Sturm im Verwaltungswasser - Entgegnung
Text
von Mondscheinsonate
Ja, da ist etwas dran, der Mariannengraben ist tief und ohne Spezialausrüstung durchtaucht man es nicht, mir ist auch gar nicht bekannt, ob ihn überhaupt jemand durchtaucht hätte, nein, ich bin keine Googlerin im privaten Bereich, es ist auch egal, es geht schlussendlich um bedingungslose Liebe, die ist, wir wissen es, die wir Gefühl haben, niemals rational, aber lass Dir gesagt sein, das Verfahren beginnt bei einem Antrag oder der Wahrnehmung eines verwaltungsrechtlichen Organs, sprich Polizei, auch mit einer verwaltungsrechtlichen Befehls- und Zwangsgewalt, sprich Festnahme, so ist die Verwaltung gezwungen zu handeln bzw. die Sache abzuhandeln. Bei einem Verwaltungsgericht herrscht, im Gegensatz zum Zivilprozess, das Inquisitionsprinzip, das Wort muss Dir doch gefallen, aber so weit sind wir noch nicht, es wird also das Verfahren eingeleitet, es folgt Parteiengehör, wie schön die Sprache ist, der Kerngegenstand des Verfahrens darf nicht mehr verändert werden, jedoch der Rest schon, wie "Haus" das bleibt, aber ob 5 Meter vom Zaun entfernt oder 7 Meter, das geht, ist doch gar nicht so starr, es folgen Einwendungen, die folgen immer, "Nachbars Lumpi hat Asthma", zumeist "Das passt ja gar nicht ins Ortsbild!", was übersetzt heißt "Ich finde es grausig!", dies alles wird durchdacht und von subjektiv und objektiv getrennt, zumeist bleibt nicht viel Objektives über, da kommt dann der Herr oder Frau Sachverständige und meint: "Na ja, so schlimm ist es" oder "So schlimm ist es nicht" und so bleibt's dann auch, das Verfahren wird geschlossen und dann wachelt eine individuell konkrete Anordnung, sprich ein Bescheid, gestützt auf einen oder mehreren Paragrafen und Spruch sowie Auflagen ins Haus, der das Verfahren beendet. Was liegt das pickt? Mitnichten, Herr und Frau Biedermeier können innerhalb von vier Wochen ein Rechtsmittel erheben, allein der Ausdruck, ein Rechtsmittel erheben!
Ich seufze, das ist pure Erotik, Sehnsucht nach mehr!
Und dann kommt es zum Verwaltungsgericht und wenn das nicht fruchtet, eine Revision, aber wird die nicht zugelassen, kann man dennoch eine Revision einbringen (einbringen!), nämlich eine außerordentliche Revision, aber nur bei Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung und dann kramt der Jurist, nicht gegendert, alle Argumente heraus, die es im verwaltungsrechtlichen §-Dschungel gibt. Argumentiert, subsumiert, kämpft, jedes Wort wird seziert, es ist wie auf dem mittelalterlichen Schlachtfeld, stell Dir vor, da laufen die Kriegstreiber mit Heugabeln und Schwertern den Hügel hinab, Attacke! Angriff!
Im Hintergrund heroische Musik!
Und das geht dann zum Verwaltungsgerichtshof.
Da haben wir Dinge wie:
VStG § 45 Abs 1 VStG
Eine mit einem handschriftlich ergänzten Formular erfolgte, nicht unterschriebene "Verwarnung" durch ein Marktaufsichtsorgan, die weder einen Schuldspruch noch einen hinreichenden Ausspruch der Ermahnung, noch eine Bezeichnung als Bescheid (=individuell-konkrete Anordnung - POESIE!) enthält, ist nicht als mittels Bescheid zu erteilende Ermahnung iSd § 45 Abs 1 VStG zu qualifizieren. (ZVG-Slg 2023/38, 191)
Oder die Geschichte mit der Urne im Garten, wo sie sich darum stritten, der verstorbenen Frau ihren letzten Wunsch zu erfüllen, ein Mausoleum im Garteneck, das dem Taj Mahal nachgebildet sei, dies 60 cm hoch. Die Bezirkshauptmannschaft lehnte das ab, sei es nicht würdevoll genug, von der Straße einsehbar im Winter, das störe die Totenruhe, und so weiter und so fort. Die Nachbarn brachten keine Einwendungen hervor, der Sachverständige meinte, das sei keine stark befahrene Straße, das Verwaltungsgericht lehnte dennoch ab, eine Terrasse in der Nähe sei eher ein Vergnügungsort, überhaupt sollte zu Urnenhainen und Friedhöfen freier Zugang bestehen, jedoch der Verwaltungsgerichtshof gab dem Beschwerdeführer Recht. Frau X bekam ihr Taj Mahal und Herr X öffnete untertags sein Gartentor für den freien Zugang.
Du siehst, die Materie lebt!
Oder Sätze wie: "Zum Reformbedarf der Einbringungs- und Zustellvarianten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit" oder "Sozialministeriumservice als monokratisches Organ mit bundesweiter Zuständigkeit", das ist doch wunderbar! Auch Wörter wie "kassatorisch" oder "meritorisch", "monokratisch" und "kollegial", der Mensch wird zum Organ, in Österreich ist es wahrlich noch kafkaesk, die Minsterien mit ihren ewig langen Gängen, der Magistrat, der Amtsleiter, die Amtsdirektorin, der Herr Hofrat!
Der Kaiser schreitet noch gemächlich durch.
Vielleicht möchtest Du die Poesie nicht sehen, aber sie ist da. Die Poesie der Vergangenheit, die, alter Zeiten, trotz Verwaltungsreform 2014, es blieb Melancholie, ein Seufzen im Verwaltungsgericht.