Das zerbrochene Schwert

Erörterung zum Thema Zeichen

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
Nach der Königskrönung von Karl VII in Reims zog das französische Heer - mit dem König an der Spitze - nach Paris, der damals  schon wichtigsten Stadt des Landes. Hier stellten sich ihm die englischen Truppen unter dem Kommando des Grafen von Bedford entgegen. Es bahnte sich eine Entscheidungsschlacht an.
    In dieser Situation passierte Johanna ein Missgeschick. Als sie eine der Lagerdirnen verfolgte und sie dann mit der flachen Klinge schlug, zerbrach das Schwert. Was für ein Schock!
    Trotz erheblichen Bemühungen gelang es den königlichen Heeresschmieden nicht, es wieder zusammenzuschweißen. Als der König davon erfuhr, herrschte er Johanna an, warum sie zu dem Zweck keinen Stock genommen habe.
 
So viel Aufregung um ein zerbrochenes Schwert? Nun, es war ja nicht irgendein Schwert. Es war jenes Schwert, welches man auf vermeintlich übernatürliche Weise an einem geweihten Ort gefunden hatte:. Als man Johanna nun eine Waffenrüstung anfertigte, bestand sie auf ein Schwert, was in der Kapelle der heiligen Katherina befinden würde. So hätten ihr es die Stimmen gesagt. Man forschte nach dem Schwert und fand es tatsächlich eingegraben hinter dem Altar.  1
    In seiner Begeisterung über dieses vermeintliche göttliche Zeichen hatte Karl ihr eine kostbare Scheide zum Schwert geschenkt. Und nun war es so kurz vor einer entscheidenden Schlacht zerbrochen. Der König - und auch viele Soldaten - deuteten dies als ein schlechtes Omen.
    In der Tat ging die Schlacht um Paris verloren und Johanna, - die vorher so Erfolgreiche -,  errang mit ihrem Ersatzschwert bis zu ihrer Gefangennahme keinen einzigen Sieg mehr.

Gedankenimpuls:
Übernatürliche gewirkte Zeichen?
    Der ach so gebildete und aufgeklärte Mensch von heute mag mißbilligend seinen "oberschlauen" Kopf über so viel (vermeintlich) abergläubische Naivität schütteln.
  Aber hat er Recht?
Kam der magisch denkende, mittelalterliche Mensch nicht doch der  Wahrheit etwas näher? Bringen "Hamlets" Worte:

Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als uns die Schulweisheit glauben machen will!  2
die Sache nicht vielleicht zutreffender auf den Punkt?
    Ist nicht der vermeintlich "Dumme" in dieser Sache der "Verständigere"?


Anmerkung von Bluebird:


Teil 8 meiner analytischen Dokumentation des Lebens von Johanna von Orleans

1  S. 110 "Johanna von Orleans"  Edward Lucie-Smith
2  The Tragedy of Hamlet, 1. Akt, 5. Szene,

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Dieter Wal (31.05.21)
Weshalb sollte man nicht beides wahrnehmen? Rationale Interpretation, symbolische Betrachtungsweise. Die halte ich für ganz und gar nicht naiv.

Johanna ist ein wundervolles Thema. Denn es bleibt bis heute unklärbar, ob sie seelisch krank war und auch daran tragisch zugrunde ging, oder ist sie eine Heilige? Ich bin für beides.

Weshalb sollten seelisch bzw. geistig Kranke denn nicht auch heilig sein bzw. werden können?

Selbstverständlich muss sich das nicht gegenseitig ausschließen.

 Bluebird meinte dazu am 31.05.21:
Ein zerbrochenes Schwert ist etwas, was sicher zum Alltags(er)leben eines Ritters gehörte, es aber als ein schlechtes Omen zu werten, ist natürlich einem magischen Weltbild geschuldet.
Dies aber erscheint dem modernen und weitgehend naturalistisch geprägten Menschen von heute als lächerlicher Aberglaube. Ist es nicht so?

 Dieter Wal antwortete darauf am 31.05.21:
Mittelalterlichen Menschen musste man eher nicht symbolische Aspekte erklären, denn Schriftkommunikation war äußerst geringfügig verbreitet und daher sprachen die Menschen viel mehr miteinander und Lernen lief nicht ganz so verkopft ab wie in unserer durch Schulsysteme dankenswerterweise hochrationalisierten Zeit.

Auch heute wäre es für Atheisten unerfreulich, würden ihre Trauringe vor der Hochzeit verloren gehen, vom Blitz zerschmolzen oder mit der Planierraupe geplättet.

Symbolische Aspekte gelten für Religiöse wie Nichtreligiöse. Denn Symbolik ist die Sprache des Menschengeschlechts, nicht Deutsch, Griechisch, Türkisch oder Altphönizisch.

Antwort geändert am 31.05.2021 um 12:42 Uhr

 Graeculus (31.05.21)
Es ist schon erstaunlich, was sich alles so ereignet. Und speziell die Geschichte mit dem magischen Schwert läßt natürlich das Herz jedes Fantasy-Liebhabers höher schlagen.
Erstaunlicher ist aber doch noch, wenn Gott einen Menschen leibhaftig (ohne biologischen Tod) in den Himmel aufnimmt, wie es dem Propheten Mohammed geschehen ist, von Jerusalem aus.

 LotharAtzert schrieb daraufhin am 31.05.21:
Die ursprüngliche Antwort wurde am 31.05.2021 um 16:28 Uhr wieder zurückgezogen.

 Bluebird äußerte darauf am 31.05.21:
wie es dem Propheten Mohammed geschehen sein soll
Bei dieser Geschichte fehlen mir allerdings entsprechende historische Indizien!

 Graeculus ergänzte dazu am 31.05.21:
Fehlen dir schriftliche Berichte oder glaubwürdige schriftliche Berichte?
Letztere fehlen natürlich auch bei Jeanne d'Arc und dem magischen Schwert. (Du nennst überhaupt keine, sondern nur ein Buch der Sekundärliteratur.)

 Bluebird meinte dazu am 31.05.21:
Genau, ich mal davon aus, dass der genannte Autor da gut recherchiert hat.
Wobei ich ihn selber aber eher zu der "Fraktion der Skeptiker" zurechnen würde, was die übernatürlichen Deutungen angeht.
Er sucht da mehr nach natürlich-logischen Erklärungen.

 Graeculus meinte dazu am 31.05.21:
ich mal davon aus, dass der genannte Autor da gut recherchiert hat.
Wenn du diesen Glauben hast, solltest du ihn auch bei den Berichten aus anderen Religionen in gleicher Weise zugrunde legen. Oder alles gleichermaßen mit allen dir zur Verfügung stehenden Mitteln prüfen. Jede andere Einstellung wäre parteiisch und unplausibel.

 Bluebird meinte dazu am 31.05.21:
Ich würde von mir sagen, dass ich grundsätzlich gesehen Erfahrungsberichten - welcher Couleur auch immer -wohlwollend gegenüber eingestellt bin.
Wenn nicht ganz offensichtlich etwas dagegen spricht -wie beispielsweise im Falle von Yogananda und seinem Lahirigespräch - gehe ich mal davon aus, dass sich das geschilderte Phänomen/Ereignis auch zugetragen hat.
Die eigentlichen Probleme beginnen bei der Deutung, und da kann sich - aus meiner Sicht - keiner freimachen von seinem persönlichen weltanschaulichen Background.
Der fließt bei Deutungen immer mit ein.

 Dieter Wal meinte dazu am 01.06.21:
@ Graeculus:

"Erstaunlicher ist aber doch noch, wenn Gott einen Menschen leibhaftig (ohne biologischen Tod) in den Himmel aufnimmt, wie es dem Propheten Mohammed geschehen ist, von Jerusalem aus."

Wohl wahr. In der Baruch-Apokalypse, pharisäisch, gibt es eine schöne Stelle, alle sind wunderschön, wo beschrieben wird, wie ein Engel dafür sorgt, dass die Bundeslade vom Erdreich gefressen wird.

Der Autor wollte damit offensichtlich sagen, dass sie an unbekanntem Ort vergraben wurde, um nicht in Römerhände zu gelangen.

Und was die Himmelfahrt Mohammeds möglicherweise bedeuten könnte, würde ich an Deiner Stelle besser nicht als Roman gestalten, siehe Salman Rushdies Leben im Untergrund seit Erscheinen von 'Die Satanischen Verse'.

Antwort geändert am 01.06.2021 um 00:04 Uhr

 DanceWith1Life meinte dazu am 01.06.21:
meines Wissens nach waren hier beschriebenen Zeiten viel weniger Ratio.orientiert, schon interessant, wie das angewandt, gedeutet, mitunter ausgenutzt wurde.
Hat ja fast was von Voodoo, kannst du Voodoo, Birdy, oder wie weit geht dein Glaube?
Waren das nicht beides "Christen", also Engländer und Franzosen.
Wenn ja, was hat das dann noch mit biblischen Zeichen zu tun?
Also, irgendwo hat dieser "Glaube" seltsame Nebenwirkungen.

Antwort geändert am 01.06.2021 um 00:48 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 01.06.21:
"und da kann sich - aus meiner Sicht - keiner freimachen von seinem persönlichen weltanschaulichen Background. "
- dann hast du leider keine Ahnung von Vajrayana, Bluebird. Da wird weniger diskutiert und mehr praktiziert. Z.B. die Vajrasattva-Reinigungspraxis mit dem 100 silbigen Mantra. Du visualisierst den Buddha auf deinem Kopf und während du das Mantra sprichst, füllt dich dessen Lichtessenz völlig auf, während alle Unreinheit aus deinem Körper, Rede und Geist verschwindet. Das ist eine Kommunikation mit dem Unbewußten, über die wir nicht diskutieren können, weil das, was geschieht, jenseits von Ratio abläuft. Auch bedarf es im Vajrayana immer der Einweihung durch einen Meister in der entsprechenden Praxis. Wer diese Übungen nicht macht, kann auch nicht drüber reden, denn es geht um die Erfahrung der Transzendenz, nicht ums rationale Begreifen - also maße die kein voreiliges Urteil an.

 Bluebird meinte dazu am 01.06.21:
@Lothar

Wie ich schon sagte, ich bin voller gutmütiger Willigkeit geschilderte spirituelle Erfahrungen oder ungewöhnliche Geschehnisse zu glauben, aber bei der Deutung beginnt das Problem.
Z.B: Ist das Kundalini-Phänomen wirklich eine spirituelle Vereinigung mit dem Urgund, wie es hinduistischerweise gedeutet wird, oder geschieht da etwas ganz anders, was man nicht genau wissen/erkennen kann?

Antwort geändert am 01.06.2021 um 01:12 Uhr

 DanceWith1Life meinte dazu am 01.06.21:
dass bei Dir bei der Deutung das Problem beginnt, wissen wir, oder hältst Du uns nur für doof. Also diesen Punkt bei Jemand der sich so intensiv wie Lothar mit dem Buddhismus beschäftigt hat, auf diese Art zu erwähnen, grenzt an sehr ignorante Kommunikation.
Und da brauche ich Dir ja wohl nicht erzählen, wie das wirkt.
Warum ich das erwähne, um Dir eins reinzudrücken.
Sorry, eher nicht. Du hast dich schon öfter über Kommentare geäussert, sie wären, einmal nanntest Du es sogar "bashing", hallo Bluebird, zähl mal bitte eins und eins zusammen.
Wenn Du auf Kommentare ignorant reagierst, kriegst ignorante Kommentare. _nimm sie ernst und stell dich ihren Aussagen und ich wette, Wunder werden dir nicht klarer erscheinen.
Basta, da könnten wir, selbst wenn wir das wollten, nichts daran ändern, dein Spiel, lös es, oder lass es.
Willkommen im Club.
Immer diese Möchte-gern-Aussenseiter-PLattitüde vorschieben, im Gewand eines "höchsten-was-auch-immer",
das ist gruselig und sonst gar nichts. Von wegen religiös.

Antwort geändert am 01.06.2021 um 01:56 Uhr

 Bluebird meinte dazu am 01.06.21:
@Lifedancer

1. Ich habe Lothar bislang so verstanden, dass es "Momente der Klarheit" geben soll, die sozusagen eine Deutung überflüssig machen, weil die Sache eindeutig ist.
Auf einer subjektiven Ebene mag das auch so empfunden werden - man denke nur an mein "Wolkenerlebnis" -, auf einer objektiven Ebene geht es auch da nicht ohne Deutung ab.

Beispiel:
Mag eine entgrenzende Kundalini-Erfahrung auf einer subjektiven Ebene als "Vereinigung mit dem Urgrund allen Seins" empfunden werden, so ist es keineswegs sicher, dass es das auch wirklich ist.
Vielleicht ist es ja nur ein Erklimmen der ersten Sprosse auf einer "Himmelsleiter" von 100 000 weiteren Sprossen? Vielleicht ist ja auch mit diesem Erklimmen dieser ersten Leitersprosse schon Schicht im Schacht, das menschliche Maximum erreicht?
Vielleicht aber verhält es sich - objektiv gesehen -alles noch ganz anders. Wer weiß das schon so genau?

2. Was Johanna von Orleans angeht, so kommt in meiner längeren Artikelserie sehr wohl zum Ausdruck, dass ich zwar nicht ihr "geleitet sein durch Stimmen" , aber durchaus deren göttliche Beauftragung in Frage stelle.

Antwort geändert am 01.06.2021 um 08:11 Uhr

 DanceWith1Life meinte dazu am 01.06.21:
@Bluebird
die Frage wäre doch dann, ob du solche Momente kennst.
Wenn ja, weißt Du wovon er spricht, wenn nein, interessieren sie Dich?

 LotharAtzert meinte dazu am 01.06.21:
Bluebird, in meiner grenzenlosen Güte (das ist Ironie, in schlechten Zeiten muß man das wohl immer dazusagen) versuche ich es nochmal. Du sagst:
"Auf einer subjektiven Ebene mag das auch so empfunden werden - man denke nur an mein "Wolkenerlebnis" -, auf einer objektiven Ebene geht es auch da nicht ohne Deutung ab."
Damit hebst du immer wieder etwas Sekundäres in den Vordergrund. Das Erfahrene ist das Eigentliche, die "Interpretation" sei denen überlassen, die nicht über die Erfahrung verfügen, oder nach Erklärungen suchen. Ich will das Beschriebene noch um eine Nouance erweitern: Wenn einer das Mantra über Stunden rezitiert und irgendwann plötzlich aufhört ... schwingt es weiter. Alle Körperzellen, alle Empfindungen, alles verselbständigt sich und der Praktizierende erfährt das ganze Weltall als ein einziges Schwingen, welches erst mit der Zeit wieder den Weg aller Töne nimmt und verklingt (Klinge - Schwert etc.) darüber kann man reden, die Erfahrung ist ganz was anderes.

Übrigens eine ähnliche Erfahrung kann man durch Krankheiten machen. Als ich noch Kleintransporteur war, war ich manchmal bis zu 48 Stunden unterwegs, permanent Fahrgeräuschen ausgesetzt - und wenn ich dann, völlig erschöpft vor der Haustür den Motor ausschaltete, lief er im Inneren einfach weiter - bis in den abwechselnden hell-dunkel- Bereich im Rhythmus des Herzschlages.

Wer die Yogis und ihre teilweise "uralten" Praktiken aus anderen Zeitaltern geringschätzt, wegen irgenwelcher obskurer Vorstellungen davon, ist ein ungebildeter Narr, kein vergeistigter Mensch, egal wie tolerant er sich ansonsten im Leben aufführen mag.

 Bluebird meinte dazu am 01.06.21:
@LifeD.

1. Ich denke schon, dass ich so etwas wie spirituelle "Entgrenzungserfahrungen" genacht habe ... manchmal im Gebet, wenn plötzlich der Himmel offen zu stehen scheint! Man sich in einen höheren Wirklichkeit geborgen fühlt!
Letzteres kann auch in einer Alltagssituation geschehen!

2. Yoga-erfahrungen habe ich persönlich keine, so wie ich auch keine schamanististischen oder animistischen Trance-Erfahrungen habe.
Aber ich studiere mit Interesse entsprechende Literatur!

3. Ich kann mich da nur wiederholen: "Ich stelle im Normalfall nicht die geschilderten Ereignisse in Frage, übernehme aber nicht unbedingt die internen Deutungen!"

 Bluebird meinte dazu am 01.06.21:
@Lothar

Noch einmal: "Ich stelle nicht die gemachten Yogierfahrungen in Frage!"
Aber:
der Praktizierende erfährt das ganze Weltall als ein einziges Schwingen,
ist eine subjektive Empfindung. Die ich natürlich auch gelten lasse.
Ob es aber - in einem objektiven Sinne - auch wirklich eine "Weltall-Erfahrung" oder aber eine subjektive , vielleicht fehlerhafte Deutung eines anderen, unbekannten Vorganges ist, müsste auch der Yogi redlicherweise offenlassen. ( conditio humana: Die Möglichkeit des Sich-Irrens)
So wie ich - objektiver Weise - offenlassen muss, ob die Jesus-Wolken wirklich gottgewirkt waren. Es ist lediglich meine Deutung, wenn auch eine recht naheliegende!

Antwort geändert am 01.06.2021 um 10:17 Uhr
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