Im Land der gezogenen Wochen

Prosagedicht zum Thema Entwicklung(en)

von  Rahel

Dunkles Zimmer, fremdes Licht
Bademäntel der Angst.
Draußen rennen sie, aber
drinnen sind wir still
und dann
stiller am Morgen der Tat
als im schläfriger Saft
ich träume,  im rennenden Bett
an dir vorbei, nach unten
fährt man nur noch allein
bis dann
mit Aufleuchten und Piepen
und Schläuchen am Abend
Gesichtern am Glas und Tränen
ich  Schreie verschlafe  und träume
noch immer oh
traurige Mieter im Wartezimmer
der Welt sehnsüchtig trinkend mit
verlorenen Nachbarn den
Honigblütentee der Angst
wie Verdurstende, klagend
so fand ich euch dann
im Land der gezogenen Wochen
als der Tee endlich leer war
und sagte dann schaut doch
ich bins nicht, die haben mich damals aus
mir raus geschnitten.


Anmerkung von Rahel:

Text© Schaganeh Rahel Mertins, 11.11.2020

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (12.11.20)
Das Unwichtige zuerst: Das eingestelle Foto ähnelt mir auf eine beinahe beunruhigende Weise und zeigt mich, absolut detailgetreu (!), in jüngeren Jahren.

Dein Gedicht gefällt mir hervorragend. Auf den ersten Blick denke ich an Auschwitz und seine Gräuel.
Auf den zweiten an die aktuelle Situation - die" gezogenen Wochen", das gezogene Jahr, den "Honigblütentee der Angst", vielleicht auf einer Intensivstation ...

Die Form ist gut gewählt und auch der Klang (sorgfältige Auswahl der Endungen) lässt nichts zu wünschen übrig.

Liebe Grüße
der8.

 Rahel meinte dazu am 12.11.20:
Liebe AchterZweg,
ich weiß Deine Rückmeldung sehr zu schätzen und freue mich über das Kompliment zu Form und Klang, am meisten jedoch darüber, dass Gefühl und Stimmung scheinbar angekommen sind.

Lustig, dass wir uns ähnlich sehen, das höre ich nämlich wirklich sehr selten :)
Ich werde mich später auch auf deiner Seite umsehen!
Liebe Grüße

 HerrSonnenschein (12.11.20)
Ganz großes Kino! Da ziehe ich meinen Hut.

 Rahel antwortete darauf am 13.11.20:
Da geht bei mir tatsächlich die Sonne auf! Danke :)

 Ingmar (13.11.20)
"Dunkles Zimmer, fremdes Licht
Bademäntel der Angst."

Allein dieser Anfang, haikuhaft, ein Alptraum für sich.
Ich freue mich auf mehr zu lesen von Dir.

 Rahel schrieb daraufhin am 13.11.20:
Danke für Deine Rückmeldung, freue mich sehr das zu lesen und werde mich auch zwischen Deinen Texten umsehen. Liebe Grüße
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