Eine wahrlich feierliche Feier!
Tagebuch zum Thema Humor
von tastifix
Sie waren ja alle ach soo fromm und auch gar nicht eitel...!?
...Und was erst die Hauptperson dieses Events anging...!??
Leider traf alles auch auf meine Familie zu, das alles.
Wochenlang vorher schon wurde über nichts anderes diskutiert als das zu erwartende Kleid meiner Ältesten, Tochter Maria, die bei solchen Gesprächen mit von der Partie war. Ihr ging dieses Gequatsche deutlich auf den Keks. Immer öfter guckte sie immer genervter gen Zimmerdecke.
Wären da nicht doch eine Menge Geschenke zu diesem hohen Tage zu erwarten gewesen, hätte sie bestimmt das ganze Theater am liebsten zum Mars gewünscht.
Vorbereitung am Morgen
Schon beim Aufstehen an jenem wichtigen Tage ging das Gezeter los. Mit Mühe und Not nur überredete ich Maria dazu, das besagte Kleid auch anzuziehen. Deswegen schon leicht verärgert, zog ich meine reizende Tochter vor den Spiegel. Danach hasste sie ihr Festgewand noch mehr! "Falsche psychologische Kriegsführung!", gestand ich mir ein, knirschte leise mit den Zähnen und gelobte Besserung. Na ja...
Meine Kleine ahnte, wie toll die Feier für sie würde. Den lieben langen Tag sollte sie sich vorbildlich benehmen, an der Kaffeetafel weder schmatzen noch sich in Gedanken verloren in der Nase bohren und erst recht die wenigstens noch amüsante Beingymnastik des Tretens geschwisterlicher Schienbeine unterlassen.
Nach tatsächlich einstündiger Übung unter meiner Aufsicht leierte sie „danke“ und „bitte“ wie ein kaputtes Grammophon herunter, brachte diese blöden Wörter sogar ohne Stocken ´raus.
Die begeisterten Komplimente wegen ihres entzückenden Aussehens, noch mehr der Anblick der Erdbeertorte und erst recht der der Geschenke, die sich auf dem Beistelltisch in der einen Ecke des Wohnzimmers türmten, versüssten ihr denn doch beträchtlich die Gewissheit, halt die nächsten Stunden notgedrungen als Mädchen verkleidet durch die Gegend trippeln zu sollen.
Vor dem Aufbruch zur Kirche durfte ich sogar ein letztes Mal ihr Outfit überprüfen. Vorsichtshalber sollte Maria sich nochmals die Hände waschen. Erstaunlicherweise sträubte sie sich noch nicht einmal dagegen, obwohl...
“Waschen“ durften wir dies nicht nennen. Das wäre eine unverschämte Lüge gewesen. Und lügen tat man micht. Da unternahm ein einzelner Wassertropfen pro Minute den kläglichen und letztendlich völlig vergeblichen Versuch, dem Grauschleier ihrer Handrücken Angst einzujagen. Der lachte sich darüber kaputt und blieb drauf. Um den friedlichen Fortgang der Dinge nicht zu gefährden, sah ich drüber hinweg.
Abgesehen von solch` kleinen, ja eigentlich „total nebensächlichen“ Unvollkommenheiten endlich fertig gestylt, machte sie sich sogar bereitwillig mit uns auf den Weg.
Die Messe
Die Kommunionkinder, alle mit ihrer Kerze in der Hand, zogen in einer langen Prozession in die Kirche ein. Manche Mädchen waren gewandet in wahre Hollywoodkostüme, übersät mit Perlen und Pailletten. Bei deren Anblick war ich nur froh, dass meine Tochter soo nicht herumlief, sondern ein dem Anlass angemessenes schlichtes Kleid trug. Hinterdrein marschierten die jungen Herren in ihren schwarzen Anzügen.
All diese Unschuldsengel nahmen in den beiden vorderen Sitzreihen Platz, die Familienangehörigen und Freunde dahinter.
Ich liess meine Tochter nicht aus den Augen. Wie würde sie sich verhalten? Sie saß da vorne ja neben ihrer besten Freundin. Wie nicht anders zu erwarten, rutschten die Zwei munter auf ihren Plätzen hin und her, tuschelten und lachten laut.
„Oh Gott - hört bloss auf damit!“, gab ich ihr per Handzeichen zu verstehen, als sie sich kurz vor Beginn der Messe noch einmal zu mir umdrehte. Sie kapierte sofort, plumpste auf ihren Platz zurück, setzte sich kerzengerade hin und verstummte. „Sie guckt ja recht freundlich – erstaunlich freundlich sogar!“, sagte ich mir erleichtert.„Du, Gisela, warten wir ´mal ab, wie lange sie das durchhält!“, flüsterte ich Gisela neben mir zu. Sie grinste nur.
Maria hielt durch, rührte sich nicht von der Stelle und gab auch keinen einzigen Mucks mehr von sich. Wahrscheinlich faszinierte sie dieser nette Herr Kaplan mit den blitzblauen Augen da vor ihr so sehr, so dass sie deshalb sogar gnädigst seinen Worten lauschte. Oder grübelte sie etwa die ganze Zeit nur darüber nach, wie sie nachher am schnellsten dieses Kleid wieder los würde?
Meine Tochter führte sich auch weiterhin mustergültig auf. Froh entspannte ich mich und genoss diese Erholung.
Etwas später folgten die Fürbitten. Der nette Kaplan mit den blitzblauen Augen richtete flehend das Wort an seinen obersten Meister im Himmel:
„O Herr, erbarme dich unser!“
Die Gemeinde flehte mit.
„Oh ja, Herr, oh ja!!“, betete auch ich inbrünstig. Die ganze Entspannung war binnen einer Sekunde zum T.... Ich fühlte mich so angespannt wie selten zuvor in meinem Leben. Denn ich dachte an daheim.
Es war soweit. Feierlich wurden die Kommunionkinder von Messdienern zum Altar geleitet. Beim Kniefall erwies sich der viele Stoff als ausgesprochen hinderlich. Robe und Schuh waren sich uneins. Letzterer blieb hartnäckig und hakte sich am unschuldigen Kleidersaum fest. Maria stolperte, fing sich im letzten Moment wieder, stopfte sich dann im Stehen die Oblate in den Mund und verzog sich, im gleichen Maße verlegen wie gerötet, schleunigst wieder in ihre Bank.
In den nächsten Minuten war meine Kleine sehr beschäftigt. Ich beobachtete sie von der Seite. Sie kaute und schluckte und schluckte und kaute und hatte offensichtlich gewisse Schwierigkeiten. Ratlos warf sie einen Blick über die Schulter zurück gen Mama. Mir aber waren ja die Hände gebunden. Ich konnte ihr da nicht helfen.
Kaum stand sie nach Beendigung der Feierlichkeiten draussen vor der Kirche, benahm sie sich gar nicht mehr so feierlich. Die Oblate hatte nämlich immer noch nicht den Weg alles Essbaren genommen, sondern klebte oben am Gaumen fest. Maria vergass all ihre Hemmungen und erst recht den Herrn von und zu Knigge, fuhr sich bei weit geöffnetem Mund mit drei gespreizten Fingern tief am Gaumen entlang, erwischte gottlob recht fix die Oblate, kratzte sie rigoros ab, schob sie weit nach hinten auf die Zuge und schluckte nochmals nachdrücklich. Welch` eine Freude, die Oblate war weg. Sie war sie endlich los.
Erleichtert schaute meine Tochter in die Runde. Dann besah sie sich kritisch ihre Finger, überlegte eine Sekunde und schleckte sie dann kurzerhand cora publicum ganz langsam, da gründlicher, der Reihe nach ab. So waren sie ihrer Meinung nach wieder blitzsauber. Die Tatsache, dass Omi, Oma und Opi sich währenddessen vor Scham am liebsten in ein Mauseloch verkrochen hätten, rührte sie kein bisschen.
„Der liebe Gott schmeckt aber nach rein gar nichts!“, war ihr abschliessender Kommentar.
Auf der Fahrt zurück wurde unser Starlet zunehmend fröhlicher. Garantiert hatte sie bereits die(!) Idee, wie sie nachher schnellstens möglichst viele Kuchenstücke für sich reservieren könnte. Schließlich war das ihre(!) Feier, das also auch ihr(!) Kuchen.
Wieder zuhause.
Ich atmete auf. Noch(!) lief alles zur vollsten Zufriedenheit von Großmutter väterlicherseits, Großmutter mütterlicherseits und dem überaus stolzen Großpapa ab. Sie bewunderten meine Kleine, lobten die Mühe, die sich deren Eltern bei der Vorbereitung des Ganzen gegeben hätten, die geschmückte Tafel(die später nach dem Genuss von Kaffee und Kuchen noch um einiges geschmückter aussah!) und nicht zuletzt die strahlenden jüngeren Geschwister des Kommunionkindes. Sie hatten auch Grund zu strahlen. Die gingen nämlich absolut nicht leer aus, sondern sahnten fleissig ab.
Das erfreute deren Herz denn sehr. Unseres auch, da dass dem Papa meiner Kleinen ebenso wie mir natürlich die Oberaufsicht über das ganze Geschehen beträchtlich erleichterte. Wir waren ausschließlich von strahlenden Kindern umgeben, die sich im Glanz der älteren Schwester sonnten. An jenem Tage hätten sie sich höchstens wegen "Überbeachtung" beschweren können. Sonst rein gar nicht.
Zum Spielen durfte sich die Hauptperson des Tages des Prinzessinnenlooks entledigen, was dann noch(!) giftigere Blicke sämtlicher älterer Anverwandten nach sich zog. Sie vertraten eben die Ansicht, ein Kommunionkind ohne Kommunionkleid – einfach unmöglich und gegen jede Konvention!
Doch ich hatte das traurige Gesicht meines Kindes gesehen und die Kleine tat mir in der Seele leid. Es sollte ihr Tag sein, an den sie sich dann später mit Freude erinnern könnte. Sie sollte sich rundum wohlfühlen. Ich hatte längst begriffen, das täte sie nur ohne(!) Kleid.
Und richtig: Sie verwandelte sich von einer Sekunde zur nächsten in einen Wildfang im Supergammellook, schmatzte Kekse, bohrte sich in Gedanken verloren in der Nase und holte mit Wonne alles an Schienbeintreterei nach, was ihr morgens strengstens untersagt worden war.
Wir hatten wieder normale Kinder um uns, spielende, zankende, wütende Kinder. Es flogen die Fetzen. Ihr Papa und ich konstatierten: Das soo lange Bravsein hatte deren deshalb beleidigten Seelen nicht so sehr gut getan. Doch uns da in tiefenpsychologischen Überlegungen zu ergehen, fehlte uns wahrlich der Wille und die Zeit. Denn wir hatten Gäste.
Zu intellektueller Erwachsenenunterhaltung kamen wir gar nicht. Irgendwer wollte immer etwas. Ein Viertel Nachwuchs etwas zu trinken, ein weiteres Viertel heulte einem vom Schwesterchen geklauten Stofftier hinterher( das sich natürlich, wie konnte es auch anders sein an einem solchen Tag, nirgends auffinden ließ!) und das dritte Viertel musste dringend aufs Klo, wurde aber mit dem hinderlichen Feststagsstaat nicht fertig und bescherte zum Glück damit uns armen Eltern eine winzige Verschnaufpause im Badezimmer. Unsere Älteste konnte das(!) leider trotz "Ballkleides" alleine!
Früher Nachmittag.
Der Nachmittag nahte und damit die Stunde der Wahrheit. Die Dankandacht stand an. Würde unsere Tochter oder würde sie nicht? Ich sah da schwarz.
Mit dem Kleid über` m Arm marschierte ich langsam auf sie zu.
„Du musst dich umziehen!“, begann ich.Sie wurde stocksauer. Weit aufgerissene Augen, deutlicher Flunsch.
„Das doofe Kleid zieh` ich nie wieder an, Mama. Nie wieder!!“, meckerte sie frech und drehte mir einfach den Rücken zu.
Wir standen unter Zeitdruck, ich war nervös, ich wurde energisch:
„Dir wird gar nichts anderes übrig bleiben. Alle tragt ihr zur Andacht eure Kommunionkleider. Du auch, mein Kleines!“
„.Ich komm` nur mit, wenn ich meine Jogginghose anbehalten darf!“
Das hörte Gisela, eine enge Vertraute von mir und die Nenn-Tante meiner Kinder. Um mir zu helfen, redete sie dann mit wahren Engelszungen auf unseren störrischen Nachwuchs ein:
„Warum nur möchtest du denn das hübsche Kleid nicht anziehen? Das steht dir doch so gut! Was glaubst du, wie die Anderen dich beneiden werden!“
Das allerdings war genau das Letzte, was unser Kind zu vernehmen wünschte:
„Ich will aber nicht!“
Da wurde es selbst der lieben Tante Gisela zu bunt:
„Also, jetzt ist Schluss! Wir müssen gleich los!“
Dass ihre geliebte Tante Gisela sich mit dieser Anmerkung sogar tatsächlich gegen sie stellte, machte unsere Tochter doch etwas nachdenklich. Unsicher geworden, stand sie da gesenkten Kopfes vor uns. Sie kämpfte sichtlich mit sich.
„Bitte!!“, drängte ich.
Das gab den Ausschlag. Murrend ließ sie sich erstens...das Kleid überstreifen und... zweitens sogar auch nochmals frisieren.
Die Dankandacht
Darüber lässt sich nur berichten, dass wider meiner Befürchtungen keinerlei weitere Trotz- bzw. andere peinlichen Aktionen meiner Tochter folgten.
Vorne am Altar stand nämlich wieder dieser nette Kaplan, den sie doch schon vormittags so toll gefunden hatte.
Und eben dieser Kaplan drückte jedem Kind zum Abschied ein kleines Geschenk in die Hand. Darob war meine Tochter so perplex, dass sie sogar brav einen tiefen Knicks machte.
Die Verwandtschaft war gerührt, diese stressige Stunde für meine Kleine überstanden.
Kaffeetrinken
Bei Tisch lief alles nach Plan. Maria wusste sehr wohl, was wir und die Übrigen an gutem Benehmen von ihr erwarteten und sie richtete sich sogar danach. Weder schmatzte sie noch bohrte sie sich neue Gänge in die Nase und auch ihre heiss geliebten Geschwister blieben von Fusstritten verschont. Auch die Erdbeeren puhlte sie nicht per Finger aus der Torte, sondern klaubte dafür ganz fürnehm ein extra langes Küchenmesser hervor. Um den Frieden der Stunde zu bewahren, sahen wir, ihre Eltern, trotz der empörten Blicke von Omi, Oma und dem Opa darüber hinweg.
Hinterher
Trotz verstärkten Protestes der lieben Großeltern durfte sich unsere Hauptperson ein zweites Mal und damit dann endgültig des verhassten Prinzessinnenstaates entledigen, verwandelte sich in einen dann noch fröhlicheren Wildfang, der sich noch(!) doller mit seinen Geschwistern zankte.
Ach, wie schön für uns, endlich wieder normale Kinder um uns zu haben und zu wissen: Die bleiben jetzt auch noch mehrere Jahre lang so normal - bis zur nächsten Kommunion.
Noch war`s nicht ausgestanden
Omi, Oma und Opi meinten:„Na, wenn das also so ist, dann können wir ja jetzt so langsam...!“
Deutlicher Protest unserer Freunde und von uns:
„Aber, warum das denn? Die Kinder spielen doch so herrlich. Lasst uns doch auf der Terrasse sitzen und die Sonne geniessen!“
Flugs deckten wir draussen den Tisch und stellten die Kommunionkerze mitten darauf. So war wenigstens noch „etwas Kommunion“!
„Onkel Olli, spielst du mit mir Fussball?“
Onkel Olli war Tante Giselas Mann und bei meinen Kindern sehr beliebt.
Schockierter Einwurf Omis:
„Nein, muss das denn heute unbedingt sein...??
Es musste.
Onkel Olli und Tochter schnappten sich den Ball und waren zusehends begeistert bei der Sache:
„Toor!“, brüllte unsere Tochter. Jetzt war Hellerhof informiert. Das war wichtig.
„Guck` jetzt ´mal, Onkel Olli!“, schrie sie vor Begeisterung, nahm Anlauf und zielte, ohne weiter zu überlegen, in Richtung der Terrasse.
„Nein!“
„Hiilfe!“
„Um Gotteswillen!“
In der aller ersten Sekunde noch starrten alle auf den Ball. Dann aber kniffen Verwandte, Freunde und auch wir stöhnend, uns schockiert in das uns gewiss erwartende Schicksal ergebend, die Augen zu. Der Ball schoss knapp an einem Busch vorbei, ignorierte unser Kreischen einfach, verfehlte nur um ein Haar ausgerechnet Omis Schulter, der Grossmutter mütterlicherseits.
Im nächsten Augenblick gab` s einen lauten Knall. Wie auf Kommando rissen alle die Augen wieder auf. Wie wir feststellten, hatte natürlich gerade die Festtagskerze daran glauben müssen.
Sie lag so völlig unfeierlich total verbogen und dreckig am Boden...
Unsere Tochter hatte ein mehr als deutliches Zeichen gesetzt. Die Kommunionfeier war vorüber.
...Und was erst die Hauptperson dieses Events anging...!??
Leider traf alles auch auf meine Familie zu, das alles.
Wochenlang vorher schon wurde über nichts anderes diskutiert als das zu erwartende Kleid meiner Ältesten, Tochter Maria, die bei solchen Gesprächen mit von der Partie war. Ihr ging dieses Gequatsche deutlich auf den Keks. Immer öfter guckte sie immer genervter gen Zimmerdecke.
Wären da nicht doch eine Menge Geschenke zu diesem hohen Tage zu erwarten gewesen, hätte sie bestimmt das ganze Theater am liebsten zum Mars gewünscht.
Vorbereitung am Morgen
Schon beim Aufstehen an jenem wichtigen Tage ging das Gezeter los. Mit Mühe und Not nur überredete ich Maria dazu, das besagte Kleid auch anzuziehen. Deswegen schon leicht verärgert, zog ich meine reizende Tochter vor den Spiegel. Danach hasste sie ihr Festgewand noch mehr! "Falsche psychologische Kriegsführung!", gestand ich mir ein, knirschte leise mit den Zähnen und gelobte Besserung. Na ja...
Meine Kleine ahnte, wie toll die Feier für sie würde. Den lieben langen Tag sollte sie sich vorbildlich benehmen, an der Kaffeetafel weder schmatzen noch sich in Gedanken verloren in der Nase bohren und erst recht die wenigstens noch amüsante Beingymnastik des Tretens geschwisterlicher Schienbeine unterlassen.
Nach tatsächlich einstündiger Übung unter meiner Aufsicht leierte sie „danke“ und „bitte“ wie ein kaputtes Grammophon herunter, brachte diese blöden Wörter sogar ohne Stocken ´raus.
Die begeisterten Komplimente wegen ihres entzückenden Aussehens, noch mehr der Anblick der Erdbeertorte und erst recht der der Geschenke, die sich auf dem Beistelltisch in der einen Ecke des Wohnzimmers türmten, versüssten ihr denn doch beträchtlich die Gewissheit, halt die nächsten Stunden notgedrungen als Mädchen verkleidet durch die Gegend trippeln zu sollen.
Vor dem Aufbruch zur Kirche durfte ich sogar ein letztes Mal ihr Outfit überprüfen. Vorsichtshalber sollte Maria sich nochmals die Hände waschen. Erstaunlicherweise sträubte sie sich noch nicht einmal dagegen, obwohl...
“Waschen“ durften wir dies nicht nennen. Das wäre eine unverschämte Lüge gewesen. Und lügen tat man micht. Da unternahm ein einzelner Wassertropfen pro Minute den kläglichen und letztendlich völlig vergeblichen Versuch, dem Grauschleier ihrer Handrücken Angst einzujagen. Der lachte sich darüber kaputt und blieb drauf. Um den friedlichen Fortgang der Dinge nicht zu gefährden, sah ich drüber hinweg.
Abgesehen von solch` kleinen, ja eigentlich „total nebensächlichen“ Unvollkommenheiten endlich fertig gestylt, machte sie sich sogar bereitwillig mit uns auf den Weg.
Die Messe
Die Kommunionkinder, alle mit ihrer Kerze in der Hand, zogen in einer langen Prozession in die Kirche ein. Manche Mädchen waren gewandet in wahre Hollywoodkostüme, übersät mit Perlen und Pailletten. Bei deren Anblick war ich nur froh, dass meine Tochter soo nicht herumlief, sondern ein dem Anlass angemessenes schlichtes Kleid trug. Hinterdrein marschierten die jungen Herren in ihren schwarzen Anzügen.
All diese Unschuldsengel nahmen in den beiden vorderen Sitzreihen Platz, die Familienangehörigen und Freunde dahinter.
Ich liess meine Tochter nicht aus den Augen. Wie würde sie sich verhalten? Sie saß da vorne ja neben ihrer besten Freundin. Wie nicht anders zu erwarten, rutschten die Zwei munter auf ihren Plätzen hin und her, tuschelten und lachten laut.
„Oh Gott - hört bloss auf damit!“, gab ich ihr per Handzeichen zu verstehen, als sie sich kurz vor Beginn der Messe noch einmal zu mir umdrehte. Sie kapierte sofort, plumpste auf ihren Platz zurück, setzte sich kerzengerade hin und verstummte. „Sie guckt ja recht freundlich – erstaunlich freundlich sogar!“, sagte ich mir erleichtert.„Du, Gisela, warten wir ´mal ab, wie lange sie das durchhält!“, flüsterte ich Gisela neben mir zu. Sie grinste nur.
Maria hielt durch, rührte sich nicht von der Stelle und gab auch keinen einzigen Mucks mehr von sich. Wahrscheinlich faszinierte sie dieser nette Herr Kaplan mit den blitzblauen Augen da vor ihr so sehr, so dass sie deshalb sogar gnädigst seinen Worten lauschte. Oder grübelte sie etwa die ganze Zeit nur darüber nach, wie sie nachher am schnellsten dieses Kleid wieder los würde?
Meine Tochter führte sich auch weiterhin mustergültig auf. Froh entspannte ich mich und genoss diese Erholung.
Etwas später folgten die Fürbitten. Der nette Kaplan mit den blitzblauen Augen richtete flehend das Wort an seinen obersten Meister im Himmel:
„O Herr, erbarme dich unser!“
Die Gemeinde flehte mit.
„Oh ja, Herr, oh ja!!“, betete auch ich inbrünstig. Die ganze Entspannung war binnen einer Sekunde zum T.... Ich fühlte mich so angespannt wie selten zuvor in meinem Leben. Denn ich dachte an daheim.
Es war soweit. Feierlich wurden die Kommunionkinder von Messdienern zum Altar geleitet. Beim Kniefall erwies sich der viele Stoff als ausgesprochen hinderlich. Robe und Schuh waren sich uneins. Letzterer blieb hartnäckig und hakte sich am unschuldigen Kleidersaum fest. Maria stolperte, fing sich im letzten Moment wieder, stopfte sich dann im Stehen die Oblate in den Mund und verzog sich, im gleichen Maße verlegen wie gerötet, schleunigst wieder in ihre Bank.
In den nächsten Minuten war meine Kleine sehr beschäftigt. Ich beobachtete sie von der Seite. Sie kaute und schluckte und schluckte und kaute und hatte offensichtlich gewisse Schwierigkeiten. Ratlos warf sie einen Blick über die Schulter zurück gen Mama. Mir aber waren ja die Hände gebunden. Ich konnte ihr da nicht helfen.
Kaum stand sie nach Beendigung der Feierlichkeiten draussen vor der Kirche, benahm sie sich gar nicht mehr so feierlich. Die Oblate hatte nämlich immer noch nicht den Weg alles Essbaren genommen, sondern klebte oben am Gaumen fest. Maria vergass all ihre Hemmungen und erst recht den Herrn von und zu Knigge, fuhr sich bei weit geöffnetem Mund mit drei gespreizten Fingern tief am Gaumen entlang, erwischte gottlob recht fix die Oblate, kratzte sie rigoros ab, schob sie weit nach hinten auf die Zuge und schluckte nochmals nachdrücklich. Welch` eine Freude, die Oblate war weg. Sie war sie endlich los.
Erleichtert schaute meine Tochter in die Runde. Dann besah sie sich kritisch ihre Finger, überlegte eine Sekunde und schleckte sie dann kurzerhand cora publicum ganz langsam, da gründlicher, der Reihe nach ab. So waren sie ihrer Meinung nach wieder blitzsauber. Die Tatsache, dass Omi, Oma und Opi sich währenddessen vor Scham am liebsten in ein Mauseloch verkrochen hätten, rührte sie kein bisschen.
„Der liebe Gott schmeckt aber nach rein gar nichts!“, war ihr abschliessender Kommentar.
Auf der Fahrt zurück wurde unser Starlet zunehmend fröhlicher. Garantiert hatte sie bereits die(!) Idee, wie sie nachher schnellstens möglichst viele Kuchenstücke für sich reservieren könnte. Schließlich war das ihre(!) Feier, das also auch ihr(!) Kuchen.
Wieder zuhause.
Ich atmete auf. Noch(!) lief alles zur vollsten Zufriedenheit von Großmutter väterlicherseits, Großmutter mütterlicherseits und dem überaus stolzen Großpapa ab. Sie bewunderten meine Kleine, lobten die Mühe, die sich deren Eltern bei der Vorbereitung des Ganzen gegeben hätten, die geschmückte Tafel(die später nach dem Genuss von Kaffee und Kuchen noch um einiges geschmückter aussah!) und nicht zuletzt die strahlenden jüngeren Geschwister des Kommunionkindes. Sie hatten auch Grund zu strahlen. Die gingen nämlich absolut nicht leer aus, sondern sahnten fleissig ab.
Das erfreute deren Herz denn sehr. Unseres auch, da dass dem Papa meiner Kleinen ebenso wie mir natürlich die Oberaufsicht über das ganze Geschehen beträchtlich erleichterte. Wir waren ausschließlich von strahlenden Kindern umgeben, die sich im Glanz der älteren Schwester sonnten. An jenem Tage hätten sie sich höchstens wegen "Überbeachtung" beschweren können. Sonst rein gar nicht.
Zum Spielen durfte sich die Hauptperson des Tages des Prinzessinnenlooks entledigen, was dann noch(!) giftigere Blicke sämtlicher älterer Anverwandten nach sich zog. Sie vertraten eben die Ansicht, ein Kommunionkind ohne Kommunionkleid – einfach unmöglich und gegen jede Konvention!
Doch ich hatte das traurige Gesicht meines Kindes gesehen und die Kleine tat mir in der Seele leid. Es sollte ihr Tag sein, an den sie sich dann später mit Freude erinnern könnte. Sie sollte sich rundum wohlfühlen. Ich hatte längst begriffen, das täte sie nur ohne(!) Kleid.
Und richtig: Sie verwandelte sich von einer Sekunde zur nächsten in einen Wildfang im Supergammellook, schmatzte Kekse, bohrte sich in Gedanken verloren in der Nase und holte mit Wonne alles an Schienbeintreterei nach, was ihr morgens strengstens untersagt worden war.
Wir hatten wieder normale Kinder um uns, spielende, zankende, wütende Kinder. Es flogen die Fetzen. Ihr Papa und ich konstatierten: Das soo lange Bravsein hatte deren deshalb beleidigten Seelen nicht so sehr gut getan. Doch uns da in tiefenpsychologischen Überlegungen zu ergehen, fehlte uns wahrlich der Wille und die Zeit. Denn wir hatten Gäste.
Zu intellektueller Erwachsenenunterhaltung kamen wir gar nicht. Irgendwer wollte immer etwas. Ein Viertel Nachwuchs etwas zu trinken, ein weiteres Viertel heulte einem vom Schwesterchen geklauten Stofftier hinterher( das sich natürlich, wie konnte es auch anders sein an einem solchen Tag, nirgends auffinden ließ!) und das dritte Viertel musste dringend aufs Klo, wurde aber mit dem hinderlichen Feststagsstaat nicht fertig und bescherte zum Glück damit uns armen Eltern eine winzige Verschnaufpause im Badezimmer. Unsere Älteste konnte das(!) leider trotz "Ballkleides" alleine!
Früher Nachmittag.
Der Nachmittag nahte und damit die Stunde der Wahrheit. Die Dankandacht stand an. Würde unsere Tochter oder würde sie nicht? Ich sah da schwarz.
Mit dem Kleid über` m Arm marschierte ich langsam auf sie zu.
„Du musst dich umziehen!“, begann ich.Sie wurde stocksauer. Weit aufgerissene Augen, deutlicher Flunsch.
„Das doofe Kleid zieh` ich nie wieder an, Mama. Nie wieder!!“, meckerte sie frech und drehte mir einfach den Rücken zu.
Wir standen unter Zeitdruck, ich war nervös, ich wurde energisch:
„Dir wird gar nichts anderes übrig bleiben. Alle tragt ihr zur Andacht eure Kommunionkleider. Du auch, mein Kleines!“
„.Ich komm` nur mit, wenn ich meine Jogginghose anbehalten darf!“
Das hörte Gisela, eine enge Vertraute von mir und die Nenn-Tante meiner Kinder. Um mir zu helfen, redete sie dann mit wahren Engelszungen auf unseren störrischen Nachwuchs ein:
„Warum nur möchtest du denn das hübsche Kleid nicht anziehen? Das steht dir doch so gut! Was glaubst du, wie die Anderen dich beneiden werden!“
Das allerdings war genau das Letzte, was unser Kind zu vernehmen wünschte:
„Ich will aber nicht!“
Da wurde es selbst der lieben Tante Gisela zu bunt:
„Also, jetzt ist Schluss! Wir müssen gleich los!“
Dass ihre geliebte Tante Gisela sich mit dieser Anmerkung sogar tatsächlich gegen sie stellte, machte unsere Tochter doch etwas nachdenklich. Unsicher geworden, stand sie da gesenkten Kopfes vor uns. Sie kämpfte sichtlich mit sich.
„Bitte!!“, drängte ich.
Das gab den Ausschlag. Murrend ließ sie sich erstens...das Kleid überstreifen und... zweitens sogar auch nochmals frisieren.
Die Dankandacht
Darüber lässt sich nur berichten, dass wider meiner Befürchtungen keinerlei weitere Trotz- bzw. andere peinlichen Aktionen meiner Tochter folgten.
Vorne am Altar stand nämlich wieder dieser nette Kaplan, den sie doch schon vormittags so toll gefunden hatte.
Und eben dieser Kaplan drückte jedem Kind zum Abschied ein kleines Geschenk in die Hand. Darob war meine Tochter so perplex, dass sie sogar brav einen tiefen Knicks machte.
Die Verwandtschaft war gerührt, diese stressige Stunde für meine Kleine überstanden.
Kaffeetrinken
Bei Tisch lief alles nach Plan. Maria wusste sehr wohl, was wir und die Übrigen an gutem Benehmen von ihr erwarteten und sie richtete sich sogar danach. Weder schmatzte sie noch bohrte sie sich neue Gänge in die Nase und auch ihre heiss geliebten Geschwister blieben von Fusstritten verschont. Auch die Erdbeeren puhlte sie nicht per Finger aus der Torte, sondern klaubte dafür ganz fürnehm ein extra langes Küchenmesser hervor. Um den Frieden der Stunde zu bewahren, sahen wir, ihre Eltern, trotz der empörten Blicke von Omi, Oma und dem Opa darüber hinweg.
Hinterher
Trotz verstärkten Protestes der lieben Großeltern durfte sich unsere Hauptperson ein zweites Mal und damit dann endgültig des verhassten Prinzessinnenstaates entledigen, verwandelte sich in einen dann noch fröhlicheren Wildfang, der sich noch(!) doller mit seinen Geschwistern zankte.
Ach, wie schön für uns, endlich wieder normale Kinder um uns zu haben und zu wissen: Die bleiben jetzt auch noch mehrere Jahre lang so normal - bis zur nächsten Kommunion.
Noch war`s nicht ausgestanden
Omi, Oma und Opi meinten:„Na, wenn das also so ist, dann können wir ja jetzt so langsam...!“
Deutlicher Protest unserer Freunde und von uns:
„Aber, warum das denn? Die Kinder spielen doch so herrlich. Lasst uns doch auf der Terrasse sitzen und die Sonne geniessen!“
Flugs deckten wir draussen den Tisch und stellten die Kommunionkerze mitten darauf. So war wenigstens noch „etwas Kommunion“!
„Onkel Olli, spielst du mit mir Fussball?“
Onkel Olli war Tante Giselas Mann und bei meinen Kindern sehr beliebt.
Schockierter Einwurf Omis:
„Nein, muss das denn heute unbedingt sein...??
Es musste.
Onkel Olli und Tochter schnappten sich den Ball und waren zusehends begeistert bei der Sache:
„Toor!“, brüllte unsere Tochter. Jetzt war Hellerhof informiert. Das war wichtig.
„Guck` jetzt ´mal, Onkel Olli!“, schrie sie vor Begeisterung, nahm Anlauf und zielte, ohne weiter zu überlegen, in Richtung der Terrasse.
„Nein!“
„Hiilfe!“
„Um Gotteswillen!“
In der aller ersten Sekunde noch starrten alle auf den Ball. Dann aber kniffen Verwandte, Freunde und auch wir stöhnend, uns schockiert in das uns gewiss erwartende Schicksal ergebend, die Augen zu. Der Ball schoss knapp an einem Busch vorbei, ignorierte unser Kreischen einfach, verfehlte nur um ein Haar ausgerechnet Omis Schulter, der Grossmutter mütterlicherseits.
Im nächsten Augenblick gab` s einen lauten Knall. Wie auf Kommando rissen alle die Augen wieder auf. Wie wir feststellten, hatte natürlich gerade die Festtagskerze daran glauben müssen.
Sie lag so völlig unfeierlich total verbogen und dreckig am Boden...
Unsere Tochter hatte ein mehr als deutliches Zeichen gesetzt. Die Kommunionfeier war vorüber.