zäh

Erzählung

von  minze

Es gelingt mir kaum den Zustand wach zu halten, in dem ich dich will, dabei brauche ich es oder ich nehme an, du wärst besser, wenn wir miteinander geschlafen hätten. Wir sind beider besser. Ich halte es aufrecht während des Tages, verzeihe dir den langen Mittagsschlaf, die Teilnahmslosigkeit über die Termine mit den Kindern. Als du es nicht schaffst, Mara einzusammeln beim Ferienprogramm im Sportverein und mich hilflos anrufst, ich fahre hin und zähle auf sieben und sie kommt den Baum herunter. Als du währenddessen schimpfst und ich dich weg schiebe, habe ich es nicht mehr da. Ich spüre mit dem Anstieg deiner Wut aber eine Gelassenheit, die ich die letzten Wochen nicht hatte unter den Kindern. Es schlägt in die andere Richtung aus. Vorgestern dachte ich, ich kann nicht mehr, jetzt bin ich fassungslos über deine Hilflosigkeit und regle es mit ihr. Du bist weniger verächtlich, wenn ich's nicht mehr kann.


Ich gehe Sport machen, spüre auf einmal meine Armmuskeln. Als wären sie zuverlässige Partner, die jede der Übungen bewerkstelligen können. Mir gelingen die Sachen leichter als sonst, vielleicht, weil ich irgendwoher die Kraft hab, sie ist übrig geblieben. 

Es bleibt mir nichts anderes übrig, aber ich werde es auch schaffen. Auch wenn Mara die nächsten Entwicklungsschritte in ihrer ganzen Willenskraft tut und mich dabei voll erwischt. Ich habe meine Unterarme lieb und die Füße, wenn ich die Übungen mache, den hellen Streifen am Bein, der von einer Rasierwunde geblieben ist und den ich ganz automatisch ausmache, wahrscheinlich anhand der Erinnerung. Ich glaube seit kurzem daran, dass die Schamhaare einfach aufhören zu wachsen, wenn sie in der natürlichen Form bleiben, wenn sie nicht dauernd geschnitten werden, das beobachte ich schon seit einigen Monaten, ein bisschen wie ein Wunder, als hätten sie davor gewuchert und wären unzähmbar gewesen, irgendwie schrägwachsend, anfällig für Unregelmäßigkeit und Unförmigkeit und das auch in der Art des sich Aufbäumens, im Immernachwachsen. Jetzt sind sie da, wie sie sein wollen und liegen still wie der Wald und haben aufgehört, sind ineinander gereiht. Ich mag sie auch. Ich überlege aus Selbstliebe einen Versuch zu starten, wenn ich nach Hause komme, einen Versuch für Sex. Das Kontinuum zwischen Erwartung und Erleichterung dehnt sich kurz und fällt in sich zusammen, wie ich zu Hause nach der Dusche auf deinen Fernseher schaue, wo ein Polizist sich ein Autorennen gibt. Du lächelst das erste Mal heute. Es stapeln sich und drehen sich andere Autos, immerhin bist du entspannt und ich auch. Ich kann mich darin fallen lassen und zögere noch, ob ich mit schaue. Ob ich etwas sage, ob ich mich auf dich setze, aber dieser Gedanke ist so theoretisch geworden, dass ich einfach noch von dem Termin mit Joscha erzähle. Wie du es zur Kenntnis nimmst, lasse ich den Bericht kurz. Ich schaue mehr auf dein Gesicht, dein Schmunzeln, dein Lächeln über den flachen Humor und die Klischees des Polizeifilms.

Das ist schöner als der Bildschirm. Ich versuche das zu nehmen, nicht die ausstehenden Gespräche, der ausstehende Versuch, sich näher zu kommen. Es ist ein Abend, an dem ich mit niemand anderem sein will, mit dir nicht sein kann, aber alleine in deiner Nähe doch aufgeräumt bin, an einem Platz, der momentan der richtige ist, auch wenn wir nicht alles miteinander schaffen.

Ich habe dir nach der Dusche gesagt, dass es gut ist, dass wir beide Eltern sind.



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