War ich wirklich zu doof??

Bericht zum Thema Einsicht

von  tastifix

Jajaah, ich wurde älter, fühlbar älter. In den letzten Jahren suchten mich in schöner Regelmäßigkeit immer wieder Bandscheibenvorfälle heim, die aus mir beinahe ein vierpfotiges Wesen machten.

Dies zur Freude meiner drei Hunde:
"Endlich hat Frauchen es kapiert. So tobt es sich mit ihr nochmal so gut!"
Ihre Begeisterung ob dieser meiner Idee, auf ein- und derselben Höhe mit ihnen durchs Haus zu krabbeln, bekundeten sie mir mit kraftvollen Sprüngen gegen meinen Rücken. Da das ein besonders lustiges Spiel war, erfanden sie eine neue zusätzliche Variante und betrieben mit den ihrer nicht unbeträchtlichen Größe entsprechend kräftigen Pfoten kratzende Massage von ganz oben nach ganz unten, was ich dann nicht ganz so begeistert mit stetig mehr anschwellendem Quietschgeheul quittierte. Es tat höllisch weh.

Mein vermehrtes Geschrei beunruhigte meine Lieblinge nur noch mehr. Mein ältester Hund brachte sich dann fast um aus Sorge um mich und trommelte wie ein Bekloppter mit seinen Tapspfoten auf meiner Rückseite herum, so nach dem Motto:
"Das muss die doch eigentlich endlich trösten. Das Gejaule ist ja nicht mehr auszuhalten!"
Sie können sich sicher vorstellen, wie leid mir meine Vierbeiner inzwischen taten. Soviel tierische Fürsorge und dann so eine für sie unverständliche Reaktion ihres Frauchens. Ich kam zu dem Schluss:
"Daas geht so nicht weiter, die Armen!"

Also beschloss ich, dem Stammgast "Bandscheibenvorfall" ein Schnippchen zu schlagen. Ich entschied mich für ein neues Bett. Eines mit einer Liegehöhe von fast fünfzig Zentimetern. Aus dem konnte ich dann trotz "Stammgast" relativ beschwerdefrei aufstehen und landete auch nicht mehr auf allen Vieren.

Ich besuchte ein sehr bekanntes, riesiges Möbelzentrum, das hier in der Nähe von Düsseldorf in Haan eine Filiale und in Witten seinen Stammsitz hat. Schnell hatte ich das(!) Bett gefunden, Kiefernholz gelaugt und geölt. Dazu gehörten noch vier unterschiedliche breite Schubläden, was mir aus praktischen Gründen ausnehmend gut gefiel. Zumindestens so lange, bis das Wunschbett geliefert wurde.

Dann ging es an den Aufbau, vor dem ich keine Manschetten hatte, weil ich schon viel kompliziertere Möbel zusammen gebaut hatte. Eine meiner Töchter half mir dabei, denn massive Holzelemente wiegen viel. Ich schraubte und schraubte. Die meisten Löcher waren vorgebohrt, so dass das Ganze zwar Zeit in Anspruch nahm, aber keine Schwierigkeit war.

Gehorsamst richtete ich mich nach der Aufbauanleitung. Der Rahmen stand. Jetzt kamen die Schubläden an die Reihe. Es war eine sehr breite, eine halb so breite und zwei flachere Schubläden. Zwischen ihnen jeweils eine Latte als Führungsstreben für die Außenleisten, in denen die Innenleisten der Schubläden rollten. Leider stellte ich fest, dass die Lücke für die mittlere Schublade genau drei Millimeter zu breit war, mir also die Schublade an der einen Seite dauernd aus der Führung heraus sprang. Sauer versuchte ich diesen Zwischenraum mit Unterlegscheiben unter den drei Schrauben zu korrigieren. Das Ende vom Lied war es, dass sämtliche Schubläden nur mit Schwierigkeiten zu öffnen oder zu schließen waren.

Ein zweites Mal besuchte ich das Möbelgeschäft, schilderte dort mein Problem und bat um den Besuch des Kundendienstes, was mir auch zugesagt wurde.
"In drei Wochen! Ist Ihnen das recht? Eher geht es leider nicht!"
Notgedrungen gab ich mein Einverständnis und schlief drei Wochen im halb fertigen Bett.

Eines muss ich dem Kundendienst ja lassen: Pünktlich nach drei Wochen erschien ein netter, junger Mann. Schon bei der Begrüßung an der Türe irritierte mich jedoch etwas ganz gewaltig: Ich sah keinen Werkzeugkasten, noch nicht einmal eine kleine Tasche, nur einen kleinen Minischraubenzieher, der vorwitzig aus seiner Brusttasche guckte.

Er sah sich das Bett an, guckte vorne, an den Seiten und auch hinten und überlegte. Zur Sicherheit erklärte ich ihm nochmals die Tücke des Objektes. Seine Antwort zeugte von erstaunlicher Fantasiebegabung:
"Wissen Sie", hub er an, "Holz arbeitet und da das so ist, müssen Sie Unterlegscheiben nehmen."
Ich protestierte:
"Wieso? Ich hab schon öfter Massivholzmöbel gebaut. Das jedenfalls ist ja wohl kaum der Sinn der Sache. Kaufe ich ein Möbelstück, dann erwarte ich, dass es ohne Abstriche funktionstüchtig ist."

"Sie müssen bedenken, dass dieses Bett schon länger im Lager war und das Holz auch da schon gearbeitet hat!", wies mich der Mann zurecht.
Ich sah ihn zweifelnd an:
"Also, hören Sie mal: Mir ist natürlich bekannt, dass Holz arbeitet, aber wohl kaum in drei Wochen um mehrere Millimeter."
Ich sollte Bauklötze staunen. Der nette junge Mann blickte mich mit wichtiger Mine an:
"Doch, Holz arbeitet bis zu 10 %!"

Dann meinte er doch tatsächlich:
"Sämtliche Schrauben müssen gerade eingeschraubt sein."
Er bückte sich, kroch dabei halb unters Bett und berührte mal eben kurz regelrecht zärtlich mit dem Minischraubenzieher eine meiner sorgsamst eingeschraubten Schrauben.
"Hm!", meinte er dann. "Vielleicht sollten Sie die Führungsleisten weiter nach vorne setzen!" (Wohlgemerkt:´Vielleicht`!)

So langsam war ich auf Hundert, schnappte mir die Aufbauanleitung und hielt sie diesem netten Herrn utner die Nase:
"Ich hab mich in allem genau danach gerichtet. Sehen Sie selbst, die Leisten sind mit Abstand weiter hinten angesetzt worden. Das zeigen hier mindestens vier Abbildungen."
"Wenn Sie sie nach vorne setzen, dann geht das vielleicht(!!) richtig. - Oder sie schrauben die Schubladenleisten an deren Böden fest und nicht an der Seite!", meinte er noch so nett.

"Tja, dann wäre die Anleitung ja Quatsch!", bemerkte ich leicht ironisch.
"Wissen Sie, die können sie sowieso vergessen!", kam doch da tatsächlich.
"Sollte es mit dem Umsetzen der Schrauben nicht getan sein, hören sie wieder von mir!", betonte ich.

Doch ich hatte noch eine Frage an ihn:
"Ich verstehe übrigens nicht, dass an den Schubläden die Löcher nicht vorgebohrt wurden. Ich hab`die mit dem Handbohrer selbst bohren müssen."
Die nachfolgende Antwort war dann der Hammer:
"Bei dem(!) Preis können sie das nicht erwarten!!"

Zu Ihrer Information:
Mein Bett hat immerhin 234 Euro gekostet!!

Als dieser reizende Kundendienst, für jeglichen Kundendienst einfach nur zu faul, endlich gegangen war, setzte ich die Schrauben um und es klappte von da an alles wunderbar, so wunderbar, dass ich stundenlang ein neues Spiel spielte:

Lade auf, Lade zu, Lade auf usw....

Jenes Möbelgeschäft mit dessen hilfsbereiten Kundendienst habe ich "gefressen"!

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Kommentare zu diesem Text


 Maya_Gähler (27.11.06)
nö, nicht zu doof.......viel zu nett.......
und bitte, verkorkse dir nicht den magen (das möbelhaus habe ich gefressen).....*lach
ich hätte dem sicher was anderes erzählt, der wäre bei mir nicht raus gegangen, bevor er das in ordnung gebracht hätte
frage mich sowieso, wieso die noch pläne mitgeben, wenn die eh nix taugen... seufz...
auch wenn es für dich nicht gerade ein erhebendes erlebnis war, so habe ich es doch mit freude gelesen, aber nicht mit schadenfreude, das möchte ich betont haben, gelle...
grüessli von der maya

 tastifix meinte dazu am 28.11.06:
Liebe Maya!

Ich habe mich hinterher auch geärgert, dass ich noch so freundlich geblieben bin. Das nächste Mal (oh je!) läuift es jedenfalls anders.

Aufbauanleitungen sind eben schwierig zu konzipieren, äußerst kompliziert. Dazu müssten sich die betreffenden Leute ja doch wirklich in jenem Metier auskennen. Dürfen wir das denn von denen erwarten, griinns??

Liebe Grüße
Gaby
(Antwort korrigiert am 28.11.2006)

 BrigitteG (27.11.06)
Hallo Gaby, ich glaube, Du hattest mit der Firma O. zu tun, die ich schon in Witten besucht habe *g*. Ich hoffe, der Kundendienstler war wenigstens hübsch anzusehen... Liebe Grüße, Brigitte.

 tastifix antwortete darauf am 28.11.06:
Hallo Brigitte!

Richtig, es war die Hasenfestfirma!!

Ja, der reizende Nichtkundendienstler sah sehr nett aus. Ob das als Ausgleich für die fehlende Arbeitsbereitschaft gedacht war, grins??

Einen lieben Gruß
Gaby
Symphonie (73)
(01.12.06)
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 tastifix schrieb daraufhin am 11.12.06:
Liebe Ela!

Ich bin stolz darauf, dass Du dies zu einem Deiner Lieblingstexte hier gewählt hast.

Nach dem, was Du schreibst, weißt Du ganz genau, wie mir zumute war.Ja, im ersten Moment dachte ich wirklich, ich wäre einfach zu doof, um das ding richtig zusammen zu bauen. andererseits konnte ich mir das so gar nicht vorstellen, denn ich habe schon viel kompliziertere Möbel "geschafft".

Doch ich stimme dir jetzt unbedingt zu: Nie wieder baue ich so etwas selber auf, egal, was es dann an Mehrkosten brächte. (Obwohl die so hoch ja nun wirklich auch nicht sind!). Ich hätte dem viel energischer die Meinung sagen müssen, aber... Du kennst mich ja, seufz!

Einen ganz lieben Gruß
Deine Gaby
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