Monopoly

Lyrischer Prosatext

von  Redux

Die Erinnerung an jenen frühen Frühlingsmorgen
auf der Badstrasse ist nicht mehr vorhanden.
Sie ist noch als verschüttetes Fragment da,
in der Geschichte meiner Eltern
und auch in meiner eigenen Geschichte
nach all den Jahren im Gewirr der Straßen.
Nach sechzig Jahren weiß ich nicht,
ob ich auf der Münchener Straße
oder auf dem Opernplatz verweile,
möglich: ich bin schon in später Nachmittagssonne
auf der Schlossallee kurz vor Los.
Müßig und sinnlos das Ergehen in Vermutungen,
ich bin in dieser Stadt!

Ich habe meine Schulden bezahlt,
und die, die ich noch habe, zahle ich ab.
Meine Einnahmen sind verbucht,
und die, die ich mache, verbuche ich.
Noch nie hat mich der Wind des Schicksals
in das Gefängnis befördert,
aber in diesen Straßenschluchten
muss ich stets damit rechnen,
auch kann es sein, dass man mich
zum Direktor des Wasserwerkes
oder des Elektrizitätswerkes ernennt,
nichts ist undenkbar.

Es ist lächerlich eine Bilanz zu erstellen,
mein Platz, mein Weg ist wohl unbestimmt,
wenn die Würfel fallen
muss ich weitergehen oder auch zurück,
ich muss die Karten des Schicksals ziehen,
muss mich durch diese Stadt kämpfen,
haushalten und finanzieren
und zwischendurch leben…

Nach dem Abend auf der Schlossallee
gehe ich wieder über Los,
mag sein ich drehe eine neue Runde,
mag sein ich ziehe 4000 ein,
mag sein auch nicht.

Mag sein die Erinnerung an die Badstrasse,
und alle Erinnerung kommt zurück,
mag sein ich nutze die Dinge
vieler vergangener Runden
oder aber ich scheide aus
und gehe einfach pleite…




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Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (02.12.23, 16:12)
Hallo Redux,

beim Lesen spürt man eine eigenartige Vertrautheit zu diesem Ort.

Beste Grüße, 
Dirk

 Gabyi meinte dazu am 02.12.23 um 16:17:
Lieblingsspiel meiner Kindheit  Danke für den Text :).
Mein Bruder klaute das Spiel, das allen Geschwistern gehörte. Wegen der Holzhäuser, die heutzutage aus Plastik sind.

LG
Gabyi

 Redux antwortete darauf am 02.12.23 um 16:21:
Ich glaube es waren die Sommerferien 77. Ich habe mit meinen Schwestern und den Nachbarkindern vom frühen Morgen bis in den Abend Monopoly gespielt.
Das war zuviel Kapitalismus für Redux. Fast wie eine Überdosis,  seitdem habe ich mich stets gedrückt.  Danke, Didi...

Antwort geändert am 02.12.2023 um 16:24 Uhr

 Redux schrieb daraufhin am 02.12.23 um 16:22:
Und danke Gabyi, ich sehe, du hast deine eigene Monopolygeschichte...smile

 diestelzie (02.12.23, 16:16)
Badstraße oder Schlossallee? Meine ganz persönliche Meinung dazu: Es ist völlig Wurscht wo wir leben, solange wir uns das Menschsein erhalten.

Liebe Grüße
Kerstin

 Redux äußerte darauf am 02.12.23 um 16:23:
Und das wird stets das Wichtigste sein, egal wo wir uns auf dem Brett befinden...ja.

 Tula (02.12.23, 22:14)
Hallo Redux
Wohl dem, der seine Schulden bezahlen kann 
Ganz nebenbei: als Ossi kannte ich das Spiel nur von einem Freund und war ein bisschen neidisch. Später haben's wir gekauft, spielte es aber nur mit meinen Eltern. Mit drei Spielern wird's aber schnell langweilig, wenn die Weichen des Reichtums gestellt sind, haben die anderen keine Chance mehr. Sehr lehrreich. Genauso funktionieren der freie Markt und die Bundesliga  ;)

LG
Tula

 Redux ergänzte dazu am 03.12.23 um 16:24:
Smile, und es wundert mich nicht, dass es in den USA erfunden wurde.....danke Tula
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