Die Puppeninsel

Kurzgeschichte zum Thema Horror

von  Der_Rattenripper

Ich fuhr zusammen mit Andreas, Bobby und Claus auf einer der berühmten Trajineras, (das sind typische kleine mexikanische Boote, die in buntesten Farben, grün, blau, rot oder gelb angemalt) durch die Kanäle von Xocimilco fahren. Am Rande der Kanäle waren Stände aufgebaut, an denen die Einheimischen Blumen, selbstgebackene Tortillas, oder gefüllte Boritos anboten. Der Geruch dieser gebackenen Köstlichkeiten ließ uns das Wasser im Munde zusammenlaufen. In den vergangenen Wochen hatten wir Gelegenheit gehabt die mexikanische Küche kennenzulernen, welche wir schon in Deutschland sehr schätzten.
„Hey Boss... wie wäre es, wenn wir kurz anhalten um uns ein paar dieser Leckereien zu genehmigen?“, fragte Bobby mit einem verschmitzten Lächeln.
„Bobby du weißt, wir haben nur noch drei Tage Zeit, um alle erforderlichen Ergebnisse zu sammeln und auszuwerten, das geologische Institut braucht diese Daten dringend. Hast du von diesem Abschnitt bereits eine Wasserprobe genommen? So weit ich weiß, ist die Wasserqualität in diesen Kanälen nicht durchgehend so gut, deshalb wäre es nett, wenn du dich an die Arbeit machst.“, sagte ich.
„Zu Befehl Sir“; sagte Bobby in einem schärferen Ton, als sie beabsichtigt hatte. Sie nahm ein paar Reagenzgläser aus ihrem Rucksack und beugte sich über die Reeling. Das Wasser war eiskalt. Weiße Gischt stieg aus den Tiefen der Kanäle empor. Die Trajinera schaukelte bedrohlich, als sich Bobby über die Reling beugte. Ich sah einige Spinnenaffen in den Baumwipfeln umherklettern. Ich zog meine Kamera und schoss ein paar Aufnahmen.
„Andreas steuere auf das Ufer zu und gib mir das Gewehr.“, sagte ich. In den vergangenen drei Tagen hatte ich ein paar Spinnenaffen gesehen, aber leider war es mir nicht gelungen einen von ihnen zu betäuben und mit einem Sender zu versehen, diese Affen sind ausgesprochen flink und Meister im klettern. Die Affen waren schöne sehr liebenswerte Wesen unseres Planeten. Anders als andere Affen besaß diese Art schon fast schlangenähnliche Arme und Beine, Bobby nahm das Gewehr, gab es mir aber nicht, sondern legte selbst an.
„Andreas drei Grad Steuerbord.“, sagte Bobby.
Der Bug des Bootes drehte sich langsam nach rechts.
„Verdammt halte das Boot ruhig, so kann ich nicht zielen.“ , sagte Bobby.
„Ich versuche es ja, gedulde dich bitte einen Moment.“, sagte Andreas, als er den Motor abstellte. Bobby drückte ab, aber der Affe verschwand im selben Augenblick in den Tiefen des Dschungels.
„Mist verdammter, hättest du eher angehalten und das Boot nicht so schaukeln lassen, dann hätte ich den Affen garantiert erwischt.“; sagte Bobby.
„Ach jetzt ist es also meine Schuld, dass du nicht richtig zielen konntest“, sagte Andreas.
„Schluss jetzt hört auf, euch gegenseitig Vorwürfe zu machen. So ist das als Forscher und Biologe manchmal klappt es eben nicht auf Anhieb und das wisst ihr beide. Wir bekommen mit Sicherheit eine neue Chance. Ich meine wir haben doch jede Menge Proben von den unterschiedlichsten Insekten, Pflanzen und Tieren gesammelt. Immerhin haben wir sogar einen Jaguar betäubt und mit einem Sender versehen können. Das Signal ist klar und deutlich er folgt uns, auch wenn wir ihn nicht sehen. Ich bekomme sein Signal ganz deutlich rein. Also macht nicht so einen Wind, nur weil es mal nicht klappt.“, sagte ich.
Bobby und Andreas sahen erst mich und dann sich an. Bobby war eine ausgezeichnete Forscherin, mit der ich schon manche Forschungsreise unternommen hatte. Aber sie war manchmal ein wenig zu impulsiv, wenn etwas nicht auf Anhieb funktionierte. Eine Eigenschaft die eigentlich eher gegen eine Karriere als Biologin sprach. Außerdem war sie etwas eigensinnig.
„Bobby in Zukunft folgst du meinen Anweisungen, ich hatte dir gesagt, dass du mir das Gewehr geben sollst. Ich bin der Leiter, der Expedition hast du mich verstanden?“
„Klar und deutlich Boss.“ , antwortete sie.
In der Ferne vernahmen wir das Brüllen eines Jaguars. Von der Lautstärke her und der Stärke des Signals war es der Jaguar, den wir vor eine paar Tagen markiert hatten. Wir bekamen sein Signal  ganz deutlich rein. Er folgte uns. Das war das Schöne an diesem Beruf, er war sehr abwechslungsreich, man war viel draußen an der frischen Luft. Der einzige Nachteil waren die Stunden in Laboren beim Auswerten und ermitteln von gesammelten Daten. Sortieren und katalogisieren von Tierknochen, oder Fäkalien. Wir führten genau Buch über jede noch so kleine Ausgabe. Das waren die Aufgaben, die keiner aus meinem Team gerne machte. In unserem Beruf durfte man nicht zimperlich sein und man durfte sich nicht vor Exkrementen oder Eingeweiden ekeln. Aber welcher Beruf hatte nicht seine Schattenseiten?
„Andreas was ist, eigentlich mit dieser sagen umwogenen Insel auf der jede Menge Puppen hängen sollen?“, fragte Bobby.
Ich hatte von dieser Insel gehört, war selbst jedoch noch nie dagewesen. Ich hatte schon lange vor die Insel zu besuchen. Der Legende nach sollte ein Blumenzüchter und Fischer namens Juliàn Santa Barrera dort 1951 die Leiche eines kleinen Mädchens entdeckt haben, welches an die Insel gespült worden ist. Juliàn behauptete später, vom Geist des toten Mädchens heimgesucht worden zu sein. Aus diesem Grund hing er überall Puppen auf, um das tote Mädchen von der Insel fernzuhalten, ein seltsamer Zufall war es, dass der Blumenzüchter im Jahre 2001 ertrank, und zwar an derselben Stelle, an welcher er vor 50 Jahren das kleine Mädchen gefunden hatte. Ich hatte keine Lust, die Insel zu untersuchen.
„Eigentlich wollte ich nach Hause fahren, was wollen wir dort? Wir sind schon jetzt seit fast einer Woche hier und ehrlich gesagt freue ich mich auf mein Bett, darauf meine Frau wiederzusehen und auf eine heiße Dusche.“, sagte ich.
„Ach komm schon, sei kein Spielverderber, vielleicht können wir dort ja auch noch etwas interessantes entdecken? Und mal ehrlich dich reizt diese Insel doch auch, habe ich nicht recht? Und wenn wir schon mal vor Ort sind, dann können wir uns die Insel auch jetzt gleich mal ansehen.“, sagte Bobby.
Ich schluckte, ich war überrascht, wie gut Bobby mich kannte. Nur hatte ich vorgehabt diese an einem anderen Tag unter die Lupe zu nehmen.
„Na gut du Quälgeist du gibst ja eh keine Ruhe, aber spätestens morgen früh will ich auf dem Weg nach Hause sein verstanden?“, sagte ich.
Bobby klatschte in die Hände und grinste breit.
Andreas klopfte mir auf die Schulter und sagte: „Danke Chef du bist eigentlich gar kein übler Kerl.“
„Hey was soll das denn heißen?“; sagte ich mit einem Grinsen auf den Lippen. Andreas warf den Motor an und wir fuhren Richtung Süden. Wir sahen mehrere kleine Inselgruppen. Die Puppeninsel war schon von Weitem zu erkennen. Die Insel war fast komplett grün, sogar ein Haus stand am Rande des Ufers, ich sah einige Mahagoni Bäume sowie den Cebab Baum, der häufig im Regenwald von Mexico zu finden ist. In den Kronen der Bäume an ihren Stämmen und Ästen hingen unzählige alte Puppen, die sich langsam im Wind hin und her bewegten, sodass sie fast lebendig wirkten. Ich nahm meine Videokamera, um einige Aufnahmen zu machen. Manchen Puppen fehlten einige Gliedmaße, wie ein Arm oder ein Bein. Einigen Puppen waren sogar die Augen ausgestochen worden. Diese Puppen hatten wirklich etwas gespenstisches an sich. Viele der Puppen waren mit Spinnenweben übersät. In einem Punkt hatte Bobby recht, diese Insel war wirklich beeindruckend. Ich bekam das seltene Vergnügen zu beobachten, wie eine Schwarze Witwe ihr Netz baute. Ich nahm die Spinne mit der Videokamera auf. Spinnen waren auf meinen Forschungsreisen immer die spannendsten und fasziniertesten Tiere gewesen. Manchmal träumte ich davon selbst eine Vogelspinne oder eine Würgeschlange wie eine Boa Constrictor als Haustier zu halten. Leider war ich aufgrund meines Berufes nur sehr selten Zuhause, weshalb ich kaum Zeit fand, mich außerhalb meiner Tätigkeit um ein Tier zu kümmern. Auch wenn Schlangen und Vogelspinnen im Vergleich zu anderen Lebewesen sehr wenig Futter benötigten.
Ich sah einige Sumpfzepressen, konnte jedoch kaum Tiere auf der Insel finden, was seltsam war. Wahrscheinlich wurden die meisten Tiere durch Touristen verscheucht, vermutete ich. Es war eigenartig, ich ging Richtung Westen. Ich hatte das Gefühl, dass die Puppen jeden meiner Bewegungen aus ihren toten Augen beobachteten. Meine Nackenhaare richteten sich auf und ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Auch in den Baumkronen baumelten, Kohlkopfpuppen oder Puppen mit langen blonden, schwarzen oder roten Haaren. Sie trugen eine Schlinge um den Hals, als hätte man sie hinrichten wollen. Das Funkgerät an meinem Gürtel knackte. Aus den Augenwinkeln nahm ich eine Bewegung wahr. Ich drehte mich um. Nur eine Puppe stand auf dem Boden und sah mich an. Ich schluckte und starrte die Puppe mit weit aufgerissenen Augen an. Hatte die Puppe nicht gerade eben noch in der Sumpfzepresse gehangen? Ich sah nach oben und erblickte eine leere Schlinge. Ich schloss die Augen, das geschah doch eben nicht wirklich oder? Von einer Sekunde zur nächsten hatte ich den Eindruck, dass alle Puppen ihre Köpfe bewegten, um jede meiner Bewegungen zu beobachten. Verlor ich den Verstand? Halluzinierte ich? Ich drehte mich erneut um. Waren die Puppen nicht gerade eben noch weiter weg gewesen?  Oder hatten bereits am Anfang drei Puppen auf der Erde gesessen? Ich sah erneut nach oben, zwei weiter Schlingen waren leer. Sie kreisen dich ein, sie wollen dich nicht von hier fortlassen, erklang meine innere Stimme. Schluss, das bildest du dir alles nur ein. Die Puppen hatten von Anfang an auf der Erde gesessen, Puppen konnten nicht umherwandeln. Wahrscheinlich waren sie durch einen Windstoß von den Bäumen gefallen oder die Schnur war durch Witterungsbedingungen gerissen. Nur war es hier absolut windstill. Wie konnten die Puppen von einer Sekunde zur nächsten von den Bäumen gekommen sein? Ich lief ein paar Schritte rückwärts, stolperte über eine Baumwurzel und setzte mich auf den Hosenboden. Ein stechender Schmerz schoss mir ins Steißbein, sodass ich die Lippen aufeinanderpresste. Ich stöhnte unter den Beschwerden auf, während ich mir meine Knochen rieb. Ich blickte auf und sah mich um. Die Puppen waren bis auf zehn Schritte an mich herangekommen. Mein Atem stockte, alles in meinem Inneren zog sich zusammen. Ich zog mein Messer aus dem Halfter, um mich im Notfall verteidigen zu können. Ich griff zum Funkgerät. Die Situation war so surreal, ich wollte mich gegen Puppen verteidigen? Ich war Wissenschaftler und Puppen konnten sich nicht bewegen. Oder etwa doch? Wurde ich krank, hatte ich Fieber und ließ das Fieber mich halluzinieren? Mir war heiß und kalt zugleich. Das musste es sein. Das Herz in meiner Brust schlug schneller. Ich betätigte mein Funkgerät und rief: „Bobby wo bist? Kommen, Bobby bitte kommen.“ Ich bekam jedoch nur statisches Rauschen zu hören.
„Chef sind Sie da Chef? Hier stimmt etwas nicht, hier stimmt etwas ganz und gar nicht.“, vernahm ich Andreas Stimme aus dem Funkgerät.
„Andreas wo bist du? Ist Bobby bei dir?“
„Bobby ist nicht bei mir, aber die Puppen, die Puppen.“ ,erklang seine Stimme aus dem Funkgerät. Ich hatte den Eindruck, als schwang ein Anflug von Panik oder Angst in seiner Stimme mit.
„Andreas kannst du mir deine Position durchgeben, dann komme ich dich abholen.“, fuhr ich fort.
Ich vernahm einen entsetzlichen Schrei, der mir durch Mark und Bein fuhr.
„Andreas bist du noch da? Andreas bitte melde dich.“, rief ich ins Funkgerät, aber die Verbindung war unterbrochen.
Ich wechselte den Kanal und sagte: „Bobby bist du da? Bobby bitte melde dich verdammt noch mal.“, sagte ich.
„Hier ist Bobby, was ist los Chef?"
„Ich glaube Andreas hat sich verletzt, kennst du seine momentane Position?“
„Nicht genau Boss, aber er müsste ungefähr einen halben Kilometer vor mir befinden, wenn mich nicht alles täuscht.“, sagte Bobby.
„Bobby suche nach Andreas und wenn du ihn findest melde dich bei mir, ich glaube er hat sich verletzt. Wenn du ihn in halben Stunde nicht gefunden hast, so kehre zu unserer Anlegestelle zurück und warte dort auf mich. Verstanden?“, fragte ich.
„Verstanden Boss.  Ist bei dir und Claus alles in Ordnung?“
„Ich dachte, Claus wäre bei dir Bobby?“
„Negativ Chef ich weiß nicht, wo sich Claus befindet.“
Eine unglaubliche Wut kam über mich. Ich ballte die Hände zu Fäusten, dann brüllte ich: „Verdammt noch mal, ich dachte, ich hätte mich klar genug ausgedrückt, dass keiner allein auf Entdeckungsreise geht. Wieso macht hier eigentlich jeder, was er will?“
„Hey jetzt beruhige dich, Claus ist alt genug und kein kleiner Junge mehr, wenn ihm etwas passiert wäre, dann hätte er Feuer gerufen oder uns angefunkt.“
Ich konnte Bobby nicht widersprechen, trotzdem gefiel mir die Sache immer weniger.
„Bobby laufe zu unserer Anlegestelle. Ich versuche Claus zu erreichen. Wir treffen und dort, dann suchen wir gemeinsam nach Andreas.
„Boos.“, vernahm ich Bobbys Stimme.
„Was ist Bobby?“
„Ich weiß nicht, ich bekomme ein ungutes Gefühl, ich glaube, dass mich jemand beobachtet.“
Was war hier los? Mein Herz raste. An diesem Ort stimmte etwas ganz und gar nicht. Wir sollten nicht hier sein., meldete sich meine innere Stimme. Wir sollten von hier verschwinden, denn wir sind nicht allein. Das war doch Blödsinn, auf dieser Insel war niemand außer meinem Team und ich. Oder etwa doch nicht?
„Bobby dreh jetzt nicht durch, bleib wo du bist. Ich bin in zehn Minuten bei dir.“, sagte ich. Was hatte das alles zu bedeuten? Ich rannte, ich rannte, so schnell mich meine Füße trugen. Ich musste zu Bobby. Ich musste nach Andreas sehen, die Verbindung zu ihm war so plötzlich abgebrochen. Andreas und Bobby brauchten meine Hilfe, waren sie schwer verletzt? Diese Gedanken schossen mir durch den Kopf, während ich rannte, als wäre der Teufel hinter mir her. Das Herz in meiner Brust pochte, ich bekam Seitenstechen, mein Atem flatterte. Schweiß lief meinen Nacken hinab. Auf meinem Hemd bildeten sich dunkle Flecken. Bäume, Sträucher alles flog an mir vorbei. Hin und wieder scherte ich nach links oder rechts aus, um ein paar Sumpfzepressen auszuweichen. Ich weiß nicht wie lange ich rannte, als plötzlich Andreas vor meinen Augen von einem Baum in die Tiefe stürzte. Er baumelte an einem Seil, sein Kopf steckte in einer Schlinge. Ich vernahm ein Lachen, was jedoch auch Einbildung gewesen sein könnte. Sein Bauch war aufgeschnitten, sodass seine Eingeweide aus der Bauchdecke hevorquollen. Dort wo seine Augen hätten sein sollen, befanden sich blutige Höhlen. Wer hatte das getan? Welches Scheusal war zu so einer Tat fähig? Mein Magen drehte sich um, ich wandte mich ab und kotzte auf den Boden. Ich kannte Andreas bereits seit Kindertagen, wir hatten im wahrsten Sinne des Wortes bereits im Sandkasten miteinander gespielt. Vor meinem inneren Auge tauchten Bilder aus vergangenen Tagen auf. Bilder wie wir gemeinsam Segeln waren. Andreas und ich waren nicht nur Biologen gewesen, sondern auch Segler und Sporttaucher. Wir hatten schon manche Küste und manches Riff gemeinsam erkundet. Ich trat zwei Schritte zurück und blieb dann wie angewurzelt stehen. Das Herz in meiner Brust schlug so schnell, dass ich befürchtete, jede Sekunde einen Herzanfall zu erleiden.
„Hörst du mich du mieses Schwein, ich werde die Polizei rufen, die wird dir gehörig den Arsch aufreißen.“, schrie ich.
Ich ergriff das Funkgerät und sagte: „Bobby wo bist du? Bobby bitte melde ich. Komm schon Bobby, melde dich verdammt noch mal.“
Doch mein Funkgerät blieb stumm. Nach dem was ich gerade gesehen hatte, hatte der Killer etwa auch Bobby erwischt? Nicht der Killer, schoss es mir in den Kopf, die Killer. Die Mörder sind die Puppen. Nein das konnte unmöglich sein, das alles lief so falsch. Jeder dem ich das erzählte, würde mich für verrückt erklären und mich einweisen lassen. Vielleicht wird man mir einen Mord anhängen?
„Claus bitte Melde dich, Claus wo bist du verdammte Scheiße?“ , rief ich ins Funkgerät, aber auch von Claus erhielt ich keine Antwort. Panik erfasste mich, ich wusste nicht, wohin ich rannte. Meine Lunge brannte und das Seitenstechen wurde mit jeder Minute schlimmer. Mein Atem rasselte. Wie sollten wir drei das nur Andreas Familie beibringen? Sie werden behaupten wir etwas gefunden einen Schatz oder Gold. Wir hätten den Schatz für uns behalten wollen. Darum hätten wir unsere Freunde aus Habgier getötet. Je länger ich darüber nachdachte, desto logischer kam der Gedanke vor. Wer würde schon glauben, dass vier Biologen von Puppen die in Bäumen hingen umgebracht wurden? Ich wirbelte herum und rannte Richtung Süden. Es dauerte nicht lange, bis ich Claus fand. Er saß auf dem Boden, den Rücken gegen einen Baum gelehnt. Er bemerkte mich nicht.
„Claus, was machst du hier? Steh auf, wir müssen so schnell wie möglich von hier verschwinden.“
Doch Claus reagierte nicht.
„Claus ...?“, mein Atem stockte.
„C-C-Cl- Claus kommt wir müssen von hier verschwinden und die Polizei alarmieren.“ , sagte ich.
Ich hielt den Atem an, es fühlte sich an, als ob sich eine unsichtbare Schlinge um meinen Hals legte und mir die Kehle zudrückte. Ich fasste ihn Schulte, aber er war hart wie kaltes Wachs. Ich lief um ihn herum, doch was ich sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Seine Augen, wo zum Teufel waren seine Augen? Er lehnte an dem Baumstamm wie eine dieser Puppen. Ich berührte seine Hand, er war noch warm, das Blut war geronnen. Jemand hatte ihm mit einem Messer die Kehle durchgeschnitten. Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding, erst Bobby und jetzt Claus. Ich brach an Ort und Stelle zusammen und schrie mir die Seele aus dem Leib. Bis das Geschrei in ein leises Wimmern überging, Tränen liefen meine Wangen hinab. Ich glitt zu Boden, zog die Knie an und blieb zitternd in Embryonalstellung auf dem Boden liegen. Sollte der Killer doch kommen und mich auch zu sich nehmen. Ich weiß nicht was ich diesem Moment dachte oder fühlte. Ich fühlte überhaupt nichts. Warum war ich mit meinem Team auf diese gottverdammte Insel gefahren? Warum hatte ich nicht darauf bestanden, dass wir nach Hause fuhren? Ich war Schuld, ich war Schuld daran, dass Claus und Claus ihr Leben lassen mussten. Nie wieder konnte ich mit Bobby und Claus gemeinsam grillen oder in den Urlaub fahren. Wir waren nicht nur Arbeitskollegen gewesen, sondern auch Freunde. Eine Träne lief meine Wange hinab, ich wischte sie mit dem Handrücken fort. Andreas und ich saßen auf dieser gottverdammten Insel mitten auf dem Präsentierteller. Wir mussten so schnell wie möglich von dieser Insel kommen. Ich ergriff mein Smartphone und wählte mit zittrigen Fingern Andreas Nummer.
„Andreas bitte kommen, Andreas wo steckst du?“, rief ich mein Smartphone. Meine Stimme zitterte. Für eine Sekunde verspürte ich den Drang, in unser Basislager zu laufen, meine Sachen zu packen und zu verschwinden. Ich erschrak über mich selbst bei diesem Gedanken, aber vielleicht hatte Andreas genau das getan? Er war zurück an die Anlegestelle gegangen und wartete dort auf mich. Das Basislager war normalerweise immer der Treffpunkt, an dem es galt zurückzukehren, wenn es gravierende Probleme gab und man keine Hilfe von außen erhalten konnte. Wer auch immer Bobby und Claus auf dem Gewissen hatte, befand sich noch hier auf der Insel. Ich nahm die Beine in die Hand und rannte, als wäre der Teufel hinter mir her. Die Puppen schienen jede meiner Bewegungen aus ihren leblosen Augen heraus zu beobachten. Was war das nur für ein sadistisches Monster? Man brachte doch nicht aus heiterem Himmel jemanden um? War diese Drecksau vielleicht aus irgendeiner Anstalt geflohen? Warum tat die hiesige Polizei dann nichts, um das Scheusal wieder einzufangen? Aus den Augenwinkeln heraus nahm ich eine Bewegung wahr. Es kam mir so vor, als ob die Puppen mich verfolgten. Nicht verfolgen, schoss es mir in den Kopf. Sie kreisen dich ein, verdammte Scheiße, was geschah auf dieser gottverdammten Insel? Ich vernahm ein seltsames Gelächter, es klang wie das Lachen eines Kindes. Dann war es still. Wahrscheinlich hatte ich mir das alles nur eingebildet. Was war mit Andreas?  War er noch am Leben oder war ebenfalls ermordet worden? Ich schluckte, daran durfte ich nicht mal denken. Ich sollte positiv denken. Andreas war nicht tot, wahrscheinlich befanden wir uns in einem Funkloch.
„Andreas wo bist du? Bitte gebe mir deine Position durch?“, sagte ich, erhielt jedoch keine Antwort. Hinter mir vernahm ich abermals dieses seltsame Lachen. Ich erschrak und rannte, rannte, als wäre der Teufel hinter mir her. Das Gelächter hinter mir verstummte jedoch nicht, im Gegenteil, es schien von allen Seiten zu kommen. Es war vor mir, hinter mir, das Gelächter war rechts von mir und links. Was war hier los? Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, ballte die Hände zu Fäusten und rief: „Hallo wer ist da? Komm heraus und zeige dich. Hast du Bobby und Claus getötet? Ist dir dabei einer abgegangen du mieses Schwein?“ 
Niemand antwortete. Ich erhob erneut das Funkgerät und rief: „Andreas kommen, Andreas bitte gib deine Position durch. Kommen.“
Meine Hände zitterten, meine Lunge brannte, mein Atem flatterte. Die Puppen, schoss es mir in den Kopf, die Puppen verfolgen dich. Sie wollen dich töten, so wie sie auch Bobby, Claus getötet haben. War Andreas ihnen entwischt, war er noch am Leben oder war er ihnen ebenfalls zum Opfer gefallen? Ich bekam Seitenstechen, Schweiß lief in Strömen meinen Nacken hinab. Sie verfolgen mich. Hatte es Andreas zum Treffpunkt geschafft? In meinen Ohren erklang ein höhnisches Gelächter, welches mir durch Mark und Bein fuhr. Sollte ich eventuell bei der Polizei eine Vermisstenmeldung aufgeben und dabei die Insel verschweigen. Doch was, wenn sie die Insel absuchten und die Leichen entdeckten? Dann saß ich ziemlich in der Klemme, aber spielte das überhaupt noch eine Rolle? Ich musste hier weg, runter von dieser Insel verschwinden, meine Frau anrufen, vielleicht wusste sie einen Rat? Verdammte Scheiße was sollte ich nur tun? Welcher Mensch war zu so einer Tat nur fähig? Was hatten Bobby und Claus den getan, dass sie auf diese Weise ihr Leben lassen mussten. Wir hatten gemeinsam viele lebensgefährliche Situationen gemeistert. Wir waren auf unseren Forschungsreisen von anderen Völkern überfallen und ausgeraubt worden. Wir hatten uns mitten im nirgendwo die Beine gebrochen, wir hatten uns in tiefster Wildnis manchmal tagelang von Insekten oder Spinnen ernährt. Hatten teilweise bis über die Brust im tiefsten Morast gesteckt, sodass ein anderer unseres Teams oder ich denjenigen rausziehen mussten. Aber nie hatten wir es mit einer unsichtbaren Gefahr zu tun gehabt wie jetzt. Wie kämpfte man gegen einen unsichtbaren Gegner? Einen Feind, der sich lautlos von hinten an einen heranschlich? Ich vernahm ein Knacken hinter mir und wirbelte herum. Nichts, nur eine Puppe lag achtlos weggeworfen auf dem Weg. Ich griff erneut zum Funkgerät: „Andreas bitte melde dich, Andreas gib mir deine Position durch, damit ich dir helfen kann. Andreas melde dich. Ende.“
Nichts, auf der anderen Seite blieb es stumm. Ich sah auf meine Uhr, noch zwei Stunden, es war noch zwei Stunden hell. Verdammte Scheiße ich hatte keine Lust, die Nacht auf dieser Insel zu verbringen. Was sollte ich tun, weitersuchen, vielleicht gelang es mir, Andreas doch noch aufzuspüren. Wenn ich ihn dann nicht gefunden hatte, würde ich zurückfahren und die Polizei informieren. Ich drehte mich um und erschrak. Die Puppe die Kohlkopfpuppe war jetzt wesentlich näher gekommen. Du verlierst langsam deinen Verstand, sagte eine Stimme in meinem Innerem. Ich verpasste der Puppe einen harten Tritt, sodass sie mit dem Kopf voran gegen einen Baum prallte, wo sie liegen blieb.  Das darfst du niemals jemanden erzählen, auch nicht deinen Verwandten, dachte ich. Wenn ich das jemandem erzählte, dass wir auf einer Forschungsreise von Puppen angegriffen worden sind, wird man dich garantiert in die geschlossene Psychiatrie einweisen. Wer würde uns diese Geschichte schon abkaufen? Ich konnte es selbst kaum glauben, obwohl ich es mit eigenen Augen sah. Ich musste fort von hier, ich musste Hilfe holen. Ich rannte, so schnell mich meine Füße trugen Richtung Süden. Dort hatten wir mit unserem Boot angelegt. Wenn es mir gelang, das Boot zu erreichen, war ich gerettet. Aber konnte ich auch Andreas retten? Ich musste die Küstenwache und die hiesige Polizei verständigen. Sollte mit mir geschehen, was wolle. Hier ging es um Menschenleben. Ich rannte, ich rannte so schnell, mich meine Beine trugen. Mein Atem rasselte, das Herz in meiner Brust schlug so schnell, dass ich befürchtete, jede Sekunde einen Herzanfall zu erleiden. Ich wagte nicht, mich umzusehen. Ich stolperte über eine Baumwurzel und fiel zu Boden. Ich schrie. Ich fiel auf etwas weiches, konnte aber im ersten Moment nicht sagen, um was oder wen es sich handelte. Als ich jedoch näher hinsah, schien mein Herz für eine Sekunde auszusetzen. Es war Andreas, seine Augen fehlten, in seiner Kehle klaffte ein blutiges Loch. Irgendwer hatte ihm den Adamsapfel herausgerissen, ich sprang auf, stolperte einige Schritte rückwärts und blieb dann wie erstarrt stehen. Das konnte doch nicht wahr sein, geschah das alles wirklich oder war ich in einem Alptraum gefangen? Ich verpasste mir selbst eine Ohrfeige. Ja ich war hier auf er Puppeninsel, das alles geschah wirklich.
„Was haben wir Ihnen getan, warum haben Sie meine Freunde umgebracht. Kommen Sie raus und zeigen Sie sich. Wir kämpfen Mann gegen Mann Sie verdammter Feigling...“ , schrie ich. Ich sank auf die Knie, schlug die Hände vors Gesicht und weinte. Ich hatte meine besten Freunde verloren.

Das Forschungsteam verschwand spurlos, trotz einer groß angelegten Suchaktion wurden Bobby, Andreas, Claus und Jochen nie gefunden. Niemand weiß bis heute, wo sie geblieben sind.


Anmerkung von Der_Rattenripper:

Die Puppeninsel in Mexico existiert tatsächlich und auch die Legende in dieser Geschichte wird über die Puppeninsel erzählt. Heute eine beliebte Sehenswürdigkeit für Touristen die teilweise sogar selbst Puppen mitbringen um sie dort in die Bäume zu hängen.

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Kommentare zu diesem Text


 keinB (14.09.20)
Hey Blacky ... wie wäre es, wenn du den Text noch mal Korrektur liest?

Direkt der erste Satz macht schon Gehirnkrebs:
"Ich fuhr zusammen mit Andreas, Bobby und Claus auf einer der berühmten Tranjineras, (das sind typische kleine mexikanische Boote, die in buntesten Farben, grün, blau, rot oder gelb angemalt) durch die Kanäle von Xocomilco fahren."

Man fährt nicht auf einem/einer Boot.
Trajinera wird übrigens SO geschrieben.
Wieso in buntesten Farben? Ist nur bunt zu unbunt?

"Ich fuhr ... durch die Kanäle von Xocomilco fahren." ... hä?
Xochimilco? Andere Schreibweise.

Bitte gerne ;)

 Der_Rattenripper meinte dazu am 14.09.20:
Danke für die Hinweise.

Schönen Gruß

Dein virtueller Verehrer.

 keinB antwortete darauf am 14.09.20:
Ich finde, du solltest Filme machen!

 Der_Rattenripper schrieb daraufhin am 14.09.20:
Filme nee danke, aber im Moment sind zwei Hörtexte geplant liebe K(l)einB.

Schönen Gruß

Der Rattenripper

 Augustus (14.09.20)
die Idee finde ich gut. Der Mix zwischen der Moderne und Phantastischem finde ich gewagt. Weniger gewagt wäre es gewesen, statt Puppen mit Bögen schießwütige Ureinwohner einzuführen, die Touristen jagen. So erinnert mich das ganze ein bissl an Chucky

 Der_Rattenripper äußerte darauf am 15.09.20:
Nee ich wollte mordende Puppen haben. Ja das ein wenig an Chucky erinnert ist richtig.

Schönen Gruß

Der Rattenripper
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