Der Patriarch

Gedicht zum Thema Unterdrückung

von  Saira

Er steht im Strom der Pendler, stur,
verhärmt vom Tag, von leerer Pflicht.
Die Augen kalt, die Hände schwer,
vom Alltag matt, entbehrt er Licht.

 

Sein Blick ist scharf, doch nicht für sich,
er zählt die Kinder, zählt sie laut.
Acht Münder, hungrig, blass und still,
die Hoffnung längst im Staub verstaut.

 

Die Namen kennt er selten noch,
zu viele sind’s, zu viel Geschrei.
Die Frau, sie trägt das nächste Kind,
er zwang sie zum Geschlechtsverkehr.

 

Er schimpft, sie esse viel zu viel,
doch auf dem Tisch liegt kaum ein Brot.
Die Kinder suchen nachts im Müll,
die Mutter weint in stummer Not.

 

Er stiehlt, doch nicht aus Not allein,
sondern aus Zorn, aus kaltem Groll.

Die Kamera, sie sieht ihn an,
doch Hunger bleibt der eig’ne Lohn.

 

Die Ämter nicken, Akten schwer,
die Nachbarn tuscheln hinter Türen.
So viele Kinder, keine Wahl –
die Frau darf sich nicht selbst regieren.

 

Das Auto rostet vor dem Haus,
ein Zeichen alter, falscher Macht.
Der Mann, er weint mit leerer Brust,
die Liebe ist in ihm zerbrochen.

 

Die Frau, sie sammelt Essensreste,
ihr Blick ist müd, ihr Herz ist leer.
Der Hunger ist ihr ständig‘ Gast,
Verhütung bleibt ihr stets verwehrt.

 

So wächst die Not, so wächst das Leid,
die Kinder frieren, werden blass.
Und er? Er sieht sich nie als Schuld,
verloren in dem alten Hass.

 

 

 

 

 

©Sigrun Al-Badri/ 2025




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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (19.06.25, 11:51)
Hallo Sigi,

bei der Vorstellung dieses Patriarchen kann ich mich gegen böse Gedanken nicht wehren.

Liebe Grüße
Ekki

 Saira meinte dazu am 20.06.25 um 09:24:
Hallo Ekki,

es freut mich, dass das Gedicht Emotionen weckt, auch wenn sie unangenehm sind. So ein Patriarch kann nicht sympathisch sein.


Liebe Grüße

Sigi

 Teo (19.06.25, 13:46)
Grüß dich Sigi,
für ein derartiges Szenario braucht es keine Kinder. Täglich eine Kiste Bier reicht auch. Ja, du hast es dramatisch eingerahmt. Und...es passiert. Täglich.
Was die Öffentlichkeit mitbekommt....vermutlich nur die Spitze des Eisberges.
Du bist schon sehr nahe dran.
Schönen Feiertag 
Teo

 Saira antwortete darauf am 20.06.25 um 09:30:
Hallo Teo,

danke für deinen Kommentar!  Du hast recht - solche Szenarien gibt es in vielen Varianten, nicht nur mit Kindern. Die Tragik wiederholt sich leider täglich und spielt sich oft im Stillen ab. Vieles bleibt im Verborgenen und oftmals wird weggeschaut.


Bei uns im Norden war der gestrige Tag leider kein Feiertag. Ich wünsche dir ein schönes Wochenende!


Liebe Grüße
Sigi

Antwort geändert am 20.06.2025 um 09:31 Uhr

 Didi.Costaire (19.06.25, 15:04)
Hallo Sigi,

das ist ja ein düsteres Szenario. Da gibt es nur Verlierer. 

Eindrucksvoll geschildert.

Liebe Grüße,
Dirk

 Saira schrieb daraufhin am 20.06.25 um 09:40:
Hallo Dirk,

du hast recht, in solchen Konstellationen gibt es meist nur Verlierer.

 
Danke für dein Feedback!

Liebe Grüße

Sigi

 Regina (20.06.25, 03:51)
Der Text beschreibt eine Form der Familientyrannei und suggeriert, dass Patriarchentum mit Armut verbunden sei. Das stimmt aber nicht, ein Patriarch kann auch wohlhabend und sogar großzügig sein, sein Handeln zeichnet sich lediglich durch die Vorherrschaft des Vaters aus. Der Mutter kommt in einem solchen Kontext wenig Mitspracherecht, aber auch kaum Verantwortung zu.

 Saira äußerte darauf am 20.06.25 um 09:44:
Hallo Gina,
 
vielen Dank für deinen kritischen Kommentar! Mir war es wichtig, die Verbindung von Machtmissbrauch und Armut aufzuzeigen, weil ich das in meiner Umgebung so erlebt bzw. beobachtet habe. Natürlich gibt es, wie du schreibst, auch andere Formen des Patriarchats.
 
Liebe Grüße
Saira

 plotzn (20.06.25, 14:29)
Eindringlich geschildert, liebe Sigi. Das gibt es leider viel zu oft. Und was wohl aus den Kindern wird, die in solch prekären Verhältnissen aufwachsen. Man kann nur hoffen...

Liebe Grüße
Stefan

 Moppel (22.06.25, 11:26)
bedrückende zeilen, Saira. Patriarchat sollte es heute gar nicht mehr geben, aber es gibt viel in diesem land, was ungesehen bleibt.
Vergewltigung in der Ehe würde ich hier schon sehen, ein DStraftatbestand.
Und doch auch die kafkaeske Figur des Patriarchen, der in sich selbst immer mehr gefanagen bliebt, weil er sich selbst nur als solcher definieren kann.
Darin würde ich beinah die letzten 2 Verse weglassen und mit dem Statussymbold des Autos enden.

Das Auto rostet vor dem Haus,
ein Zeichen alter, falscher Macht.
Der Mann, er weint mit leerer Brust,
(die Liebe ist in ihm zerbrochen.)...vielleicht.


in eine dunkle Nacht.


Nimm es nur als Tipp :) . lG von M.

 Saira ergänzte dazu am 22.06.25 um 11:50:
Hallo Moppel,
 
vielen Dank für dein ausführliches und konstruktives Feedback! Ich freue mich sehr, dass du dich so intensiv mit meinem Gedicht auseinandergesetzt hast und auch die kafkaeske Seite des Patriarchen siehst.
 
Dein Vorschlag, das Gedicht beim Bild des rostenden Autos enden zu lassen, finde ich spannend. Dieses Bild hat für mich ebenfalls eine starke Symbolkraft, und ich verstehe gut, dass ein offeneres Ende manchmal mehr Raum für Nachhall lässt.
Mir war es jedoch wichtig, das Leid der Frau und Kinder noch einmal explizit zu zeigen - damit nicht nur die Tragik des Mannes, sondern auch die Folgen für die anderen sichtbar werden.
 
Danke dir auf jeden Fall für deine Anregungen:)
 
Liebe Grüße
Saira
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