Das erste Treffen

Szene zum Thema Annäherung

von  uwesch

Dieser Text gehört zu folgenden Textserien:  BEGEGNUNGEN (Kurze Prosa),  Aus dem Leben gegriffen

Die Sonne fühlt sich schon sehr warm an, dafür dass gerade erst der Mai sich angekündigt hat.
Mir gefällt es. Endlich mal nicht mehr mit den Winterklamotten herumlaufen, meinen schicken giftgrünen Rock anziehen, der meine Beine zur Geltung bringt. Doch ein paar warme Strümpfe müssen noch sein.
Er fragte mich, was er anziehen solle zu unserem ersten Date. Ich dachte, dass er einen Witz macht, und bestand deshalb auf Anzug und Krawatte. Also - geht mir durch den Kopf - muss ich doch meine elegantesten Pumps anziehen, auf denen das Gehen nicht ganz einfach ist.
Wir verabreden uns im Café Leinpfad am
Anleger Winterhuder Fährhaus an der Außenalster. Es ist herrlicher Sonnenschein. Schon beim Betreten der Location spüre ich die Blicke der Gäste auf meine Figur. Gierig die der Männer und giftig der sie begleitenden Frauen.

Er ist noch nicht da. Ich gehöre zu den wenigen Menschen, die immer pünktlich zu ihren Verabredungen erscheinen. So setze ich mich an den einzigen freien Tisch. Schade, da hat man keinen richtig freien Blick auf die Alster, weil er ganz hinten steht. Aber was soll es. Ich möchte ihm vor allem in die Augen schauen, denn darin kann ich sehr gut lesen, was für einen Charakter ein Mensch hat. Ich muss an unser letztes Gespräch denken. Er sagte, dass er auf roten Fußnägeln stehe. Bisher hatte ich nur meine Fingernägel so lackiert - wie auch heute. Schade, dass es noch nicht Juli ist und damit keine Zeit für Sandalen war. Aber zur Sicherheit habe ich auch meine Fußnägel lackiert, denn wer weiß was heute noch geschieht.

Mein Blick streift umher. Drei Tische weiter sitzt ein Mann, der mich andauernd anlächelt, obwohl ich ihn überhaupt nicht kenne. Ich frage mich woran das liegen mag. Ist es meine Aufmachung - vielleicht die Haare? Normalerweise trage ich sie eher offen, heute jedoch hochgesteckt. Womöglich ist es auch eine Kombination von Kleidung und Haaren.

Während der Kellner mir meinen Wein serviert fallen seine Blicke unverfroren auf meinen Ausschnitt. Was fällt dem ein, denke ich. Etwas nervös schlage ich meine Beine übereinander. Röte schießt mir ins Gesicht, weil mir wieder in den Sinn kommt, dass ich Reizwäsche unter Rock und Bluse trage.

Während ich den ersten Schluck meines Weines trinke und entspanne, richtet sich mein Blick gen Eingang. Mein erster Gedanke ist, ob es nicht besser sei einfach zu fliehen.
Zu spät. Er steht plötzlich vor mir. Ich erkenne ihn sofort nach unseren Gesprächen am Telefon. Groß, blond und mit einem eleganten Anzug, der seine Schultern breiter macht als sie vermutlich sind. Ich frage mich, ob er schon länger da gestanden hat?

Er lächelt als er bemerkt, dass meine Augen ihn erblickt haben. Mit großen Schritten kommt er auf mich zu, setzt einen sanften Kuss auf meine Lippen und flüstert mir ins Ohr: „Ich wusste, dass du schön bist - aber nicht so sehr wie du da sitzt .......“



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Kommentare zu diesem Text


 harzgebirgler (11.10.23, 11:19)
"Es ist ein sanftes Gesetz der Schönheit, das uns zieht." (Adalbert Stifter)
LG vom Harzer

 uwesch meinte dazu am 11.10.23 um 11:53:
Ja, Schönheit zieht, wenn allerdings mit Dummheit gepaart wird´s brenzlig.
Dank Dir für Deine Empfehlung und LG Uwe
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