Er kam, als sich der Morgen dehnt,
 der Tag war jung, die Welt ganz still.
 Ich saß im Schlafrock, leicht entlehnt
 im Traum, der weiterträumen will. 
	  
	Da klopft es sacht – ein heller Klang.
 Ich stolpre hin, die Locken quer.
 Vor mir ein Jüngling, federlang,
 in Gelb, so schön – wo kam er her? 
	  
	„Ein Päckchen nur“, so sprach er lind
 und reichte’s mir mit frommem Blick,
 als trüg er Botschaft, seltsam, blind,
 von Liebe, Schicksal oder Glück. 
	  
	Ich nahm den Stift, mein Herz geriet
 in Unruh, aus dem Takt und Raum.
 Mir war, als ob sein Schatten glüht,
 wie Flügelschlag aus Morgentraum. 
	  
	Er roch nach Regen, Staub und Wind,
 nach Aufbruch, Frühlicht, Ferngeleit.
 Ich dacht: Vielleicht bringt er geschwind
 mir selbst ein Stück Verlorenheit. 
	  
	Ich öffne leis das Päckchen mein –
 ein Duft entströmt, mir wird ganz heiß.
 Darin: zwei Slips, so zart, so klein,
 bestellt zum Megaschnäppchenpreis. 
	  
	Er grüßt zum Abschied, winkt und lacht,
 sein Fahrrad glänzt im Sonnenlauf.
 Und über mir, ganz sacht, ganz sacht,
 geht grad die Morgensonne auf. 
	  
	Seitdem, wenn’s an der Türe klopft,
 steh ich im Négligé, bewegt.
 Vielleicht, wer weiß, worauf man hofft –
 der Postbote, der mich erregt. 
	  
	  
	  
	©Sigrun Al-Badri/ 2025