Mein PC lebt

Satire zum Thema Charakterisierung/ Charakteristik

von  uwesch

Ich muss der Behauptung widersprechen, dass PCs keine Gefühle haben. Einige dieser Spezies scheinen recht fiese heimtückische Kisten zu sein. Meiner stürzt manchmal, natürlich inmitten einer wichtigen Arbeit oder in einem tollen Spiel, unvermittelt ab. Selbstverständlich habe ich gerade mal nicht zwischendurch meine Arbeit abgespeichert und muss alles noch einmal schreiben. Oder beim Spielen alle Level neu durchackern. Einige PCs, vor allem wenn sie mit dem Internet kommunizieren, scheinen sich auch gerade dann, wenn man es eilig hat, viel Zeit mit der Ausführung der Befehle zu lassen. Aber das liegt dann meistens an dem Kasten, der sich Modem oder Router nennt. Und, wie sollte es anders sein, wenn man alle Zeit der Welt hat, erledigen sie ihre Aufgaben ruckzuck.

 

PCs haben, genau wie wir auch, Sympathien und Antipathien. Wenn ihnen der Anwender nicht gefällt, spinnen sie. Ich habe öfters erlebt, dass ein Anfänger mit derselben Befehlsfolge, die später ein erfahrener Anwender durchführte, nicht zum Ziel gelangte, sondern nur eine idiotische Fehlermeldung auf den Bildschirm bekam. Dagegen führte der PC den Befehl beim erfahrenen Anwender ohne Beanstandung aus. Der Anfänger bekam dann natürlich zu hören, er hätte keine Ahnung. Schließlich dürfte der PC als rein logisch arbeitende Maschine nicht solche Zicken machen. Er kenne ja auch keine Gefühle. Ich bin mir da aber nicht so sicher. Ich weiß von vielen Menschen, die mit Maschinen gearbeitet haben, dass sie der Ansicht sind, dass jede Maschine einen eigenen Charakter hat. So z.B. die Maschinisten auf den älteren Schiffen oder Lokführer, die behaupten dass eine Lok faul ist und dass man der anderen gut zureden muss, damit sie ordentlich fährt.

 

Komischerweise weigern sich die PCs manchmal ohne ersichtlichen Grund, ein bestimmtes Programm auszuführen oder ein bestimmtes Gerät zu erkennen. Mein PC macht manchmal Trouble mit dem Drucker. Eben hat er noch ohne Probleme gedruckt und jetzt erscheinen Meldungen wie ´kein Drucker`, obwohl niemand an den Steckern war und diese fest sitzen. Und er weigert sich nach einigen Versuchen immer noch zu drucken. Erst nach einem Neustart kommt der PC zu der Einsicht, dass ein Drucker angeschlossen ist. Nun druckt er anstandslos und ohne die Fehlermeldung. Was soll man dazu sagen? Vielleicht sind Persönliche Computer eben doch sehr persönlich.

 

Eine Freundin erzählte mir, dass ihr PC oft beschließt das Verschieben von Dateien oder ganzen Ordnern durch ´Anklicken und mit der Maus rüber ziehen` zu verweigern. So entsteht dann auf Dauer ein heilloses Chaos auf ihrem Plattenspeicher, das sie nach einiger Zeit nicht mehr überblickt. Aber ich denke das ist wohl eher eine Unsicherheit im Umgang mit ihrem System von Ordnung. Manche Menschen können ihre Papiere ja auch nicht in konkret realen Ordnern logisch sinnvoll speichern und finden dann nie was sie suchen.

 

Mein liebstes Tun am PC ist das Spielen. Manchmal sitze ich bis morgens um Drei und kann dann leider vor lauter Augenflimmern nicht mehr weiterspielen. Neulich hatte ich in den unruhigen Resten meiner Nacht sogar einen Alptraum. Ich schaltete meinen PC an und der Monitor blieb schwarz. Ich testete, ob er Strom hat. Die Kontrollleuchte brannte. Ich hörte auch wie der PC ganz normal hochgelaufen war. Ich schaltete den Monitor wieder aus und dann wieder ein. Dieses wiederholte ich mehrere Male. Plötzlich explodierte er. Das ganze Zimmer stand in Flammen. Ich wollte warten bis sie sich legen. Aber es brannte immer weiter. Mein Kopfkissen fing Feuer. Ich träumte zu verbrennen und im Himmel wieder aufzuwachen. Plötzlich hörte ich meine Frau rufen: „Wach auf! 7 Uhr! Du musst zur Arbeit!“ Ich schaute mich um. Keine Flammen, alles nur ein Traum.

 

Nach einer langen Samstagnacht – ich saß wieder zu lange am PC - wurde ich durch ein helles strahlendes Etwas aus dem Schlaf gerissen. Dachte ich jedenfalls. Mein erster Gedanke war: ´Ich muss zur Arbeit`. Ich schaute aus dem Fenster und sah etwas Glänzendes am Himmel. Es war kein UFO, sondern die suchtmachende Spiele-DVD. Jeder, der diese verwendet, wird in ihren Bann gezogen und landet schließlich direkt in einem PC-Spiel.

Ich versuchte die DVD aufzuhalten, doch sie flog direkt auf mich zu. Sie zerschmetterte mein Fenster und das Laufwerk meines Computers öffnete sich wie von Geisterhand gesteuert, so dass sie einen idealen Landeplatz vorfand. Ich wollte noch den Strom abschalten, um den PC totzulegen. Es war zu spät. Bevor ich mich versah lief schon das erste Spiel. Wie in Trance wurde ich davon angezogen. Ehe ich mich versah, stand ich mittendrin. Ich kam nicht klar mit den Anforderungen, die das Spiel an mich stellte. Bei den Schießereien war ich immer der Verlierer. Ich versuchte mit aller Kraft mich daraus zu befreien. Alles, was mich jetzt noch retten konnte, war ein Kurzschluss. Doch wie sollte ich einen Kurzschluss verursachen, wenn ich mitten im Computerspiel stecke? Ich kämpfte mich also durch das Spiel und hoffte irgendetwas würde einen Kurzschluss verursachen. Auf die Idee einfach den Stecker zu ziehen kam ich nicht. Das Spiel hatte mich zu sehr im Bann.

Plötzlich: Alles dunkel! Es roch ziemlich verbrannt und Qualm breitete sich aus. Es war geschafft. Der Computer war heiß gelaufen und hatte einen Kurzschluss herbeigeführt. Dann hörte ich ein merkwürdiges Geräusch. Es war mein Wecker. Ich hatte vergessen den Weckton am Wochenende auszustellen.

 

Himmel sei Dank!



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Kommentare zu diesem Text

Agnete (66)
(07.04.23, 13:33)
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 uwesch meinte dazu am 07.04.23 um 14:34:
Aber letztendlich liegt der Fehler beim Anwender, der mit einem komplexen Programm nicht zurechtkommt. Die Suchtgefahr ist sicher gegeben.
Ich selbst spiele grundsätzlich nicht am PC, lieber real mit Menschen Doppelkopf oder Tennis.
Dank Dir für Deine Empfehlung und LG Uwe

Antwort geändert am 07.04.2023 um 14:35 Uhr

 lugarex (17.05.23, 08:39)

Jeder PC lebt und hat sein eigenes Leben. Nicht weniger als ein Dutzend dieser eigenwilligen Schicksale schlafen ihren ewigen Traum hinter meinen Rücken im Schrank, der zum Computer Friedhof oder zum Warteraum vor dem Paradies umfunktioniert war.
Neulich hat sich einer in letzten Minuten gerettet: Nach dem Bad in zwar hervorragend schmeckendem, jedoch für Rechner nicht besonders geeigneter Mischung von Ingwer, Tee und Honig, hat sich nach etwa einer Woche getrocknet wieder SELBST gemeldet. 
Der alte, treue, verschwiegene Kumpel ist wieder aus dem Nichts aufgetaucht und läuft beinahe besser als vorher.
Den Computer Göttern sei Dank...

elgé luga(is a pimp-cowpuncher)

 uwesch antwortete darauf am 17.05.23 um 08:50:
Na, Dein Computer ist dann wohl so eine Art Sparringspartner  :ermm:  Dank für Kommi und Empfehlung. LG Uwe
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