Müde

Hermetisches Gedicht zum Thema Lebensbetrachtung

von  LotharAtzert


Müde bin ich, schließ die Augen,

ob sie noch ein Weilchen taugen,

ach, ich hab die Zeit verschwendet,

wo der Schicksalslauf noch wendet.

 

Hab gelesen, selbst geschrieben,

damit manchen Trieb betrieben,

freilich jetzt ist jedes Treiben,

nur noch aneinander reiben.

 

Müde bin ich, schließ die Augen,

 ob die Klappen noch was taugen.


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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (05.08.22, 14:54)
Verstehe ich, ebenso müde. Manchmal taugen sogar die Klappen nicht mehr; da bräuchte es Klappen für die Gedanken ... oder einen Schuß vom alten Kampfesmut.

 LotharAtzert meinte dazu am 06.08.22 um 09:02:
Also dein Kommentar mit Empfehlung und Lieblingstext hat mich sprachlos gemacht im besten Sinne des Wortes. Offenbar empfinden wir bezüglich des Gedichtes ganz ähnlich.
Herzlichen Dank

 Graeculus antwortete darauf am 06.08.22 um 13:11:
Es hat mich spontan angesprochen. Ob wir tatsächlich ähnlich empfinden, da bin ich mir angesichts Deiner Antworten auf die anderen Kommentare jetzt nicht sicher. Es ist wenig Neugier übriggeblieben bei mir - angesichts des durchweg als unangenehm empfundenen Neuen, das sich derzeit ereignet. Bin ich neugierig, ob es nun auch um Taiwan einen Krieg geben wird? Mir scheint, da ist Neugier das falsche Wort.
Ob das nur eine vorübergehende Phase ist, wird sich zeigen.

Übrigens, den Hölderlin mögen wir ja beide:

April und Mai und Junius sind ferne.
Ich bin nichts mehr, ich lebe nicht mehr gerne.
(ein sehr spätes Gedicht von ihm)

 Graeculus schrieb daraufhin am 06.08.22 um 13:12:
Daß dieser Text von Dir ein so großer Erfolg ist, freut mich.

 LotharAtzert äußerte darauf am 06.08.22 um 13:42:
Ja, man sollte nicht undankbar sein.
Aber Erfolg ist mir suspekt. Vielleicht, weil ich die Folgen fürchte, keine Ahnung.
Wie heißt's: "Erfolg macht sexy". Ja damals war ich schon wenig erfolgreich und hab mir mit dem Haßkopp gesagt: "Euch werd ichs noch zeigen". Da war Haß lange ein Antrieb.
Aber jetzt ...

Alles Dasein ist leidvoll - Theravada - können wir uns darauf verständigen?

 Graeculus ergänzte dazu am 06.08.22 um 14:11:
Laß Dich durch meine Freude an Deinem Erfolg nicht irritieren.

Da, wo ich mal einen - mäßigen - Erfolg hatte im Leben, hat mich immer das Gefühl begleitet, die Leute müßten mich mißverstanden haben.

Haß.
Dazu weißt Du alles (vermutlich besser als ich), dazu brauche ich nichts zu sagen.

Zum Charakter des Daseins haben wir haben wir ja schon verschiedentlich Zitate ausgetauscht ("Gleichnis vom Kot" und so). Ich habe nicht den Eindruck, daß es da eine grundlegende Meinungsverschiedenheit zwischen uns gibt. Ich bin das halt, biographisch bedingt, von einem anderen Deutungsrahmen her angegangen. Speziell habe ich Schopenhauer vor Buddha kennengelernt.

 LotharAtzert meinte dazu am 06.08.22 um 14:57:
Da, wo ich mal einen - mäßigen - Erfolg hatte im Leben, hat mich immer das Gefühl begleitet, die Leute müßten mich mißverstanden haben.
Für diese Worte würde ich jetzt gern ein "Lieblingstext" vergeben.

 Graeculus meinte dazu am 06.08.22 um 15:04:
Hast Du mich jetzt mißverstanden?
Nein, das war nur ein Scherz. Ich spüre, daß wir uns da genau verstehen.

(Mißverstanden hast Du mich einst, als Du dachtest, ich gehörte zu den "Offiziellen". Ich war nie etwas anderes als ein Außenseiter - was ja nicht bedeutet, daß alle Außenseiter einer Meinung wären ... dann wären sie keine Außenseiter.)

 Graeculus meinte dazu am 06.08.22 um 15:13:
Vielleicht bin ich Außenseiter innerhalb einer Szene, der gegenüber Du Dich ganz als Außenseiter verstehst. Sozusagen das schwarze Schaf in einer Herde, zu der Du überhaupt nicht gehörst (sondern zu einer anderen?).
Das ist nur ein spontaner Einfall von mir bei dem Versuch herauszufinden, wo die Gemeinsamkeiten und wo die Unterschiede liegen.

 LotharAtzert meinte dazu am 06.08.22 um 15:29:
Ich weiß nicht, ob ich zu lange in der inneren Sonne war, aber das klingt gut. Find's raus und teil's mir mit, ich mach derweil Siesta.

(Schrecklich das mit der Eintracht gegen Bayern gestern, oder?)

 Graeculus meinte dazu am 06.08.22 um 15:53:
Schrecklich für mich als Nicht-Hessen insofern, als sich wieder eine Saison ankündigt, in der Bayern im Alleingang zur Meisterschaft marschiert.

(Auch meine Mannschaft, eine Liega tiefer, hat verloren.)

 LotharAtzert meinte dazu am 06.08.22 um 16:12:
Heidenheim? - Das würde schon vom Wort her zu dir passen.
Und ich war immer ein Marc Scnatterer-Fan früher - nicht nur, aber auch wegen des Wortes.

 Graeculus meinte dazu am 06.08.22 um 16:22:
Ich habe das so verstanden, daß Du als Hesse für Eintracht Frankfurt bist.
Ich bin aus Düsseldorf --> Fortuna Düsseldorf. Mein Vater hat mich dazu gebracht. Fortuna, damals eine große Mannschaft, heute lernt man da leiden.

(Immerhin ist Fortuna eine heidnische Göttin.)

Fußball ist, so meine ich, eine Art Eingeständnis, daß man auch nur ein Mensch ist.

 LotharAtzert meinte dazu am 06.08.22 um 16:37:
Ach, Düsseldorf, das ist natürlich tragisch. Mein Beileid. Auch nur ein Mensch, das könnte passieren.

 AZU20 (05.08.22, 17:27)
Bloß nicht aufgeben. LG

 LotharAtzert meinte dazu am 06.08.22 um 09:05:
Das wird nicht passieren, Armin, dazu gibt es immer wieder zuviel neues zu erfahren. Die Müdigkeit ist eine echte Herausforderung.
Auch dir vielen Dank

LG
Lothar

 EkkehartMittelberg (05.08.22, 18:07)
Ein gutes, ehrliches Gedicht.
Es gibt unterschiedliche Formen der Müdigkeit.
Ich beobachte an mir, dass ich schneller ermüde, aber keine Müdigkeit im Sinne von Überdruss, die ich auch dir nicht unterstelle. Ich bin immer noch sehr neugierig.

LG
Ekki

 LotharAtzert meinte dazu am 06.08.22 um 09:21:
aber keine Müdigkeit im Sinne von Überdruss
- genau so ist es. Neugierig, ja! Und was früher eher lästig empfunden, durchrationalisiert wurde, um schnellstmöglich zur Muße zu gelangen, bietet ein weites Übungsfeld: jede Tätigkeit ist es wert, bewußt und damit achtsam begangen zu werden. Keine Werten mehr. Wenn ich die Federn des Kopfkissens aufschüttel, bin ich inzwischen genauso achtsam, wie jetzt hier beim schreiben.


In einer japanischen Schrift las ich mal, daß die Müdigkeit der gefährlichste Feind des Bushidos sei. Gegen alles andere kann man sich wehren, gegen diese aber kann man nur verlieren.

Vielen Dank und liebe Grüße
Lothar

Antwort geändert am 06.08.2022 um 09:23 Uhr

 Quoth (05.08.22, 20:46)
Lieber LotharAtzert, eine gottlose Variation auf Luise Hensels berühmtes "Nachtgebet" setzt Du mir da vor:

Müde bin ich, geh zur Ruh,
Schließe beyde Aeuglein zu:
Vater, laß die Augen dein
Ueber meinem Bette seyn!

(...)
Ja, solche Stimmungen habe auch ich manchmal.

"Damit manchen Trieb bedient" wäre mir sprachlich lieber. Einen Trieb betreiben - wie geht das? Reimzwang? Gruß Quoth

Kommentar geändert am 05.08.2022 um 20:47 Uhr

Kommentar geändert am 05.08.2022 um 20:49 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 06.08.22 um 09:37:
Lieber Quoth, vorsetzen wollt ich dir's nicht, sondern nur dem kV-Volke zur Erbauung anbieten.
Ja, ich zögerte etwas, aus dem Grund, den du mit Luise Hensel anführst. Aber immerhin gibt es kein Monopol auf Gedichtsanfänge - und zum Plagiatvorwurf reichts auch nicht.

Auch beim "Trieb betrieben" zögerte ich. Aber zum einen muß es wegen des Folgenden so bleiben und zum anderen ist es so, daß der Trieb nicht nur das Getriebene treibt, sondern auch wir selbst mit dieser austreibenden Kraft dies und das zu treiben vermögen. Dichterische Freiheit ;) 

Herzlichen Dank und Gruß
L.
Adrian (47)
(05.08.22, 21:01)
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 LotharAtzert meinte dazu am 06.08.22 um 09:45:
Manchmal, nur manchmal noch.

 TassoTuwas (06.08.22, 00:11)
Die Herzklappen??

 LotharAtzert meinte dazu am 06.08.22 um 09:43:
Augen-, Herz-, Scheuklappen, sowie umgangssprachlich den Mund  :pouty:

 Regina (06.08.22, 08:14)
Das geht noch zwanzig Jahre.

 LotharAtzert meinte dazu am 06.08.22 um 09:49:
Oh! Sicher??
Manchmal, wenn ich abends die Zeit verpasse, wälze ich den Körper mehr ins Bett, als daß ich ihn tänzelnd dorthin bringe.
Ja, die Ästhetik ist längst verflogen ...
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