Allmacht

Geschichte zum Thema Fantasie(n)

von  tastifix

An einem schönen Sommernachmittag  geschah es. Die Sonne strahlte vom blauen Himmel, die Vögel zwitscherten ihr fröhliches Lied. Ich spazierte in meine Lieblingsecke am Gartenzaun mit dem Durchguck in praktischer Hundehöhe. Meine alten Knochen wollten nicht mehr so richtig. Vorsichtig trippelte ich mehrmals auf der Stelle, bevor ich mich langsam niederlegte. Aufseufzend vor Wonne streckte ich mich lang aus, schloss die Augen und wollte mich einem genüsslichen Mittagsschlaf hingeben. Doch irgendetwas kitzelte mich. Ich zuckte mit dem Vorderlauf. Aber es hörte nicht auf, an entspanntes Einschlafen war nicht zu denken. Ärgerlich wischte ich mit der Pfote über den Boden. Das Kribbeln verstärkte sich. Beleidigt knurrte ich:
„Kann ich denn nie meine Ruhe haben? Ich bin uralt und möchte abschalten!“

Ins Licht blinzelnd, streifte mein Blick die rechte Vorderpfote. Prompt war es um meine Gelassenheit geschehen. Huch! So ein eigenartiger Stock. Es war doch gar nicht windig. Wieso huschte der quer über das Bein und und dann noch mit so vielen Nebenstöckchen? Verunsichert stupste ich das winzige Dingsbums mit der Nase an. Oh nein, es wurde ja immer lebhafter!!
Urplötzlich erkannte ich, dass das inzwischen im 100 km-Tempo herum wuselnde Etwas lebte, eindeutig zur Gattung ´Spinne` zählte und also in die Nasenschublade ´Horrorgeschöpf Nr.1` gehörte. In der Hinsicht waren Frauchen und ich uns einig. Wirklich war schwer auszumachen, wer vor den Biestern mehr Angst hatte. Nur: Weiblichen Wesen gestand man dies zu. Dagegen durfte ich, ein 56-58cm-Schulterhöhe-Hund, es mir nicht anmerken lassen, dass ich mir beim Anblick des Mikrogeschöpfes vor Angst fast in die nicht vorhandene Hose machte. Andernfalls wäre mein Prestige in Nu futsch gewesen! Und das wäre für mich schrecklich gewesen. Ein Eurasier wie ich und ohne mein über alles gehütetes Prestige!?

Der Versuch, mich zusammenzureißen, scheiterte jämmerlich. Das Herz klopfte mir bis zum Hals. Sogar noch im Liegen wackelten die Beine. Die Spinne ließ es kalt, wie es mir Riesentier zumute war. Munter huschte sie fortwährend meine Beine rauf und runter. Erfolglos schnappte ich ein paar Male nach ihr. Ich wurde den Plagegeist nicht los und halb verrückt vor Panik.
´Jaul, hoffentlich webt die kein Riesennetz und verschnürt mich kunstgerecht zu einem Leckerbissenvorratspaket!`
Irgendwan dann gab ich frustriert den Scheinkampf Hund-Spinne auf und überließ mich einem nun ungewissen Schicksal.
´Hoffentlich verdirbt sich das Ungetüm wenigstens an mir den Magen!`
Die Anstrengungen wegen ´Krabbel` waren zuviel für mich alten Hund. Kraftlos ließ ich den Kopf zurück ins Gras sinken und schlief aufseufzend ein. Es sollte der längste Mittagsschlaf meines Lebens werden. Ein Mittagsschlaf, aus dem ich nie wieder erwachte.
Zunächst dachten meine Menschen wohl, dass ich vor mich hin träumte. Selbst mein kleiner vierbeiniger Freund Quinny merkte nichts. Erst nach Stunden, als ´Abendessen für Wauwaus` angesagt war, kam es ihnen verdächtig vor. Sicher, mein Gehör war nicht mehr das beste. Häufig brauchte es ein zehnmaliges Rufen, ehe ich endlich antrabte. `
Als sie aber merkten, was los war, trauerten sie schrecklich. Quinny war nicht zu beruhigen, denn ich, sein bester Freund, hatte ihn verlassen. Seine Hundewelt geriet völlig durcheinander und er winselte verzweifelt vor sich hin.

Wenn sie gewusst hätten, wie gut es mir jetzt ging, hätten sie sich bestimmt für mich gefreut. Nichts ärgerte mich mehr: Keine Mäuse, keine Fasane, keine Katzen, keine fremden Rüden und erst recht keine frechen kleinen Spinnen machten mir länger das Hundeleben zur Hölle. Meine Seele trennte sich von meinem im Gras liegenden Körper. Ich schwebte als Geistwesen frei durch die Luft und fühlte mich federleicht. Ohne Gram betrachtete ich die fast 17jährige Fellhülle und schaute zurück zum Haus, in dem meine geliebte Menschenfamilie lebte. 
´Danke für alles! Ich werde immer um euch sein!`


Anmerkung von tastifix:

eine Geschichte aus der Tierwelt

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