Eine späte Umkehr

Anekdote zum Thema Zeichen

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
Ich hatte einige schöne Sommertage in Königswinter am Rhein zugebracht. Nun hatte ein Blick in meine Urlaubskasse mich davon überzeugt, dass es Zeit für die Heimreise war. Ich hatte den Schlüssel meines kleinen Pensionszimmers abgegeben, mein Gepäck aufs Fahrrad geladen und ging nun zum letzten Mal die kleine Gasse mit dem Namen "Hauptstrasse" entlang.
    Ich wußte den Drachenfels in meinem Rücken, aber ich drehte mich nicht noch einmal um. Denn ich ahnte jetzt schon wie ich sehr den Blick auf diesen mystischen Berg vermissen würde, der mir in den zurückliegenden Tagen so vertraut geworden war.
    Auch mied ich den Gedanken an die Rheinfähre, die mich jeden Morgen auf die andere Rheinseite nach Bad Godesberg gebracht hatte. Dort liefen in der Stadthalle immer noch die "Europäischen Go-Meisterschaften", die ich täglich besucht hatte. Eigentlich wäre ich gerne noch etwas länger geblieben, aber wie gesagt: Die Urlaubskasse ....

Gegen 14 Uhr hatte ich Köln erreicht, wo eigentlich eine Übernachtung eingeplant war. Aber irgendwie war ich in einer schlechten Stimmung. Nach den ruhigen stillen Tagen im beschaulichen Königswinter ging mir der Lärm und die hektische Betriebsamkeit der Rheinmetropole ziemlich auf die Nerven und so entschloß  ich mich ohne Halt nach Düsseldorf, meiner Heimatstadt, weiterzufahren.
    In Köln-Mülheim überlegte ich kurz, ob ich nicht vielleicht doch besser umkehren und in Köln bleiben sollte. Ich fühlte mich nicht gut und der Weg war noch weit. Aber ich hatte es mir nun einmal in den Kopf gesetzt und so fuhr ich weiter,  das Ziel "Düsseldorf" nun fest entschlossen anvisierend.
 
Etwa gegen 17 Uhr hatte ich Monheim erreicht.  Noch etwa 20 Kilometer und dann würde ich endlich zuhause sein. Plötzlich kam mir ein Gedanke in den Sinn:: Ach komm, schau dir doch mal Monheim an. So schnell kommst du vielleicht nicht wieder hierher Die mittelalterlich wirkende Rheinmauer sah jedenfalls recht vielversprechend aus.
  Ich hatte gerade das Stadtzentrum erreicht, als auf einmal neben mir ein Handy klingelte. Ein junger Mann hatte es auch direkt am Ohr und ich hörte ihn sagen. "Ja, ich bin gerade in Monheim. Aber ich fahre gleich nach Köln zurück!"
    Der Satz traf ungefiltert mein Innerstes. Augenblicklich wußte ich, dass dies eine Botschaft für mich war. Geschockt stellte ich mein Fahrrad ab und begann nachzudenken: Das kann doch wohl jetzt nicht wahr sein. Ich habe etwa 80 Kilometer in den Knochen. Und jetzt soll ich zurück nach Köln? Ich bin fix und fertig!
  Aber ich wußte, dass dies ein "Reden Gottes" gewesen war, und es besser war darauf auch zu hören.  Stinksauer wendete ich mein Rad und fuhr Richtung Köln zurück.
    Obwohl sich meine Wut noch eine ganze Weile hielt, setzte recht schnell das gute Gefühl der Richtigkeit ein. Und plötzlich begriff ich, dass meine vorherige schlechte Laune ein Gutteil schlechtes Gewissen gewesen war. Ich hatte die ganze Zeit gegen mein inneres Gefühl gehandelt.

Als ich am frühen Abend Köln erreichte, war ich erschöpft und erleichtert zugleich. Ich mietete mir ein Zimmer in einem Backpacker-Hostel und machte noch einen Abendspaziergang. Als ich gerade über die Domplatte ging, hörte ich einen jungen Mann zu seiner Freundin sagen: "Nach Bad Godesberg fährt eine S-Bahn. Die werde ich morgen nehmen!"
  Wiederum geschockt blieb ich stehen. Eine neue Botschaft für mich? Soll ich jetzt auch noch nach Bad Godesberg zurück? Ist am Ende vielleicht meine ganze Abreise verfrüht gewesen? fragte ich mich niedergeschlagen.
    Tatsächlich fuhr ich am nächsten Tag noch einmal – mit der Bahn – nach Bad Godesberg zurück und verbrachte dort den ganzen Tag auf dem Go-Turnier. Es wurde ein richtig schöner Tag, und als ich mich am Abend von allen Bekannten verabschiedet hatte und am Godesberger Bahnsteig auf meinen Zug wartete, spürte ich innerlich, dass jetzt alles rund war. Die Sache nun wirklich abgeschlossen war.

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Dieter Wal (24.05.15)
Man muss angemessen kreativ sein, um Aussagen fremder Menschen an andere auf sich zu beziehen, und ihnen die Bedeutung eines persönlichen Gotteswortes zuzugestehen. Im Endergebnis fährt man sicher, falls man nicht dummerweise in einer solchen Phase es einem Psychiater erzählen würde in Verbindung mit Suizidankündigung bzw. Androhung körperlicher Gewalt gegen andere, sehr gut damit und macht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dabei hervorragende Lebenserfahrungen.

Denn nicht die Frage, warum man reist oder wohin, ist entscheidend, sondern dass man sich von A nach B bewegt, und seine Perspektiven wechselt, die meist engeren Horizonte beständig erweitert.

DAS ist wichtig. :)

Frohe Pfingsten, mein Bruder!
(Kommentar korrigiert am 24.05.2015)
(Kommentar korrigiert am 24.05.2015)

 Bluebird meinte dazu am 24.05.15:
Danke, Dieter, auch dir alles Gute!... Dein Kommentar gefällt mir recht gut!

 Dieter_Rotmund (25.05.15)
Nicht schlecht, ich würde das Ganze noch satirisch überhöhen ("...ich sah eine Werbung für FERTIGPIZZA und musste laut diesem Gottesbefehl sofort nach Italien, kam aber nur bis Montabaur. wo ein türkischer Friseur aus seinem Laden heraus auf die Straße rief, dass...."), dann wird es rund!

 Dieter Wal antwortete darauf am 26.05.15:
Stimmt. Etwas weniger berichtartig, obwohl mir das Anekdotische darin stilistisch gut gefällt, es hat seinen ganz eigenen Ton und seine Farbigkeiten, wäre ein Schuss mehr Ironie bei einem solchen Thema genau das Richtige.

 tigujo schrieb daraufhin am 15.10.21:
Oh ja, und der Friseur riefe dann, vergesst  Wirges - das ist nicht mein Mittelzentrum, und die Geschichte wird weitergeflochten, so nach Art  "Jacques der Fatalist und sein Herr", wo alles  "da oben geschrieben steht".

Aber ich weiß nicht, irgendwie fühle ich, Bluebirds LitIch meint es nur halb satirisch, aber ich kann mich irren.

 tigujo (15.10.21)
Mir ist schon einmal Ähnliches passiert. Genaugenommen recht oft, wenn man so will, hab aber alles dem Zufall zugeschrieben, oder vielleicht besser, mit Zufall abgetan.

Wenn ich jetzt daran denke, muss ich sagen, das Gefühl von besonderer Richtigkeit habe ich dabei eigentlich nie gespürt, vielleicht gerade deswegen. Aber das Gefühl der Unrundheit irgendwie auch so gar nicht.

Was ich glaube: Der Zufall ist ein Hund - meist fällt er mir ja gar nicht auf, und wenn doch einmal, frag ich mich immer, ich zweifle sogar, ob es wirklich tatsächlich bloß rein Zufall sein kann und so. Aber letztlich glaub ich trotzdem, es war bloß Zufall. Wenig tröstlich, ich weiß.

lg tigujo

 Bluebird äußerte darauf am 15.10.21:
Lieber tigujo,
ich habe schon vor meinem Christsein (ab 1985) einige Dinge erlebt, von denen mir klar war, dass sie mehr als nur ein Zufall waren. Ich hatte es aber nicht einordnen können und schnell wieder ad acta gelegt.

Was ich aber in den letzten 36 Jahren erlebt habe, ist so unfassbar viel Gefügtes, dass für mich nicht der allerkleinste Zweifel daran besteht, dass es color=brown]göttliche Lenkungen[/color] gibt. Hier ein kleines Beispiel:  Nur ein Zufall?
Natürlich haben solche Geschichten keine objektive Beweiskraft, für mich persönlich aber schon ... wenn ich sie mitteile, so möchte ich sie als Hinweise verstanden wissen. Was dann jemand draus macht, bleibt selbstverständlich ihm selber überlassen.

Antwort geändert am 15.10.2021 um 15:31 Uhr
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