Unsterbliches Menschengeschlecht

Glosse zum Thema Mensch (-sein, -heit)

von  loslosch

Papyro constat immortalitas hominum (Plinius der Ältere, ~23 n. Chr. bis 79 n. Chr.; Naturalis historia). Auf dem Papyrus beruht die Unsterblichkeit der Menschen.

Dieser Gedanke ist, mit einem wichtigen Zusatz, noch immer treffend: Auf dem Papyrus beruht die relative Unsterblichkeit der Menschen. Selbst das elektronische Zeitalter hat daran nichts geändert. Datenspeicherung per Schriftzeichen auf dem guten alten (möglichst ungesäuerten) Papier überdauert die Zeiten über viele Jahrhunderte hinweg, anders als die modernen Bits und Bytes der elektronischen Publikationsformen, die schon nach wenigen Jahrzehnten vergehen. Früher waren es die Abschriften aus alten Texten, die die Lagerungsdauer verdoppelten. Heute ist es die Übertragung von Datenfriedhöfen auf neue, modernere Datenträger, die die Informationssicherung zeitlich streckt. Der Aufwand ist natürlich extrem geringer.

Goethe hat die Dauer des Menschengeschlechts in seinem lyrischen Prosa "Grenzen der Menschheit" (1781) in ein einfacheres Bild gefasst: "Und viele Geschlechter/ Reihen sich dauernd/ An ihres Daseins/ Unendliche Kette."

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Kommentare zu diesem Text


 niemand (21.05.13)
Hmm ... irgendwie will es mir nicht einleuchten, das mit dem Papier, wo man doch sagt: Einmal im Net, niemals verloren/kaum auslöschbar. Oder meinst Du, wenn wir einst Energieprobleme bekommen sollten, dann schweigen die PC's und nichts bleibt mehr übrig? Vielleicht verbrennen sie dann das Papier/die Bücher um es um uns wieder leuchten zu lassen Die Schallplatte hat doch auch ausgedient, ist ersetzt worden durch andere Tonträger.
Und wenn es doch so einmalig ist, dieses "auf dem Papier",
warum haben die Buchmärkte dann Probleme?
Natürlich ist ein Buch schöner als die Elektronik, aber langlebiger??? LG niemand

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 21.05.13:
Denk doch z.B. an all das, was auf 5 1/4 Zoll Disketten gespeichert ist. Dem Zugriff des Durchschnittsusers ist das entzogen, bzw. muss man diese Daten alle paar Jahre auf die neuen technischen Formate - von denen nicht wenige nur eingeführt werden, um noch mehr Geld zu verdienen (Dank dem ganzen iWahnsinn ist die Kompatibilität der Systeme und Programme erst einmal flöten) - übertragen werden. Nach der Wende hat man z.B. festgestellt, dass man Teile der Stasidaten nicht auswerten konnte, weil sie in der DDReigenen Programmiersprache gespeichert waren, für die es kaum noch Geräte und fast gar keine Menschen die sie noch konnten (konnten wollen!) gab.

 loslosch antwortete darauf am 21.05.13:
es ist eine antike metapher, irene!!! und goethe hat das bild der generationen gewählt, die das alte wissen weitergeben. das papier kann, bei günstiger lagerung, über 1000 jahre lesbar bleiben. und heute ist das übertragen von daten zeitlich ein klacks. mir gefällt die metapher von plinius. lo

 ViktorVanHynthersin schrieb daraufhin am 21.05.13:
Kleine Ergänzung: http://www.dnb.de/DE/Netzpublikationen/netzpublikationen_node.html;jsessionid=32E1F14BDBEFB9F4B3891D86DC0C06C1.prod-worker2
Herzliche Grüße
Viktor

 loslosch äußerte darauf am 22.05.13:
@Viktor: mit der modernen datentechnik wird alles komplizierter + einfacher. lo

 TrekanBelluvitsh (21.05.13)
Der Spruch "Papier ist geduldig" bekommt da eine ganz andere Dimension.

 loslosch ergänzte dazu am 21.05.13:
ja, die menschen "verewigen" sich - bis mutter sonne das licht löscht! lo

 Didi.Costaire (21.05.13)
Die ersten Versuche, ein papierloses Büro zu schaffen, hat das Gegenteil bewirkt. Das wird sich vielleicht mit der rasanten technischen Entwicklung in absehbarer Zeit ändern.
Trotzdem glaube ich, dass die wirklich wichtigen Dinge noch lange Zeit auf Papier festgehalten werden.
Schöne Grüße, Dirk

 loslosch meinte dazu am 21.05.13:
die papierindustrie wird nicht untergehen, wie auch die kopiermaschinenindustrie. lo
(Antwort korrigiert am 21.05.2013)

 EkkehartMittelberg (21.05.13)
Wenn der Mensch nur auf das Materielle konditioniert wäre, würde er über sein Ableben denken: Nach mir die Süntflut. Dass ihm Unsterblichkeit so wichtig ist, ist das Faszinierende.

 loslosch meinte dazu am 21.05.13:
auf beides ist der mensch konditioniert. nur, heute baut er keine pyramiden mehr ...

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 22.05.13:
Also wenn ich welche finden würde, die da mitmachen, würd' ich schon ne Pyramide anfangen. Aber statt nem Sarkophag wäre in meiner ne kleine goldene Schachtel versteckt. In der wär ein Zettel auf dem stände: "Wer das liest, hat zumindest ein Teil seines Lebens vergeudet!" :-P

DAS wäre doch mal Ewigkeit!

 Bergmann (22.05.13)
Wie wahr!
Papyrus, Buch schreiben ... auf der einen Seite - (Serviette und) Klorolle auf der anderen. So weit ist das Spektrum, was die inhaltliche Gestaltung unseres Seins angeht ... Nichts Menschliches ist uns fremd.

 loslosch meinte dazu am 22.05.13:
wonderful. die serviette be-schreiben wir meist mit unserem mund, das papier der klorolle mit unserem ... aber: cacatum non est pictum.  strophe 11.

 Bergmann meinte dazu am 22.05.13:
Heines WINTERMÄRCHEN - meine ganze literarische Liebe!
Cacatum non est pictum - das wäre auch ein guter Kommentar zu so manchen Inszenierungen des sogenannten Regietheaters.
ttU

 loslosch meinte dazu am 22.05.13:
man kann das auch auf einzelne kv-texte projektzieren. ))

 Bergmann meinte dazu am 22.05.13:
Neologismus: projektieren/projizieren ...?

 loslosch meinte dazu am 22.05.13:
ja, wenn nicht das z im wege wäre: projektzieren.  hier.

 Bergmann meinte dazu am 22.05.13:
Lautverschiebung ...:
projekzieren > projeckieren > projecken ...
:-)

 loslosch meinte dazu am 22.05.13:
proll-jecken ...

 Bergmann meinte dazu am 23.05.13:
Jau.
Sag mal dem Hinternsinn, er soll diese Internetadresse aufteilen, damit deine Glosse oben steht!
ttU
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