Ziehen wie ein Zugvogel

Wie einen altgedienten Zugvogel zog es ihn in die Ferne. Es war Spätsommer, und ein starke Unruhe machte sich in ihm breit. Nicht daß es ihm mißfallen hätte, wo er war – sein Zuhause doch immerhin. Aber es war Zeit für einen Wechsel. Einen endgültigen? Nein, er käme ja wieder zurück. Doch jetzt mußte er sich auf einen Zug in die Fremde begeben.

Hatte er Angst, machte er sich Sorgen um die Unwägbarkeiten des Unterwegsseins in seinem Alter? Die Massen der anderen auf dem Weg? Die Probleme, die richtige Richtung zu finden und die Orientierung nicht zu verlieren? Die unvermeidlichen Verspätungen und Verirrungen? Er unterschätzte diese Gefahren nicht, und er wußte durchaus nicht, ob er ihnen noch gewachsen war. Aber aufgewogen wurden all diese Befürchtungen durch die Sehnsucht nach der Ferne und all den Begegnungen, die ihn dort erwarteten.

Man warnte ihn sogar vor der Möglichkeit, sich unterwegs mit irgendeiner Krankheit zu infizieren. Doch er ließ sich durch solche Bedenken nicht von seiner Entscheidung abbringen: er mußte hinaus, er mußte sich auf den Weg ins Ungewisse machen. Risiken einzugehen, hielt ihn lebendig.

Und so stieg er an dem festgesetzten Tag in den Zug, um nach Werdau zum Jahrestreffen des keinVerlags zu fahren. Er würde es nicht bereuen.