Norwegen: Covid47

Historisches Drama zum Thema Ehrgeiz

von  Terminator

Als Harald Norwegen einte, einer von den Drontheimern, die bei Skandinaviern so verhasst waren, wie die Sachsen bei Gott und den Menschen, war das Land eine nordische Großmacht. In der späten Wikingerzeit entdeckten die Norweger Nordamerika. Mit und gegen die Dänen kämpften sie um die Britischen Inseln. Doch bevor wir zu den Entdeckern des Nord- und Südpols kommen, müssen wir über Inzidenzen sprechen.


Eine Inzidenzzahl von 35 (oh, gefährlich!) bedeutet, dass im gegebenen Zeitraum 35 von 100000 Menschen infiziert sind. Bei einer Schluckauf-Inzidenz von 100 hat ein Promille der Bevölkerung Schluckauf. Eine Antisemitismus-Inzidenz von 1000 bedeutet, dass 1000/100000, also genau 1% der Bevölkerung im gegebenen Zeitraum Antisemiten sind. Wenn jeder 10-te eine Grippe hat (was in der Wintersaison manchmal der Fall ist), beträgt die Inzidenz schockierende 10000. Und nun verspreche ich, nicht mehr über Inzidenzen zu reden, sondern über Hospitalisierungsquoten und Sterbezahlen.


Am malerischen Yssykköl-See im heutigen Kirgisien war für die Pest am Anfang des 14. Jahrhunderts das, was für die heutigen Coronaviren Ende 2019 Wuhan war. Globalisierung war noch nicht, Menschen und andere Krankheitserreger verbreiteten sich langsam. Aber 1347 war der Beginn einer globalen Pest-Pandemie. In Norwegen überlebten diese Pandemie nur 35-40% der Bevölkerung. Eine Gesamtsterbeinzidenz von 60000 bis 65000. Klar gab es auch Masken (diese lustigen Vogelmasken), Lockdowns (von deren italienischer Namensgebung sich das heutige Wort Quarantäne ableitet) und eine Art Behandlung (das war dann eher der Aderlass als die Impfung). Der Erfolg war bescheiden. Nur in unwegbaren Gegenden, wo die Pest nicht ankam, kam es nicht zum Massensterben.


Zeitsprung zu den Helden meiner Kindheit: Amundsen gegen Scott. Der Norweger erreichte 1911 als erster Mensch den Südpol. Scott died trying. Nansen sah aus wie Ragnar, erforschte die Arktis und bekam 1922, vor 100 Jahren, den Friedensnobelpreis für Flüchtlingshilfe. Eine Generation später durchquerte Heyerdahl mit einem Floß den Pazifik. Heute ist Norwegen das Land mit dem höchsten Lebensstandard (HDI) und der nachhaltigste Staat der Welt (zweitniedrigster FSI plus zufriedenstellendste wirtschaftliche Selbstgenügsamkeit). Das Schicksal hat verhindert, dass Norwegen um die Weltmacht kämpfen konnte. Gut für Norwegen.



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Kommentare zu diesem Text


 FrankReich (11.02.22, 07:46)
Häh, seit wann gibt es denn noch andere Krankheitserreger als Menschen? 👋😂

Ciao, Frank

 Terminator meinte dazu am 11.02.22 um 19:53:
Es gibt keine! Mein Fehler.

 loslosch (11.02.22, 09:41)
entbehrt nicht der logik.

"... Und nun verspreche ich, nicht mehr über Inzidenzen zu reden, sondern über Hospitalisierungsquoten und Sterbezahlen."

und auch nicht über long covid!

ps:unwegbaren -> unwegsamen

 Tula antwortete darauf am 11.02.22 um 09:50:
Moin
Das Schicksal brachte Norwegen Erdöl und -gas. Ich lese gerade, dass die zusammen 70% des Exports ausmachen. Davon hätten Ragnar und Co bei ihren grausamen Plünderungen nur träumen können  ;)

LG
Tula

 Terminator schrieb daraufhin am 11.02.22 um 19:52:
Öl und Gas sind oft Ursache von failed states. Entwicklung hört auf, die Eliten beuten die Ressourcen aus und zahlen der Bevölkerung Schweigegeld.

 Tula äußerte darauf am 11.02.22 um 21:06:
da hast du vollkommen recht, good point, wie wichtig eben doch eine gut funktionierende Demokratie ist
Tula
Ferdi (70)
(11.02.22, 13:12)
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 Terminator ergänzte dazu am 11.02.22 um 19:47:
"Sachsen, verhasst bei Gott und den Menschen" ist eine Anspielung auf den frühmittelalterlichen Historiker Beda Venerabilis.
Ferdi (70) meinte dazu am 12.02.22 um 11:55:
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 Terminator meinte dazu am 13.02.22 um 06:07:
Ich habe im ersten Absatz keine Jahreszahlen genannt, weil der zweite Absatz zahlenüberfrachtet ist; die Anspielung sollte eine Vorstellung von der beschriebenen Zeit geben.

 Graeculus (11.02.22, 15:52)
Norwegen, so las ich kürzlich, führt auch den Welt-Demokratrie-Index an, gefolgt von Finnland und Dänemark - diese Skandinavier!
Am Ende: Nordkorea, Myanmar und Afghanistan.

Es ist etwas Wundersames um Norwegen. Mir aber zu kalt.
Was nicht heißt, daß ich nach Myanmar wechseln möchte, bloß weil es da wärmer ist.

 Terminator meinte dazu am 11.02.22 um 19:50:
Schöne Landschaft ist womöglich wichtiger als Weltherrschaft. Auch das Glück der Länder kommt von innen.

 Verlo (12.02.22, 14:36)
Graeculus:

Norwegen, so las ich kürzlich, führt auch den Welt-Demokratrie-Index an, gefolgt von Finnland und Dänemark - diese Skandinavier!

Wer auch immer diesen Index ermittelt, hat vielleicht die Aufgabe, die westliche Demokratien zu preisen ...

Die Norweger sind nicht so zufrieden wie es dieser Index vermuten lassen würde.

Daß das Leben in Norwegen angenehmer als in Deutschland ist, hat andere Gründe.

Übrigens: in Berlin ist es im Winter oft kälter als zB in Stavanger.

Kommentar geändert am 12.02.2022 um 14:54 Uhr

 Terminator meinte dazu am 13.02.22 um 06:08:
Hundert Kronen, dass die Norweger zufriedener mit ihrem eigenen Land sind als die Deutschen!

 Verlo (12.02.22, 14:59)
Terminator:

Schöne Landschaft ist womöglich wichtiger als Weltherrschaft. Auch das Glück der Länder kommt von innen.

Und nicht zu viele Menschen pro Fläche: in den großen Städten Norwegens gibt es die gleichen Probleme wie in allen großen Städten.

 Terminator meinte dazu am 13.02.22 um 06:11:
Bock auf Oslo hält sich bei mir in Grenzen. Die Kleinstädte, und zwar weiter im Norden, will ich gern bereisen, irgendwann man im Spätsommer.

 Verlo meinte dazu am 13.02.22 um 09:37:
Am besten ist der Sommer. Im Spätsommer kann es schon Herbststürme geben.

Norwegen ist auch im Süden schön, vor allen Dingen wärmer als im Norden.

Und auch im Süden ist es sehr einsam.
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