre Verfehlungen, ihre Gier nach Macht und Einfluss, Gier nach Geld, Gier die Menschen zu beherrschen. Trotz all diesem Gerede rund um Gott und Kirche, das Glaubensbekenntnis beginnt an einer anderen Stelle. „Ich“ steht am Anfang. Ich. Passend zu unserer Zeit, in der das Ich-Sein, die Individualität, das Bedürfnis des Einzelnen im Zentrum des Denkens und Handelns gestellt wird. Blöd für alle, die kein Ich haben. Für sie wurde das Glaubensbekenntnis nicht geschrieben. Sie müssen ihr Ich erst finden oder entwickeln, bevor sie losglauben können. Wie herausfordernd, indem sich jemand zu seinem Glauben bekennt, bekennt er sich zu sich selbst.

Ich muss mich selbst akzeptieren. Ohne mich kein Glaube. Mein Ich bekommt Bedeutung, große Bedeutung. Es steht so weit vorn, dass man es fast übersieht, aber ohne dem Ich geht es nicht weiter, an ihm ist der gesamte folgende Text aufgehängt.

Ausgehend vom Ich am Beginn sprengt das Glaubensbekenntnis wie ein zartes Würzelchen den Betonmantel meiner Borniertheit. Ich. Beim Glaubensbekenntnis geht es zuallererst um mich und erst dann um Gott und erst viel später um Kirche! Verblüfft starre ich auf das Ich und mir wird klar, dass das Glaubensbekenntnis eine Entscheidung verlangt. Ich muss mich entscheiden, was ich glaube.

Ich glaube an Gott.

Im Grunde kann das Glaubensbekenntnis hier enden. Mehr ist nicht nötig. Ich glaube an Gott. Fertig.

Wer über diesen Satz nicht drüber kommt, muss anderes dagegenstellen.
Ich glaube nicht an Gott.
Ich glaube an die Liebe.
Ich glaube an Naturgesetze, an die Vernunft und die Wissenschaft.
Ich glaube an gar nichts.
Ich glaube, das Böse ist stärker.
Ich glaube, die Reichen und Mächtigen machen, was sie wollen.
Ich glaube, das Mädchen von nebenan liebt mich.
Ich glaube, mich laust der Affe.
Ich glaube, alles ist sinnlos.

Nie findet sich jemand, der nicht glaubt. Alle glauben etwas. Vielleicht bekennen sie es nicht, verstecken ihren Glauben hinter einer schillernden Fassade aus Logik und Wissenschaft. Vielleicht glauben manche Menschen gar, sie kämen ohne Glauben aus, aber dem „Cogito ergo sum“ * steht ein strahlendes „Credo ergo sum“ ** zur Seite.

Wer versucht, nur faktenbezogen, mathematisch logisch zu denken und zu handeln, merkt schnell, dass er Annahmen treffen muss, dass er einem Argument mehr Gewicht geben muss als einem anderen, ohne dass er jede Entscheidung auf Fakten aufbauen kann. Ganze Industriezweige leben davon, dass wir „aus dem Bauch heraus“ entscheiden. Selbst unser Handelsgesetzbuch kennt den „guten Glauben“ (§367). Ist Leben ohne Glauben möglich?

Wer jemals die Gnade erfuhr, von Gott angerührt worden zu sein, wird den Satz leicht über die Lippen bringen, ohne Zögern und ohne Zweifel wird er sagen: „Ich glaube an Gott.“ Und wann immer das Leben ihm zusetzt, wann immer Schmerzen, Krankheit, Tod und Elend an dem lieben Gott zweifeln lassen, so bleibt der Glaube an Gott ohne dem vorangestellten „lieb“. In den Stunden größten Glücks, wenn sich alles göttlich zusammenfügt, wird er sich an Gott erinnern.

Wer an Gott glaubt, ist nie allein.

Trotz all dem Gerede über Kirche und Gott werde ich mir meinen Glauben nicht zerreden lassen. Mit dem Ich am Anfang wird das Glaubensbekenntnis zur Definition meiner selbst. Es geht um mich.

Ich glaube an Gott.

An was sonst?

* Ich denke, also bin ich.
** Ich glaube, also bin ich.

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Kommentare zu diesem Text


 loslosch (17.06.12)
bescheidenheit ist eine zier, doch weiter kommt man ohne ihr (ähm ... sie eigentlich). meint der ohnemichel. lo
Jack (33)
(17.06.12)
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Menschenkind (29)
(17.06.12)
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Caty (71)
(17.06.12)
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MarieM (55) meinte dazu am 17.06.12:
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 Rudolf antwortete darauf am 17.06.12:
Liebe Caty, danke fürs Lesen und Kommentieren, liebe MarieM danke fürs Kontern. Ich finde es toll, dass ihr Stellung bezieht.

Das Glaubensbekenntnis (um nichts anderes geht es hier) ist ein altehrwürdiger Text, der in ich weiß nicht wie viele Sprachen übersetzt wurde, und gerade heute am Sonntag in ich weiß nicht wie vielen Gottesdiensten aufgesagt wurde. Wir haben am Ort eine christliche Buchhandlung, da lassen sich Autoren regalweise über solches Zeug aus. Dass Ich Mich so in den Vordergrund spiele, ist mir eigentlich peinlich, aber das nennt man „Zeugnis ablegen“. Das ist die erste Stufe von „Bekehren“. Selbst Jesus kannte das Problem, dass viele Leute mit ihm nichts anfangen konnten.

Ich freue mich, dass ich Dich (Caty) ein wenig gepiekst habe und gebe gerne zu, dass es die besseren Autoren von keinVerlag viel knackiger und treffender hinbekommen hätten, schau zum Beispiel bei  Jack vorbei. Vielleicht juckt es Dich sogar irgendwann, doch ein langes Pamphlet anzulegen, was an Naturwissenschaften so glaubwürdig ist. Ich bin immer neugierig zu lernen, was andere glauben, weil aus dem Glauben Taten entstehen und wenn ich sehe, was Menschen tun, verliere ich manchmal (fast) den Glauben

Rudolf
Salizylsäure (55) schrieb daraufhin am 29.07.12:
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MarieM (55)
(17.06.12)
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 Rudolf äußerte darauf am 18.06.12:
Kommentare sind Geschenke – man muss sie annehmen. Danke

 Lala ergänzte dazu am 29.07.12:
@Caty

Ich glaube nicht an Gott, sondern an die Wissenschaften,

Autsch! Das wäre aber ein dummerhafter Bärendienst an den Wissenschaften (den Wissenschaften? Auch den weichen: wie Ökonomie, Soziologie und Literaturwissenschaften z. B.? Aber auch die klassischen Naturwissenschaften erleben ja stets aufs Neue und erdgeschichtlich geradezu spektakulär schnell Paradigmenwechsel und die dummen alles glaubende und grüne fressenden Schafe blöken dann halt alle naslang mal schneller, leichter, oder mehrdimensional)

Du solltest Deinen Glaubensatz umformulieren, dass weder Glauben noch Wissen hiilft bzw. in einer stablilen Form existiert. Beständig und Motivation die Illusionen und Modelle des Glaubens und des Wissens zu überwinden, ist der Zweifel. Und an den kann man nun gar nicht glauben.
MarieM (55) meinte dazu am 29.07.12:
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KoKa (44)
(17.06.12)
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 MrDurden meinte dazu am 18.06.12:
Ehrlich, dass einem der Text nicht gefällt, kann man weitaus weniger beleidigend ausdrücken. Sowas finde ich nicht korrekt.

 Rudolf meinte dazu am 18.06.12:
Ich werde immer sehr vorsichtig und ehrfürchtig vor Gott, verkrampft könnte es beschreiben, schön, dass das rüberkommt.
Gott kotzt, schei*t, fic*t und v*gelt. Ja, so ist er und noch viel mehr. Drastisch aber wahr. Danke für die klare Ansage.
managarm (57)
(18.06.12)
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MarieM (55) meinte dazu am 18.06.12:
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managarm (57) meinte dazu am 18.06.12:
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 MrDurden (18.06.12)
Hallo Rudolf. Ich finde den Text ein bisschen ungeordnet, nicht flüssig, an manchen Stellen bleibt man hängen.

Grob gesagt könnte ich mit deinem Werk auch mehr anfangen, würdest du deinen eigenen Glauben nicht nennen und einfach der Kernaussage folgen. Nämlich, dass man erst zu sich selbst finden muss, um an irgendetwas glauben zu können. Als jemand, der nicht an das göttliche Schöpferbild glaubt, an den superlieben Vater, der uns niemals alleine lässt, kann ich deinen Text dadurch unwillkürlich nicht mehr zu 100% ernst nehmen. Trotzdem stimme ich mit dem, was du sagen willst, weitgehend überein.

Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass ich lieber ohne Gott eine Ewigkeit lang allein bin, als ein Menschenleben in seiner Gegenwart zu verbringen. Es gibt ihn ohnehin nur in den Herzen mancher Menschen. Wünsche noch eine angenehme Nacht. David

 Rudolf meinte dazu am 18.06.12:
Hallo David, Du scheinst den Text wenigstens gelesen zu haben. Jeder entscheidet sich doch selbst, was er glaubt. Nur Nichtglauben, das geht nicht. Naja, vielleicht beim nächsten Anlauf. Danke jedenfalls, Rudolf
Jack (33)
(24.06.12)
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Salizylsäure (55)
(29.07.12)
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 m.o.bryé (11.08.12)
"Blöd für alle, die kein Ich haben."
Da musste ich grinsen. Danke für diesen Mehrteiler.

Liebe Grüße,
Lena
Adelheid (54)
(27.09.12)
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