Prolog
Bericht zum Thema Reisen
von RainerMScholz
„Wie war das eigentlich mit den Krabbeltieren in Mexiko?“
„Welche Krabbeltiere?“
„Na ja, du weißt schon, die achtfüßigen, und weil du doch eine Arachnophobie hast.“
„Eine was?“
„Spinnenangst.“
„In Mexiko war da nichts.“
„Aber?“
„Dafür brauche ich nicht nach Mittelamerika zu fahren.“
Ich musste dienstags wieder zur Uni, und da hatte das Semester eigentlich schon längst wieder begonnen. Conny wollte mitfahren - ich hatte nur noch etwas abzuholen, einen Stundenplan, den Raumplan, ich weiß nicht mehr genau, was -, weil wir danach noch zu Verwandten wollten.
Nachdem wir endlich den verwaschenblauen Mazda 323 wiedergefunden hatten - immerhin hatte ich ihn vor drei Wochen geparkt, im Frankfurter Nordend, also geraume Zeit nicht zu Gesicht bekommen -, ist der auch tatsächlich angesprungen; letztendlich hatte es hier drei Wochen lang geregnet und so. Die sind toll, die Japaner. Bei uns in Mexiko hat es übrigens nicht geregnet. Nicht einmal. Na, wir fahren so über den Alleenring Richtung Universität, als plötzlich ein riesiger Achtbeiner die Armaturen hochklettert, wirklich riesig, grauer gesprenkelter Körper, lange Beine, und er lässt sich richtig Zeit damit. Ich bekomme einen schauderhaften Schreikrampf, reiße das Steuer herum und wir landen fast in der Leitplanke unter der Brücke. Conny kapiert erst nicht, was los ist, sie dachte wohl, ich hätte einen Herzanfall oder so. Wirklich. Dann sieht sie ihn endlich und wirft die lächerlichen Stofftaschen, die sie in der hand hält, über das Tier. Aber so kann es nicht sterben, es wird wiederkommen, darunter hervorkriechen, und ich kann verdammt gerade nicht anhalten ob des fließenden Verkehrs. Mach's weg! Mach's weg!! Schon kommt es unter den Einkaufsökotaschen hervorgekrochen, krabbelt in meine Richtung und ich schreie und schreie. Jetzt ist es am linken Türrahmen und ich lenke das Fahrzeug, indem ich de facto auf Connys Schoß sitze. Wem soll ich das erklären! Haben Sie Höhenangst? Packt sie das Grausen, wenn sie im 31. Stock des Messeturms aus dem Fenster schauen? Haben sie ein flaues Gefühl im Magen in überfüllten Aufzügen? Nein, das reicht alles nicht aus. Das Ding sitzt mir fast auf dem Oberschenkel, mir treten die Augen aus den Höhlen und ich kreische wie ein Irrer. Alarmblinkanlage an! Bremsen! Ich reiße die Tür auf und wedele die Spinne mit dem Stofftaschen in einem epileptischen Anfall zur Tür hinaus, springe hinterher und schüttele mir die Schauer aus dem Rücken, während der Verkehr hupend dem abstrusen Verkehrshindernis auszuweichen sucht. Conny steht auf der Straße und -: ist es weg? Ist es weg??
In diesem Auto werde ich nie mehr behaglich sitzen können. Blicke über die Schulter. Vielleicht ist da ein Nest? Unter meinem Sitz?
Haben Sie eine Phobie? Wollen Sie eine haben?
Ich wollte, ich könnte mich zurückwünschen, in dieses zauberhafte und verzauberte Land. Es hat lange gedauert, bis ich wieder hier ankam, und vielleicht kommt man nie ganz zurück.
Doch die Menschen haben mir geholfen und die Spinnen.
Weil das achtbeinige Ding in meinem Kopf sitzen muss. Vielleicht der einzige Platz, an dem ich es bekämpfen kann.
Es war eine schöne Zeit. Also: bitte.
„Welche Krabbeltiere?“
„Na ja, du weißt schon, die achtfüßigen, und weil du doch eine Arachnophobie hast.“
„Eine was?“
„Spinnenangst.“
„In Mexiko war da nichts.“
„Aber?“
„Dafür brauche ich nicht nach Mittelamerika zu fahren.“
Ich musste dienstags wieder zur Uni, und da hatte das Semester eigentlich schon längst wieder begonnen. Conny wollte mitfahren - ich hatte nur noch etwas abzuholen, einen Stundenplan, den Raumplan, ich weiß nicht mehr genau, was -, weil wir danach noch zu Verwandten wollten.
Nachdem wir endlich den verwaschenblauen Mazda 323 wiedergefunden hatten - immerhin hatte ich ihn vor drei Wochen geparkt, im Frankfurter Nordend, also geraume Zeit nicht zu Gesicht bekommen -, ist der auch tatsächlich angesprungen; letztendlich hatte es hier drei Wochen lang geregnet und so. Die sind toll, die Japaner. Bei uns in Mexiko hat es übrigens nicht geregnet. Nicht einmal. Na, wir fahren so über den Alleenring Richtung Universität, als plötzlich ein riesiger Achtbeiner die Armaturen hochklettert, wirklich riesig, grauer gesprenkelter Körper, lange Beine, und er lässt sich richtig Zeit damit. Ich bekomme einen schauderhaften Schreikrampf, reiße das Steuer herum und wir landen fast in der Leitplanke unter der Brücke. Conny kapiert erst nicht, was los ist, sie dachte wohl, ich hätte einen Herzanfall oder so. Wirklich. Dann sieht sie ihn endlich und wirft die lächerlichen Stofftaschen, die sie in der hand hält, über das Tier. Aber so kann es nicht sterben, es wird wiederkommen, darunter hervorkriechen, und ich kann verdammt gerade nicht anhalten ob des fließenden Verkehrs. Mach's weg! Mach's weg!! Schon kommt es unter den Einkaufsökotaschen hervorgekrochen, krabbelt in meine Richtung und ich schreie und schreie. Jetzt ist es am linken Türrahmen und ich lenke das Fahrzeug, indem ich de facto auf Connys Schoß sitze. Wem soll ich das erklären! Haben Sie Höhenangst? Packt sie das Grausen, wenn sie im 31. Stock des Messeturms aus dem Fenster schauen? Haben sie ein flaues Gefühl im Magen in überfüllten Aufzügen? Nein, das reicht alles nicht aus. Das Ding sitzt mir fast auf dem Oberschenkel, mir treten die Augen aus den Höhlen und ich kreische wie ein Irrer. Alarmblinkanlage an! Bremsen! Ich reiße die Tür auf und wedele die Spinne mit dem Stofftaschen in einem epileptischen Anfall zur Tür hinaus, springe hinterher und schüttele mir die Schauer aus dem Rücken, während der Verkehr hupend dem abstrusen Verkehrshindernis auszuweichen sucht. Conny steht auf der Straße und -: ist es weg? Ist es weg??
In diesem Auto werde ich nie mehr behaglich sitzen können. Blicke über die Schulter. Vielleicht ist da ein Nest? Unter meinem Sitz?
Haben Sie eine Phobie? Wollen Sie eine haben?
Ich wollte, ich könnte mich zurückwünschen, in dieses zauberhafte und verzauberte Land. Es hat lange gedauert, bis ich wieder hier ankam, und vielleicht kommt man nie ganz zurück.
Doch die Menschen haben mir geholfen und die Spinnen.
Weil das achtbeinige Ding in meinem Kopf sitzen muss. Vielleicht der einzige Platz, an dem ich es bekämpfen kann.
Es war eine schöne Zeit. Also: bitte.