der U-Bahn-Schrecken

Text zum Thema Aggression

von  Augustus

Natürlich sollte ich in den U-Bahn-Wagon einsteigen, in dem eine Merkwürdigkeit passieren sollte, die für viele Reisende ungemütlich war. Psychologisch ist aber die ungemütlich Situation, in der ich steckte, vom höchsten Interesse, weil Beteiligte außer sich handelten. Ich möchte kurz die Situation schildern. Früh ist die U-Bahn voll an Menschen, verständlich, da sie alle zur Arbeit müssen. Meine Wenigkeit spielt keine Rolle, was sie in der U-Bahn tat. Meine Wenigkeit war jedenfalls am Ort des Geschehens. Die Menschen standen relativ nahe beieinander, um Platz zu sparen, um auch dem nächsten Einsteigenden die Möglichkeit zu geben, einzusteigen, gleichwohl alle 5 Minuten die nächste U-Bahn angefahren kommt. Nun sollte ich an einem etwas kräftigten Mann im mittleren Alter mit einem Kiwi-Kopf, vorbei gehen, als ich eingestiegen bin. Mir diametral stand angelehnt eine dunkel-schwarz-haarige junge Frau mit Sommersprossen im Gesicht, die Kopfhörer im Ohr stecken hatte und Musik hörte oder dergleichen. Zwischen ihnen eine etwas kräftig-korpulente junge Frau, mit wallenden und auseinanderstrebenden rot-kastanien farbigen Haaren. Sie trug einen Ranzen um die Schultern. So friedlich wie die Situation an meinem Einstieg war, so donnergrollenden war sie an meinem Ausstieg. 

Eine Minute später nach meinem Einsteigen, guckte die junge Frau mit wallendem Rothaar ihren männlichen Nachbarn an. Sie murmelte etwas, was ich nicht verstand, ich stand zwar zwei Meter hinter ihr, dennoch war leise. Plötzlich pustete sie Tröpfchen aus ihrem Mund ins Gesicht des Mannes, der nun an der nächsten Station aussteigen sollte. Die rothaarige junge Frau beschimpfte ihn wohl beim Rausgehen. Zwischen Angel und Tür drehte sich der Mann um, als er mit Wucht mit seinen Händen den roten Schrecken gegen den Bauch und Brust schubste. Mit einem Mal holte der rote Schrecken aus und spuckte mit aller Kraft und Präzision den Rotz aus dem Mund auf den Mann, vor dem sich die Tür schloss. Die U-Bahn fuhr weiter und es sollte dabei es nicht geblieben sein, denn schon im nächsten Moment sollte die Person die neben ihr stehende junge Frau mit dunkel-schwarzen Haaren und Sommersprossen im Gesicht, tyrannisieren. „Was guckst du mich an?“ frug der Bahn-Schrecken mit lauter Stimme die junge Frau, die eingeschüchtert wirkte. Nun sollte sich der Bahn-Schrecken nach und nach um ihn herum die Gäste vorknöpfen. Als ein weiterer Gast an der nächsten Station aussteigen sollte – ich sollte auch hier aussteigen – ging sie auch ihn verbal an. Als plötzlich man glaubte, niemand wagte es irgendetwas gegen den Aggressor zu sagen oder zu tun, formierten sich die umgebenden Gäste zusammen zu einer Gemeinschaften und gingen nun den Bahn-Schrecken an. Allerdings auf eine etwas ebenfalls ungemütliche Art und Weise. Ein junger  Mann etwa sagte zu dem Bahn-Schrecken. „Du Fotze, halt dein Maul jetzt.“ Während ich so wegging, hörte ich hinter mir, die übelsten verbalen Ausbrüche von allen Teilnehmern. Ich habe nicht sehen können, ob es zu Handgreiflichkeiten gekommen ist. Der Bahn-Schrecken brüllte gegen seine Widersacher: „I don’t care!“ I don’t care!“ und fuhr fort bald auf einer slawischen Sprache, vllt. rumänisch, bulgarisch seine Kontrahenten lauthals zu denunzieren. 

Mir fiel auf, dass das lauthalse Brüllen des Bahn-Schreckens alle Gäste aus ihren zuvor in resignierender Stille wiegendes Gemüt, ihren in sich versunkenen zurückgezogenen Zustand, wie ein Unwetter umherwirbelte, aufscheuchte und ein ebenfalls aggressives Schrecken in allen hervorkehrte, der unterschwellig in den Leuten lauert.  



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