Mitgefühl

Glosse zum Thema Mitleid

von  loslosch

Homo, qui in homine calamitoso est misericors, meminit sui (Publilius Syrus, 1. Jh. v. Chr.; Sententiae). Wer mit einem unglücklichen Menschen Mitleid hat, denkt an sich selbst. Oder: Wer mit einem unglücklichen Menschen Mitleid hat, erinnert sich an sein eigenes Schicksal.

Oberflächliche Übersetzungen haben auch ihr Gutes, erzeugen bei näherem Hinsehen Nachdenklichkeit. Die erste, allgemein übliche Übersetzung vermittelt den Eindruck, dass sich hinter dem Mitgefühl (engl. compassion) versteckter Egoismus verbirgt: Versuch der mentalen Lösung eigener Probleme durch Hingabe an Probleme Dritter. So etwas mag es in der Realität immer schon gegeben haben, doch daran hat Publilius Syrus wohl eher nicht gedacht, vielmehr daran, dass man durch Spiegeln der eigenen Erlebnis- und Erfahrungswelt am fremden Schicksal ein Verständnis des unglücklichen Menschen entdeckt.

Meminisci heißt sich erinnern oder denken an. Eigentlich dasselbe, manchmal aber nicht, nicht so ganz ...

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (17.05.13)
Du hast geschickt zwei Übersetzungen einander gegenüber gestellt, die die Spannweite zwischen Altruismus und dem Egoismus aufzeigen, auf den man, nicht immer zu Unrecht, jede Tugend verdächtigen kann.

 loslosch meinte dazu am 17.05.13:
da ich den text vor einiger zeit geschrieben hatte, traute ich meinen augen nicht: überwiegend missverständlich übersetzt. was sind das für experten, frage ich den emeritierten latinisten. lo

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 17.05.13:
Deine Frage halte ich für rhetorisch. Gut, dass es genaue Autodidakten gibt, Lothar.

 loslosch schrieb daraufhin am 17.05.13:
provoziertes lob ... eine quelle war übrigens sehr alt, wohl 19. jh. mit alter druckschrift.

 TrekanBelluvitsh (17.05.13)
Inhaltlich ist es hier sehr wichtig, das beide Teilsätze berücksichtigt werden. Nur so kann Empathie entstehen und wirken.

 loslosch äußerte darauf am 17.05.13:
dank der fehlerhaften übersetzung traute ich mich an diesen eher einfachen gedanken. danke. lo

 niemand (17.05.13)
Aber das ist doch im Grunde genommen auf alle anderen Gebiete übertragbar: Nur wenn man selber etwas
Ähnliches erlebt hat, sei es Freude, Glück, Schmerz, Verlust etc. kann man es einem anderen nachfühlen. Einer, der niemals Schmerz empfunden hat, einer von den ewigen Oberflächlichen, die auch noch Glück hatten nie verletzt zu werden (in welcher Art auch immer) wird keinem anderen etwas Schmerzvolles nachempfinden können. Das beste Beispiel sind Menschen, die immer behaupten Depressionen hat man nicht, oder wenn man sie hat - und hier kommt die banale und lächerliche Erklärung in Richtung: Du musst nur genügend bumsen, dann hast du keine. Was Blöderes und Lächerlicheres habe ich noch nie gehört - daraus spricht absolute Nichtkenntnis und mangelndes Selbsterlebnis. Und so geht das auch auf allen Gebieten die sich außerhalb des Mitleids befinden.
Im Übertragenen Sinne könnte man behaupten:
Was der Bauer nicht kennt das frisst er nicht.
LG niemand

 loslosch ergänzte dazu am 17.05.13:
so ist das leben.

wenn aber ein malocher aus kleinen verhältnissen aufsteigt und seine 3 handwerker befehligt, gehts anders herum: "das habe ich früher schneller erledigt. stellt euch nicht so an." - habe ich als 15-jähriger erlebt, bei onkel alois, dem handwerksmeister. )) lo

 ViktorVanHynthersin (17.05.13)
Wirkliches Verständnis/Mitgefühl für die Situation anderer Menschen kann nur derjenige haben, der schon einmal in einer vergleichbaren Situation war. Alles andere wäre aufgesetzt und bei näherer Betrachtung lächerlich.
Herzliche Grüße
Viktor

 loslosch meinte dazu am 17.05.13:
lies mal den kommi zu niemand, viktor. nun war mein onkel alois wohl eine ausnahme-"persönlichkeit". lo

 ViktorVanHynthersin meinte dazu am 17.05.13:
Im zarten Alter von 15 begann ich eine Lehre als Maschinenschlosser. Mein erster Lehrmeister kam aus der Generation, die noch die Prügelstrafe vollzogen hat. Er war streng, aber fachlich konnte ihm niemand das Wasser reichen. Auch Alois wusste von was er spricht ))
Herzliche Grüße
Viktor
ichbinelvis1951 (64)
(17.05.13)
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 loslosch meinte dazu am 17.05.13:
in deinen stilbüten fand ich: Mein Himmel, der ich dieses nicht vorhersah. - korrekt ist: o ich blinder, der ich dieses nicht früher sah. aber es wäre aus dem munde von ulius hoenessisus eine lüge. lo
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