Ottilienblindenheim Badehosen und Sonstiges.

Erzählung zum Thema Neugier

von  franky

Badehose und Sonstiges.

Dieselbe Firma, die uns im Internat das Wasserklosett eingebaut hatte, war auch für den Einbau von Waschräumen im zweiten Stock zuständig. Vorerst wurde jedoch das alte Ungetüm von Waschtisch im Schlafsaal abgerissen. Die freiwerdende Fläche am Boden mit Parkett ausgebessert. Durch den Wegfall des großen Wasch Pultes entstand ein wohltuender Freiraum, man stieß nicht bei jeder Gelegenheit gleich mit seinen blinden Mitbewohnern zusammen. Schwester Kolianna schob mit Hilfe von Engelbert und Emmerich den wunderbaren Flügel mehr in die Mitte des Schlafsaales. Sie positionierte in der Nähe des Instrumentes eine art Schreibtisch, der in Ermangelung eines Echten nur aus einem Vierertisch aus dem Aufenthaltsraum bestand.

Links vom Schlafsaal, am Ende des Ganges , wo früher das provisorische Musikzimmer war, standen nun eine Anzahl von Waschbecken mit warm und Kaltwasser zur Verfügung. Mit roten und blauen Knöpfen versehen, was für uns natürlich nicht relevant war. 

Dieselbe Firma installierte auch in einem Kellerabteil ein Bad mit mehreren Badewannen.
So schön so gut!
Was man aber nicht bedacht hatte, Schwester Kolianna konnte nackte Männer nicht ausstehen. Kolianna zwang uns mit Badehosen in die Badewanne zu steigen. Sie wollte damit eine Intimwäsche verhindern. So was hatte es in der Vergangenheit nicht gegeben und sollte auch in Zukunft nicht erlaubt werden.
Ich dachte an Laufnitzdorf, Natzbauer zurück; Mama hatte da überhaupt keine Scheu, uns pudelnackt in den Waschtrog zu stecken. Ich wusch trotzdem hinterm Rücken von Kolianna mein kleines Sexwerkzeug. Zugegeben, das fühlte sich ganz passabel an. Wegen den kleinen Freuden, besuchte ich nicht gleich den Beichtstuhl. In den Zehngeboten fiel das unter „Sonstiges“ Von Reue war sowieso keine Rede, ich gönnte mir diese Freudensblitze an anderer Stelle gleich wieder.   
Am Samstag gab es in unserer Kapelle keine gesungene Messe, da wurde Rosenkranz gebetet. Endlos langen Rosenkranz! Der wollte nicht und nicht enden. Mir kam das Herunterleiern einfach unsinnig vor, damit konnte Jesus bestimmt keine Freude haben. Jeder wartete nur bis das letzte „Amen“ gesprochen wurde. Dann folgte ein Gedränge beim Ausgang, jeder wollte so rasch als möglich den Ort der Gebetsleier verlassen.

Als ich mit Engelbert und Erich wieder mal ein Freiluftkonzert gab, näherte sich mir von hinten durch die Wiese auf leisen Sohlen eine Person, die stellte mir die Frage, ob wir diese Musik auch im Radio spielen könnten. Für uns war das eine Willkommene Abwechslung, mit der man auch weiteren Kreisen bekannt würde. Diese Frau mit der wohlklingenden Stimme stellte sich als „
Barbara Coudenhove-Kalergi vom Steirischen Rundfunksender vor. Diese junge Frau dürfte als Journalistin ihre ersten Lorbeeren einsammeln.
Diese Frau erzählte uns, dass mit dem gesamten Personen vom Blindenheim eine Reportage gemacht werden sollte. Ein nicht gerade leichtes unterfangen.
Ein Lastwagen brachte das portable Aufnahme Studio in unseren Garten, so nahe als möglich zum Fenster Des Aufenthaltsraumes der Mädchen. Dieser Raum fungierte als Aufnahmestudio. Von hier aus führten alle Kabel zum Lastauto, wo die Maschinerie der Tonaufnahme eingebaut war. Um so wenig als möglich Leistung zu verlieren, achtete man, dass die verwendeten Kabel nicht zu lang wurden. Zum gegenseitigen Verständnis, installierte man ein einfaches Telefon. Bis alle Positionen eingenommen waren, führte Barbara einige aufwändige Gespräche mit dem Tonmeister. Dann war der Ottilienblindenheimchor an der Reihe. Man möchte meinen, das ginge ruck zuck! Aber da hatte man sich getäuscht.
Mit dem Lied „Seht er kommt mit Preis gekrönt“ von Georg Friedrich Hendl, war eine Chorstimme immer zu laut. Erst dachte man es sei jemand von den Tenorstimmen. Dann kam man jedoch dahinter, dass ich die zweite mit meiner Kinderstimme viel zu laut plärrte. Meine große Freude musste ich mit voller Inbrunst in das Mikrofon schreien, was aber vom Tontechniker gar nicht gern gehört wurde. Durch meinen übergroßen Eifer, hatte ich die Choraufnahmen etwas verzögert. Dann aber kam der Spruch „gestorben“,  das Bedeutete das es fertig im Kasten sei. 
Von den Erstkläßlern bis hinaus bis zu den Berufsschulen wurden Beiträge gesammelt. 
Di Musik mit Engelbert, Erich und Franzi wurde relativ rasch eingespielt. 

Dann fieberten wir der Sendezeit entgegen, wo unsere Musik im Radio zu hören war.
Engelbert und ich saßen ganz nahe am Radio, als Barbara die drei jungen Musiker aus dem Ottilienblindenheim ankündigte. Es löste in mir einen Rausch aus, der mich dann das ganze spätere Leben prägen sollte.

Schwester Kolianna war berüchtigt, dass sie in ihren südländischen Wutausbrüchen hart zuschlagen konnte. Egal was sie grade in der Hand hielt, „Sei es ein Schlüsselbund“, den drosch sie Engelbert wegen einer kleinen Meinungsverschiedenheit knallhart auf den Schädel, dass Engelbert das Blut herunterrann. Kann heut nicht mehr sagen um was es sich damals genau gehandelt hatte.
Voriges Jahr passierte es, ich schaukelte etwas zu gewagt mit einem leeren Wäschekorb und wiegte entspannt mit dem Oberkörper. Die Schlafsaaltüre sprang auf und Kolianna näherte sich mit Laufschritt. Packte mich am Kragen und positionierte mich vor sich und trat mir brutal in den Schritt, ihre Schuhspitze bohrte sich in meinen Damm, so dass ich mit meinem Fliegengewicht in die nächste Ecke flog. Mir ist bis heute noch nicht klar, warum sie diese Aktion durchgezogen hatte. „Sie meinte wohl nicht ich sei am Onanieren;“ Dafür war ich wohl noch etwas zu jung.   
Mit meinem Stelzfuss hatte ich sowieso keine Chance, diesem Tritt stand zu halten. 
Den Schmerz spürte ich beim Gehen und Sitzen noch viele Tage später noch. 

Dann konnte Schwester Kolianna wieder am Abend vor dem Schlafengehen mit engelhafter Stimme einen Vortrag über Gott und die Welt halten.
Die Welt ist so schlecht, das wird sich Gott sicher nicht länger gefallen lassen! Darum hat ein weiser Padre den Satz gesagt: „Ein tausend und kein tausend.“ Also wir die Welt vor
zweitausend bestimmt untergehen.“
Ich dachte mir, das sind noch über fünfzig Jahre, das erlebe ich sowieso nicht mehr, so alt werde ich bestimmt nicht!

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Kommentare zu diesem Text

Bette (70)
(10.01.18)
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