Wahrenpreis

Epigramm zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  RainerMScholz

Wenn der bestehende Kapitalismus alle Entwicklungs- und Nachfolgekosten gezwungen wäre einzupreisen, ohne Staatshilfen, also Hilfen der öffentlichen Hand, die wir sind, wäre er in der jetzigen Form tot, wenn man es zu Ende dächte, mit allen sozialen und ökologischen und nachhaltigen Folgen; im Grunde wäre dieser Kapitalismus seines Kleides entledigt und stünde nackt  da wie im Märchen der Kaiser. Schluss mit Ich-'verdiene'- 'mein'-Geld und dann bin ich weg. Wohin denn? Der Planet ist rund.
Im Grunde scheint es um etwas anderes zu gehen, als den ehrlichen Kaufmann* - es geht um wir gegen die, die älteste Motivation, seit es Affenhorden gibt; was wir heute politologisch als faschistoid bezeichnen würden, wobei die Wortendung schon auf den psychopathologischen Aspekt hinweist, der sich womöglich als epigenetisch ausweist.
(Und kapitalistisch versus sozialistisch? Diese dichotomische Affenhordenlogik sollte absichtlich vermieden werden und ist auch sinnhaft hinfällig.)
Zu uns in die Straße kommt jeden Samstag der Eiermann. Ich kaufe bei ihm Leberwurst, Brot, die Hühnerendprodukte und was er sonst noch hat. Wir unterhalten uns über das Wetter, die Feldarbeit und Kant, Hegel und was er sonst im Programm hat. Dann fährt er weiter. An ihm und seiner Familie ist die Arbeit der Scholle, der Ärger, der Kummer und auch die Freude. Wenn sein Fahrzeug in die Werkstatt muss, dann ist das seine Sache, wenn die Rinder fortlaufen, läuft er hinterher, hat das Geflügel die Stäupe, bezahlt er den Tierarzt. Die Wurst ist teurer als im Edeka, im Rewe oder im Aldi. Aber das muss sie auch sein. Ich zahle das gern. Und auch die Eier.
Klar ist das naiv. Von mir. Na und?!



*Dieter Kartschoke: Der Kaufmann und sein Gewissen; 1995



© Rainer M. Scholz

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Kommentare zu diesem Text

Aha (53)
(21.09.19)
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 RainerMScholz meinte dazu am 21.09.19:
New Deal hieß doch nur Abwendung des Sozialismus - ja, den gab es einmal als politischen Gedanken in den USA, bevor er vollkommen diskreditiert wurde, sich selbst auch vollkommen in Schande verabsolutierte.
Aber nur ein (aktualisiertes) Beispiel: Wer würde noch das Fliegen bezahlen können, wenn alle Entwicklungskosten, alle Folgekosten - und schäden, regelrechter Lärmschutz, Abgase, Entsorgungskosten auf dem Ticketpreis zu ersehen wären.
Oder wer hätte je den Strompreis für Atomenergie auf seiner Abrechnung gefunden, inkl. Lagerung und Absicherung möglicher Schäden in der Zukunft (wir wissen nicht einmal, wie auf die Gefahren der Strahlung in der Zukunft hingewiesen werden soll).
Wer zahlt für all die Toten und Hinterbliebenen im Straßenverkehr auf deutschen Autobahnen ohne Tempolimit?
Wer restauriert die Äcker der Zukunft?
Wie gehen wir mit den Folgeschäden der Forstwirtschaft um?
Der industrielle Fischfang für die Makrele in der Dose?
Plastikmüll in den Meeren, wer kommt dafür auf? Steht da der gerechte Preis auf der Plastikflasche?
Usw.
Grüße,
R.

 AchterZwerg (21.09.19)
Du sagst es, Rainer.
Aber aus meiner Sicht nicht sonderlich geschickt.
Um (ungeliebte) Fakten an die Leser zu bringen, bedarf es m. M. einer schlichten Sprache und der Bilder.
Die Bilder sind vorhanden (der nackte Kaiser, die gelungene Eiermannstory); die lange Einführung wirkt jedoch auf mich zu verschachtelt und deshalb zu abgehoben.

Liebe Grüße
der8.

 RainerMScholz antwortete darauf am 23.09.19:
Ich tue mein Bestes, um immer so schlicht wie möglich zu sein.
Einen lyrischen Anspruch hat der Text nicht und möchte auch nicht groß mit Bildern arbeiten. Die Kritik ist also berechtigt.
Ich gebe es zu: ich hab`s einfach hingerotzt.
Ist ja irgendwie auch schon alles gesagt dazu. Müßig.
Grüße,
R.
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