Nicht identifiziert

Skizze zum Thema Entfremdung

von  DanceWith1Life

Ob wirklich alle Wege nach Rom führen, und wie das, natürlich politisch korrekt, dann zu sagen wäre, ist inzwischen, inmitten konkurrierender Wirtschaftsimperien, 4-spuriger Autobahnen, einem Europa durchziehenden Schienennetz und Flughäfen in jeder größeren Stadt, im Schatten der zahlreichen Ereignisse dieses noch jungen Jahrtausends, eine Aussage, deren ursprünglicher Sinn, aufgrund fehlender Präsenz nicht mehr wirklich verstanden werden kann.

Denn es gab eine Zeit, da führten nicht nur alle Wege nach Rom, es führte auch keiner daran vorbei.

Und das in einer Art und Weise, die vielleicht etlichen Geschichtsschreibern, wenn sie denn dahinterkommen, vieles erklären wird.

Momentan ist man eher versucht zu behaupten, alle Wege führen in den Abgrund, allerdings scheint sich niemand dafür zu interessieren, auf was für eine Schlucht wir da eigentlich zusteuern.

Und das ist schon mehr als seltsam für eine Spezies, die alles so wirklich genau wissen wollte, um es dann zu "verbessern". Stattdessen wird mit Denkkollagen jongliert.

Die Experimente, die unsere Unwissenheit an der unberührten Natur durchzuführen bereit war, für jede klitzekleine Entdeckung, sind, je nach Sichtweise, waghalsig bis unverantwortlich.

Was hat das mit Rom zu tun?

Absolut gar nichts.

Es hat mit diesem Spruch zu tun, über Wege, die alle nach Rom führen sollen.

In den Kreisen, in denen ich mich bewegte, stand er für, alle Wege führen zur Weisheit, Erleuchtung usw.

Ich kann mir denken, es gibt sicher andere Interpretationen. Alle Wege führen zum Geld, wo kommt es her, wer stellt es bereit.

Alle Wege führen zum Menschen, wofür setzt er sich ein, was bestimmt sein Interesse?

Alle Wege führen nur dorthin, wo bereits einer gegangen ist.

Und alle Wege führen zu dem was am besten verkauft wird i.e. verkauft worden ist.

Oder gar, alle Wege führen zur Wahrheit,  also da wird mir schwindlig, wenn ich mir so alles ansehe, was täglich quasi schon aufs Frühstücksbrot geschmiert wird.

Es war also einer dieser Sprüche jener Zeit, in der alle alles wussten und auch darüber geredet haben und zwar alles, was ihnen gerade so einfiel.

Sie erinnern sich doch an die Siebziger.

Meinen Eltern standen die Haare zu Berge. 

Nein, keine Punkfrisur, die kam erst in den 80ern.

Ich wollte Dichter und Musiker werden, oje.

Den berechtigten Einwand, davon kann man nicht Leben, verstand ich damals nur vage, außerdem war mir das schnuppe, also das ohne Stern, das "schnurzpiepegal", das war sozusagen meine erste "blöde Idee". Ich wusste nämlich nicht mal. was ich da wollte.

Nun gut, das Universum hatte anscheinend mitgehört und ich traf die entsprechenden Leute.

Die hatten natürlich alle schon ihre eigenen Vorstellungen, hatten sich Jahre, Tage, Stunden in die Werke ihrer Lieblingsschriftsteller gekniet und diskutierten darüber. Ich hörte zu, bis es ganz deutlich wurde.

Je mehr ich zuhörte, desto deutlicher wurde es.

Es sagte, ne, das nicht.

Natürlich hatte ich bemerkt, wie sehr sie sich über jedes Detail ans Leder gingen, da ich nicht wusste, was es war, was ich da wollte und nur ein ziemlich leises, ne, das nicht, anzubieten hatte, schwieg ich.

Und die wenigen Male, wo ich dieses Schweigen brach, sagte ich nicht das, was ich eigentlich sagen wollte.

Alle Wege führen also nach Rom, ne, gar nicht.

Und "Rom" ist nicht mal das, was alle glauben, dass es ist.

Dieses spezielle Rom, also nicht die Stadt, dieses Bild in unseren Köpfen.

Oh Mann, ich bekam so langsam das Gefühl, da war noch keiner dort. Keiner hat die Straßen gecheckt, nicht mal Googlemaps hat die geringste Ahnung wo was hinführt. Aber alle reden darüber, ne ohne Schmarrn, das war so in etwa das Gefühl. Und da wollte ich nicht mehr mitmachen.

Also das wurde richtig seltsam, denn ich hörte ja trotzdem zu und beteiligte mich an allen Treffen und hatte nichts wirklich auszudiskutieren oder zu berichtigen oder eine gegenteilige Meinung dazu. Ich merkte aber immer mehr, wie sehr,  wie sag ich das jetzt, man sollte meinen, es würde dann, sobald einer weniger redet, wenigstens eine Spur leiser werden. Nicht die Bohne, die Anderen redeten einfach mehr.

Zu meiner großen Überraschung war dieses "weniger Reden" sehr lebhaft, aufmerksam, sehr gut besucht und vieles mehr.


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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (20.10.24, 09:15)
Wenn wirklich der Weg das Ziel ist,
isses ja wurst. 8-)
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