Sommergewitter

Text zum Thema Abschied

von  keinB

Heiß brennt die Sonne vom Himmel herunter. Das mitgebrachte Transistorradio summt unter der gewaltigen Eiche leise vor sich hin.

I don’t know much
But I know I love you
And that may be
All I need to know


Wir liegen im Schatten des Baumes auf unseren Rücken im Gras, umgeben von Weizenfeldern, die Köpfe in den Wolken und die Arme zum Halt darunter, die Augen geschlossen.
Ihr offenes Haar riecht nach Zitrone, einige ihrer Locken kitzeln meinen rechten Unterarm.
Ich höre, wie sie sich bewegt. Wie sie sich zur Seite dreht und sich auf den Ellbogen stützt. Spüre ihre Locken auf meinem Arm. Dass sie mich anlächelt. Ihren Atem.

„Lass uns abhauen“, sagt sie, ihre Stimme ist rau.
Ich hebe die Lider. Ihr Gesicht ist so nah, ihre Nasenspitze berührt fast meine Wange. Ihre Augen haben dieses Funkeln, graben sich tief in meine. Aufmerksam beobachtet sie mich.
Ich blinzle. „Abhauen? Wohin denn?“

Ihr Blick flirrt übers Feld, bleibt in der Weite hängen.
„Keine Ahnung, wohin. Weg halt. Nach Asien oder so. Wir setzen uns einfach ins Auto und fahren. Bis es kaputt geht oder wir kein Geld mehr haben. Und dann suchen wir uns den nächsten Ort und verdingen uns als Reisbauern.“
In ihrer Stimme schwingt dieser ewige Unterton mit, er zehrt an mir, macht mich müde.
„Du spinnst.“
„Du nicht?“, lacht sie und ihre Fingerspitzen zeichnen meine Lippen nach.
„Was ist mit all den Dingen, die wir brauchen?“
„Was brauchst du schon mehr als mich?“

„Und jetzt?”, frage ich.
„Auf nach Asien!“, lacht sie und springt auf.
„Sei nicht albern“, tadle ich sie und ignoriere ihre Hände, die sie mir entgegenstreckt.
Sie verzieht das Gesicht, dreht sich um und geht ein paar Schritte ins Feld.
Dann hält sie inne. Ihr Rücken ist durchgestreckt, der Kopf hoch erhoben.
Eine kleine Ewigkeit steht sie so, und gerade, als ich aufstehen und zu ihr gehen will, erhebt sie die Stimme und fällt ein in den Gesang, der dünn aus dem Radio herüber tönt.

Somewhere over the rainbow bluebirds fly
And the dreams that you dare to, oh why, oh why can’t I?


„Und jetzt?“, frage ich.
Die Luft ist kühler. Wind geht. Am Horizont ziehen Wolken auf, die schnell näher kommen. Gewitterwolken.
Sie springt auf, läuft ein paar Schritte, hält inne, macht kehrt, läuft auf das Auto zu, dreht sich zu mir, und sieht mich an.
„Bring mich nach Hause.“
Ihre Augen strahlen Zuversicht, doch ihr Blick fällt hinter mich.

Und ich weiß, es ist ihr ernst mit Asien und nicht mehr meine Welt.

It’s the end of the world as we know it.
It’s the end of the world as we know it.
It’s the end of the world as we know it
(and I feel fine)


Anmerkung von keinB:

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Songtextzitate:
Aaron Neville - I don’t know much
Yip Harburg - Somewhere over the rainbow
R.E.M - End of the world

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (06.08.17)
Zur Ergänzung, Somewhere over the rainbow ist aus The wizard of oz und dann gibt es noch eine kitschig-schöne Version von Cliff Richards, der alten Schlagernudel, aus dem Jahre 2001!

Der Text ist mir etwas zu dialoglastig, das wirkt hölzern.

Ist ein wenig wie vergilbte Mädchenträume aus den frühen 1970ern....
toltten_plag (42)
(07.08.17)
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RedBalloon (58)
(10.08.17)
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