Vom Sensenmann

Beschreibung zum Thema Tod

von  LotharAtzert

Ja, das Leben - schon der erste Satz will sich nicht unbefangen weiter verströmen. Da vorne am Eck, da steht der Tod mit der Sense, frisch gedengelt. Und hier im Körper ist’s mutterleibig warm.
Die Sense hat mich schon immer mehr fasziniert, als der mäandernde Lebenslauf.
Als ich als Kind das erstemal so eine scharfe Sichel in der Hand hielt, etwa mit sechs, zeigte Großvater dem Bub, wie man das Gras mäht. Die Fertigkeit des Abtrennens, die hatte ich schon beim allerersten Schwung drauf. Sie lag mir im Blut. Vielleicht, weil ich an Vater dachte, den Tyrannenknecht. Kurz über der Erde flogen die Grashalme weg und ich war stolz, daß ich es sofort meinem Lehrmeister, dem Vater meiner Mutter gleich tat.
 
Erst als ich alleine war, begriff ich die Enthauptungen und erschrak über meine Lust daran: Ich war der Sensenmann für so viele Wesen im Gras, riß sie auseinander, Freund, wie Feind. Zutode erschreckt! - das Bild des Grauens und die Scham und die Reue erreichten mein Empfinden. Der Tod, der Tod ist das finale Ende für das Ich, das Finale, das wir durch die Lebenszeit selbst präzise vorbereiten. Durch Tode an anderen, wie durch eigenes Verdrängen, durch millionen von in Dumpfheit gehüllte, unbewußte Leben hindurch. Da ist nichts mehr zu verändern, nur bewußt zu machen: Was geschehen ist, ist geschehen. Es schwingt im Raum. Und was man in Schwigung versetzt hat, das schwingt durch die Zeit, bis es im Raum verklingt.
Die Menschen sprechen von Engel und haben keine Ahnung vom "Ur-Sprung", dieser surrenden Feder, dieser lustvollen Tonexplosion aus dem Unbestimmten.
"Wer stirbt, bevor er stirbt", sagte ein Dichter mal, "der stirbt nicht, wenn er stirbt".
Wer stirbt, bevor er stirbt,
stirbt nicht, wenn er stirbt.

- Wer der äußeren Welt entsagt, stirbt, dh. dem baut die innere Welt als Sage sich auf, wie ein Kristall, so klar, nein, wie  ein unendliches Meer aus Kristallen. ...

Leben wäre ohne die Möglichkeit des Sterbens kein Leben, sondern blinder Reflex, Verneinung der Natur. Doch die Endlichkeit und das Scheitern gibt dem Himmel sein Unendlich - im All-Bewußtsein. Wie muß man sein Scheitern also feiern, wie ein Sieg der Willenskraft! Endlichkeit in allem Treiben erfahren macht die Lebensreise zum Dreiviertel aus. Rund wird der Kreis erst im Moment des Todes, wo das aufgeht, was wir in der Lebenszeit sein ließen. Als Reflex. Wer nichts gesäät hat, der wird von Almosen leben müssen. So lehrte es mich die Sense des Großvaters Chronos. Wer stirbt, bevor er stirbt, stirbt nicht, wenn er stirbt, sondern ist jenseits aller Extreme.

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Kommentare zu diesem Text

Bette (70)
(01.12.16)
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 LotharAtzert meinte dazu am 01.12.16:
Du meinst mit Welt unsere Welt. Denn daß es noch andere Welten gibt, auch heile und sogar heilige, steht für mich außer Zweifel. Aber auch die unterliegen Ursache und Bedingungen und so hast Du natürlich vollkommen recht.
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Die Lehre der Entsprechung hilft mir beim Verstehen - das Gleichsetzen des einen mit dem Anderen: Leben ist nur Leben durch das Sterben, wie Einatmung nur durch das Ausatmen eine solche ist. Der Schritt des rechten Beines findet nur mithilfe des linken Beines statt usw.
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Für uns ist das so. Andere wollen das aus Gründen der Ego-Verhaftung nicht einmal lesen, geschweige darüber nachdenken. Früher glaubte man an Gott und Jesus, heute an den Protagonisten und das lyrische Ich.
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"Wer stirbt, bevor..." - die Letzten werden die Ersten sein" ...
Danke Dir
Gruß
swetlana (51) antwortete darauf am 02.12.16:
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ZUCKERBROToderPEITSCHE (60)
(01.12.16)
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 LotharAtzert schrieb daraufhin am 01.12.16:
Die vielen Schreib-Fehler bitte ich damit zu entschuldigen, daß ich während der Niederschrift in anderen Sphären verweilte und später, entgegen sonstigem Verhalten, einfach zu faul war, alles nochmal durchzuarbeiten;)
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Dein neues Photo (hübsch hübsch!) - ich will nicht ablenken, sondern nutze die Gelegenheit - zeigt dem Betrachter nur die rechte Seite. Die linke - schwebt sie in anderen Sphären? - Wohl kaum, sie bleibt nur dem Bildbetrachter verborgen. Rechts und links bedingen sich, sie sind untrennbar miteinander verbunden, so sehr, daß man ihr Getrenntsein nicht mal in Betracht zieht.
Und doch herrscht heute nur noch der Logos, den Mythos hat man im Keller eingesperrt. Auch Du - links ist Mythos, rechts Logos (Recht, Gericht, Rache, Geruch, richtig, Richtung, Reichtum etc. etc. - die Sprache hat hunderte von Wörter)
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Das Surren des Tones, Klinge und Klang, ja darüber ist zu meditieren bzw. wenn Du den inneren Klang hörst, weißt du, daß er nicht oder nur schwer zu erklären ist.
Der "andere" Raum ist nicht wirklich der andere Raum, sondern unser Ego unterscheidet falsch. Raum hat keine Mitte, keinen Rand, keinen Anfang, kein Ende ....
Dankende Güße sendet
Lothar

 LotharAtzert äußerte darauf am 01.12.16:
Die Saat geht auf - nach dem Tod stehen dem Geist nur noch die Reflexionen aus vergangenen Erlebnissen zur Vefügung, da eine so genannte "Außenwelt" nicht mehr existiert. Auch die Zeit ist nicht mehr. Das heißt, sobald im Geist eine Projektion aufblitzt, (denn nichts anderes ist es) ist er augenblicklich am Ort. So entsteht Panik, was damit endet, daß er sich an ein befruchtetes Ei bindet (ein komplizierter Vorgang über viele Stadien oder "Bardos" hinweg, der in "Das tibetanische Totenbuch" erklärt wird).
Und es geht halt immer nur das auf, was man an Samen zu Lebzeiten pflanzte.
Reicht Dir das erst mal?
(Antwort korrigiert am 01.12.2016)
ZUCKERBROToderPEITSCHE (60) ergänzte dazu am 01.12.16:
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 LotharAtzert meinte dazu am 01.12.16:
O, vielen Dank für die Frage. Dazu sag ich gern was.
Beim Geist entsteht Panik. Das erste mal beim finalen Tod, dann, wenn er merkt, daß er unwiderruflich tot ist - weil ihn niemand mehr von den Lebenden wahrnimmt. Die tibetischen Lamas sagen, daß man nach dem Tod sieben mal schärfer sieht, (mit dem geistigen Auge) als zu Lebzeiten.
Anfangs ist das interessant, es blitzen die angenehmen Dinge auf und man glaubt, im Paradies zu sein. Aber das ist nur das erste Stadium. Es wird, da keine neuen Eindrücke von außen hinzukommen, besorgnisserregender, man fühlt sich mehr und mehr bedroht von den eigenen Verdrängungen, (Abspaltungen des Geistes) die jetzt ihre Chance sehen, Rache zu üben und so entsteht Panik, bzw Flucht und zwar dorthin, was Du dir karmisch erwirkt hast. Das heißt, Du wirst nicht unbedingt als Mensch wiedergeboren, wenn Du - nur mal angenommen - wie ein Schwein gelebt hast. Dann zieht es Dich zu einem kopulierenden Elternpaar und ... dann geht es, ohne Erinnerung, wieder von vorne los, bis zum Spanferkel am Spieß - ich mein’s ja nicht so;-)
Wenn Du jedoch verschiedene Übungen während der Lebenszeit machtest, ist es möglich, wenn diese Dinge aufblitzen, auf eine andere Art - rein geistig - geboren zu werden. Die Tibeter sprechen dann von der "Lotusgeburt". Aber das ist eine ganz andere Geschichte.
Falls Du noch Fragen hast, bitte, jederzeit, freut mich immer ...

 LotharAtzert meinte dazu am 01.12.16:
Hab grad gesehen, daß ich Dir dankende "Güße" schickte. Als heute hab ichs nicht so mit die Buchstaben. Grüße natürlich, GRÜSSE!
ZUCKERBROToderPEITSCHE (60) meinte dazu am 01.12.16:
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 Oskar (01.12.16)
Ich kenne es anders, wer im Leben stirbt, lebt.

 LotharAtzert meinte dazu am 01.12.16:
So kann man es noch kürzer sagen. Du kennst das Yin-Yang-Symbol: Eins ist als Keim im andern.
Da wir aber in Zeiten des Niedergangs des Dharmas leben, gilt das, was F. Schlegel bereits im 19. Jh. ausdrückte, umso mehr:
"Freunde, der Boden ist arm. Wir müssen reichlich Samen ausstreuen, auf daß uns auch nur mäßige Ernten gedeihen."
In diesem Sinne ...
Danke Dir
L.

 Oskar meinte dazu am 01.12.16:
Ach Lothar, der Boden war und ist immer arm.

 LotharAtzert meinte dazu am 01.12.16:
Nicht ganz, nicht ganz, Oskar.
Man hat schon selbst ein wenig Einfluß, der sich entsprechend ausdrückt ... oder nicht?

 Oskar meinte dazu am 01.12.16:
Ich widerspreche nur deinem: da wir aber...

https://www.youtube.com/watch?v=lh2JPK9cGZw
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