Die heilige christliche Kirche

Text zum Thema Glaube

von  Rudolf

Das Glaubensbekenntnis hätte mit der vorigen Zeile enden können. Ich hatte Gott, Jesus, Gottes Geist mit mir vereint zusammen. Was nun kommt, ist wie bei einer Geschichte mit einem schlecht geschriebenen Ende. Der Autor windet sich zu langsam auf den Schlusspunkt zu und macht einen Teil seiner wunderschönen Geschichte wieder kaputt. In rascher Folge werden schlaglichtartig Begriffe in den Raum geworfen, die wie der Schwanz eines Drachens lustig hinter dem Flugkörper hinterherflattern, ohne dass sie zwingend für die Flugfähigkeit notwendig sind. Den Anfang macht die „heilige christliche Kirche“.

In Anbetracht von unzähligen Kirchengebäuden und einer Organisation, die tief in den Staat und die Gesellschaft hineinwurzelt, ist es in Deutschland nicht möglich, die Kirche zu leugnen und nicht an sie zu glauben. Allein das Wort „heilig“ gehört fortlassen, denn heilig ist die Kirche, die ich kenne, nicht.

Der christlichen Kirche – ohne heilig – bin ich dankbar verbunden, durch sie habe ich zum ersten Mal von Gott und Jesus gehört. Sie hat die befreiende, erlösende, heilende Botschaft zu mir getragen. Dadurch, dass Menschen sich organisiert haben, um seine Botschaft weiterzutragen, kam sie zu mir. Ich danke Jesus als meinen persönlichen Herrn, dass er vor Jahrhunderten diesen Prozess angeworfen hat, der bis heute funktioniert.

Ich glaube, dass die Organisation Kirche Fehler hatte und hat. Sie ist menschengemacht. Missionierung mit dem Schwert, die unheilige Allianz zwischen staatlicher Gewalt und Kirche, Korruption und Irrglauben haben dem Ansehen der Kirche von Anfang an schwer geschadet. Kirche wäre authentischer würde sie die Verbandelung mit dem Staat lösen. In welchen Verein wird man hineingeboren? Wo ist die freie, bewusste Willensentscheidung? Was habe ich davon, wenn ich Kirchensteuer zahle, Gott mich aber nie berührt hat?

Was in der Kirche ist Lippenbekenntnis was authentisch? Was hätte Jesus selbst zu diesem Verein gesagt, der sich ständig auf ihn beruft? Jesus hatte Probleme mit fest gefügten Organisationen und staatlicher Gewalt. Er scheint aus heutiger Sicht immun gegen Korruption durch Geld gewesen zu sein. Er war friedlich und friedliebend trotz der Geschichten, in denen er sich über Pharisäer oder Geldwechsler im Tempel aufregt. Am Ende steht immer Nächstenliebe, Frieden mit Feinden, innerer Frieden, Tiefenentspannung wie nach einem Wellness-Wochenende. Harmonie mit dem Kosmos und das Himmelreich scheinen bei ihm Synonyme zu sein.

Menschen haben einen Rahmen gebaut, in dem das Wissen um Jesus konserviert und weitergetragen wird. Die Grundeigenschaft eines Rahmens ist, dass er starr sein muss, dass er das Umrahmte abgrenzt. Hier steht Jesu Botschaft in einem Dauerkonflikt mit der Kirche. Immer wenn der Grenzgänger Jesus auf starre Strukturen stieß, hinterfragte er sie. Stets waren ihm Menschen wichtiger als starres Einhalten von Regeln. Versuche ich mir einen Schriftgelehrten vorzustellen, mit dem Jesus hadert, so erscheinen vor meinem inneren Auge stets Pfarrer, die klug daherreden und sich nicht an ihre eigenen Predigten halten. Pfarrer, Bischöfe und Päpste lassen Jesus bis heute immer aufs Neue kreuzigen.

So glaube ich an das Gute in der Kirche, dass es in den Jahrhunderten geschafft hat, immer etwas stärker, immer etwas schneller, immer etwas fruchtbarer zu sein als das Schlechte, aber an die heilige, christliche Kirche glaube ich nicht.

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Kommentare zu diesem Text


 Mondgold (07.10.12)
Ist es nicht so, dass die "christliche Kirche" (weltumspannende Gemeinschaft) von der hier
bekennend gesprochen wird ("geglaubt" wird ... mit dem Herzen!),
als christliches Band der Liebe zu verstehen ist, das über die Welt ausgegossen wurde, um
sie zum "HeilLand" zu machen. Also nicht nur dieser starre menschliche/weltliche Rahmen von
dem du schreibst, sondern "Kirche", als die Möglichkeit des Umarmens in Christus?
Ich verstehe vermutlich das Problem nicht, daher empfinde ich es als Freude diesen Teil des
Bekenntnisses aussprechen zu können/dürfen.
...
Sonntagsgrüße M*
Graeculus (69)
(03.09.16)
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