Hanebüchenes um Glauben und Philosophie aufgrund eines Mangels an Leerheit und Klarheit

Essay zum Thema Abgrenzung

von  LotharAtzert

Auf vielfachen Wunsch hier nochmal die hunderttausendste Wiederholung:

Shakyamuni Buddha hat von Anfang an als einem der Kernpunkte der Lehre vom Extreme vermeiden gesprochen. Was er damit meinte, habe ich nicht aus Büchern gelesen oder  dem Internet entgoogelt, noch von Dritten (Schopenhauer etc) gehört, noch selbst zusammengereimt, sondern die verehrten Lehrer des Buddhas aus dem Himalaya haben es mir in ihrer grenzenlosen Güte - von Mund zu Ohr, wie es so bildhaft heißt bei den Kagyus - mitgeteilt:

Nihilismus und Eternalismus sind zwei Extreme, die zu verwerfen sind. Weil alle Extreme Leid mit sich führen. Der Nihilismus betont das Nichts und der Eternalismus hält am Ewigen fest, ohne des Festhaltens Grund zu erkennen.
Extreme sind des weiteren Askese und Ausschweifung, oder manisch und depressiv - stets ist der mittlere Weg einem Extremismus vorzuziehen.

Wenn die jeweiligen Vertreter der Extreme jetzt über Buddha als Verkünder des Nichts sprechen, so ist das nicht bloß hanebüchen, sondern, nach meinen beständigen, nicht beachteten Hinweisen eine absichtliche, ideologische Verdrehung und muß mit aller Schärfe zurückgewiesen werden.

Nirgendwo findet man im Buddhismus einen Hinweis auf Bejahung des Extrems vom Nichts, außer jener unglückseligen Philologenübersetzung, welche Schopenhauer erreichte und seiner eigenen Intention schmeichelte. Das Irren zieht dann seine Kreise durch Jahrhunderte, bis es sich auflöst, wie Salz im Ozean.
Der anstößige Terminus ist jener der Leerheit (skt. shunya = leer), nicht vom Nichts ist die Rede. Diese Shunyata wird - vielleicht weil man seine Pappenheimer kennt?? - an vielen Stellen eindeutig erklärt: leer von Vorstellungen. Leerheit wird - als Konzession an die Vieldenker ab dem 1. Jh. vielleicht - mit dem Raum verglichen, der sich aller sinnlichen Wahrnehmbarkeit entzieht und doch ebenso unleugbar vorhanden ist, also keinesfalls nichts ist, da wir alle in ihm und aus seinen vier  Emanationen Wind, Wasser, Feuer und Erde hervorgegangen sind, also ohne ihn nicht hier wären. Diese einfache Wahrheit erfordert natürlich die Notwendigkeit von Meditation oder Innehalten, um eins zu werden mit dem Objekt, sonst bliebe alles Vor-Stellung.

Der zweite unstrittige Terminus ist Klarheit. Auch sie ist ja nicht nichts. Haben wir klares Wasser, (-gesund für alle! Raum ist offen und Wasser kreist) so sehen wir beispielsweise auf den Grund. Auch hier kann die Klarheit nicht substanziell im Wasser gefunden werden, sondern ergibt sich aus dem Fehlen von eintrübenden Partikel, die im Laufe der Ruhezeit zu Boden sinken.
Ist durch Meditation eine bewußte Gedankenstille eingetreten, so ist das wie Leerheit und Klarheit in Vereinigung. Yab-Yum - Vater-Mutter Tantra heißt dieser Weg in Tibet.

Nehmt es bitte endlich zur Kenntnis: Nicht nichts, sondern Leerheit und Klarheit.

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Kommentare zu diesem Text


 DanceWith1Life (10.04.20)
ich wollte jetzt ein leeres Kommentarfeld als Zustimmung schicken, da dies, wie hier begründet und durchaus verständlich erklärt, allerdings zu Misverständnissen führen könnte, bitte ich diese Zeilen als solche zu akzeptieren.

 LotharAtzert meinte dazu am 10.04.20:
Akzeptiert!
(du hättest einen Punkt setzen können. Hast du eigentlich Castaneda gelesen, welcher ja einiges zum so genannten "Montagepunkt" sagt. Dieser wird bewußt gesetzt, eine Welt drumherum aufgebaut und anschließen wieder aufgelöst. So hat man keine Gelegenheit mehr, daran (ideologisch) anzuhaften.)

 Bluebird (10.04.20)
Lieber Lothar,
ich weiß jetzt nicht genau, ob etwa ich durch eine vielleicht unbedachte "nichtige" Äußerung deinen "heiligen Zorn" erweckt habe, aber für mich war eigentlich immer klar, dass das buddhistische Nichts ein Etwas ist.
Letztlich ein Ort, wohin die Seele nach dem endgültigen "Auskarnieren" verschwindet.

Für mich war in dem Zusammenhang auch lediglich wichtig, dass mit die Rückkehr an diesen Ort das individuelle Sein aufhören soll.
Denn das ist der entscheidende Unterschied zur christlichen Hoffnung, die ja von einer ewigen Fortexistenz des Individuums - wenn auch verändert in Form und Substanz - ausgeht.

Kommentar geändert am 10.04.2020 um 09:40 Uhr

 LotharAtzert antwortete darauf am 10.04.20:
Lieber Bluebird,
nicht doch, nicht doch. Wärest du der "Übeltäter" hätte ich bei deiner Schopenhauer-Einlassung einfach geantwortet. Mir geht es um den oder die Nihilisten, die den Buddhismus für die eigene Ideologie mißbrauchen und sich nicht erfrechen, (was für ein Wort!) mir die falsche Anschauung unterzujubeln und - jetzt kommt der Clou - damit äußerst viele kV-Leser in diesem Sinne beeinflussend in ihren Bann ziehen und ich denke, das ist kein "Kavaliersdelikt" mehr.

In meinen Kreisen wird eigentlich nie vom Nirvana gesprochen, es sei denn von jenem unglücklichen Curt Cobain, der so verwirrt war, daß er sich aus Verzweiflung das Leben nahm.

In der tibetischen Ausprägung geht es thematisch fast ausschließlich um Mitgefühl mit mit allen Wesen - keines will unglücklich sein, alle wollen glücklich sein und doch, sobald man in die Welt blickt … du weißt Bescheid.
Mitgefühl ist der eine Flügel, der andere ist die Weisheit (Prajna Paramita)
Eine verwirklichte Seele kann sich, ohne den Weg über die Schoßgeburt zu nehmen, spontan materialisieren, falls es erforderlich ist - und nicht. weil sie dämonisch ist, sondern aus ihrem grenzenlosen Mitgefühl heraus. So etwas ist natürlich nicht für Anfänger wie mich möglich, aber die entsprechenden Übungen gibt es. Dies nur zur Information.

Alles gut, frohes Fest
aliceandthebutterfly (36)
(10.04.20)
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 LotharAtzert schrieb daraufhin am 10.04.20:
Danke, Stefanie - der Titel passt nicht nur gut, er ist auch meisterhaft gesungen. Wieder mal zwei, die ich bis jetzt gar nicht kannte.

Ja, das Grundkonzept hat mit Nihilismus nichts am Hut, aber wenn es hundertmal von Nihilisten so inter-pretiert wird, glaubt es der unbedarfte Leser am Ende noch - und das schadet ungemein, da muß einer her, der den Mars an der Spitze des DC hat, um ein wenig zu poltern So!!

Liebe Ostergrüße nach Wien,
Lothar

 Dieter_Rotmund (16.04.20)
Jaja, man kann keine zwei Schritte auf der Straße gehen, ohne dass einem von fremden Menschen Unwahrheiten über den Buddhismus an den Kopf geworfen werfen! Es ist empörend!
Lothar, Danke für diese Richtigstellung, überall steht es auf den Titelseiten total falsch!!!

Kommentar geändert am 16.04.2020 um 17:34 Uhr

 LotharAtzert äußerte darauf am 16.04.20:
Ach Dieter … !
Freut mich ja, daß mein Textchen dir einen solchen Spottgenuß bescheren konnte.
Es ging mir um mehrere kV-Eleven, welche, fern davon, jemals mit buddhistischen Lehrern gesprochen zu haben, Buddhas Lehre in den Ruch des Nihilismus brachten und weiterhin bringen.
Dabei ist - ich rede immer noch nur von kV - bekannt, daß ich tibetische Lehrer habe und folglich … aber das steht alles im Text.

Amüsierte Grüße
Karma Sungrab Gyatso
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