2 de octubre
Bericht zum Thema Reisen
von RainerMScholz
(von RainerMScholz)
Unbeholfen, dieses Staunen und Starren und fremde Sehen in einem fremden Land, einer anderen Welt. Ungelenk, und sich der Tatsache bewusst, selbst gesehen zu werden als ein Anderer. Weißes Fleisch, weißes Geld, weiß im Kopf.
Die Vielfalt verwirrt die Sinne, alles passiert gleichzeitig und die Regeln sind unbekannt; jemand bettelt um einen Peso oder zwei; Großmutter verkauft gesüßte Backwaren; die Polizei rennt schwerstbewaffnet durch die Straßen; und ein Mönch in brauner Kutte mit weißer Kordel sammelt für die Katholische Kirche. Die Augen können nicht überall sein. Gedanken sind verspätet, immer.
Und halte bloß den Geldbeutel fest!
Europäische Ängste in der Metro. Wie in Paris, wie in London oder Berlin.
Unter dunkelschwangerem Himmel zu Frieda Kahlo. Eine himmlische Villa in einem ruhigen blütendurchtränkten Vorort versteckt. Conny würde einziehen hier, sagt sie. Ich doch auch! Oder zu Trotzki, der in seinem steinernen Asyl keine 50 Meter entfernt von hier mit dem Eispickel ermordet wurde (der wahrscheinlich erst umständlich besorgt werden musste; es sei denn, Trotzki bevorzugte zersplittertes Eis in seinem Wodka; aus welchem Kühlschrank auch immer dieses Eis hätte kommen sollen)(vielleicht trifft dies auch alles auf seinen gedungenen Mörder zu).
Die Wände des Museums scheinen getränkt mit Azur- und Tiefseeblau, der Garten wuchert arabesk in die Räume Frieda Kahlos Schaffens und Lebens. Die Kunst, trotz des Leidens zu kreieren, Frieda. Katzen schlafen auf den Stelen und Obelisken. Oder eher deswegen.
Negra Modelo während die Straßen im Regenguss versinken. Menschen mit Abfallbeuteln auf dem Kopf, zerfledderten Schirmen gegen die Flut.
An den Straßenständen geht der Verkauf weiter. Kleine Kinder ertrinken in prasselnden Wasserlachen. Una cerveza mas, por favor!
Holiday Inn hat die Rollgitter heruntergelassen, denn auf den Straßen wird die Ikone Che durch die Jugend zelebriert. Die jüngste Bevölkerung der Welt ist sauer auf die Leute, die sie regieren und erbost über die Verhältnisse, unter denen sie leben und arbeiten und studieren müssen. Und auf die Amerikaner. Sie wissen von ihren Vätern und Müttern. Rote Banner. Armee fährt auf, Sirenen heulen.
Am Rand der Straße zwei Reisende, verblüfft, erstaunt und erschreckt. Revolutionäres Ambiente. Unwirklich, und doch bekannt irgendwie.
Am Abend Deutschunterricht im Café Italiano.
"Si, dos cerveza, und wissen Sie eine Name - un nombre - für mein Hund?"
"Aber klar doch: Krimhild, oder Hildegard."
"Cómo?"
Dann taucht die Nacht auf und die Bettler, Verlierer und Ausgestoßenen kriechen aus ihren Löchern. Un peso. Por favor. Por dios. Armut, die die Hand aufhält. Sorry, kein Kleingeld. Wir sind die Reichen. Kinder, Alte und Bucklige.
Vorbei an den Kathedralen.
Hier ist stets Messe, Tag und Nacht. Es gibt viel zu beten. Besser, wenn ihr das selber macht.
Aber die Architektonik ist großartig. Kolonialstil.
3 de octubre
Wir finden die Metro nicht. Wir finden die Metro nicht. Wir finden die Metro nicht und haben diese unheimlich schweren Rucksäcke auf den Schultern; es ist 30°C und ich habe gleich den ersten Asthmaanfall meines Lebens. Überall sind Menschen. Frag´ mal einen! Autobusses de norte? Metro? Verstehst du mich überhaupt, Mechico?! Comprende?
A Queretaro.
Autobusses del norte.
Queretaro.
Wir schreien uns an, wir nerven uns gegenseitig, gängeln uns, hysterisieren uns! Und dann die Hitze. Das Lächeln der Mestizen.
Ja, ja, und Sex. All die Conchitas, die mit ihren Sachen wackeln. Ich wollte, mein junggeselliger Freund Chris wäre hier, damit ihm die Augen aus dem Schädel fallen.
Schlecht gelaunter, rücksichtsloser, penetranter Egoist von einem vermaledeiten Ehemann! Gatte ihres Herzens. Die Hitze – sie wissen. Und die dünne Höhenluft.
Natürlich haben wir es aus Mexiko City heraus geschafft. Da standen eben keine Schilder, die zur Metro deuteten. Beschränkte Sichtweisen bleiben lange haften. Keine Schilder, also auch kein Weg.
Aber aus manchen eingeschliffenen Geleisen schafft man es nur schwer hinaus.
Hey, dos Cerveza!
Die Vielfalt verwirrt die Sinne, alles passiert gleichzeitig und die Regeln sind unbekannt; jemand bettelt um einen Peso oder zwei; Großmutter verkauft gesüßte Backwaren; die Polizei rennt schwerstbewaffnet durch die Straßen; und ein Mönch in brauner Kutte mit weißer Kordel sammelt für die Katholische Kirche. Die Augen können nicht überall sein. Gedanken sind verspätet, immer.
Und halte bloß den Geldbeutel fest!
Europäische Ängste in der Metro. Wie in Paris, wie in London oder Berlin.
Unter dunkelschwangerem Himmel zu Frieda Kahlo. Eine himmlische Villa in einem ruhigen blütendurchtränkten Vorort versteckt. Conny würde einziehen hier, sagt sie. Ich doch auch! Oder zu Trotzki, der in seinem steinernen Asyl keine 50 Meter entfernt von hier mit dem Eispickel ermordet wurde (der wahrscheinlich erst umständlich besorgt werden musste; es sei denn, Trotzki bevorzugte zersplittertes Eis in seinem Wodka; aus welchem Kühlschrank auch immer dieses Eis hätte kommen sollen)(vielleicht trifft dies auch alles auf seinen gedungenen Mörder zu).
Die Wände des Museums scheinen getränkt mit Azur- und Tiefseeblau, der Garten wuchert arabesk in die Räume Frieda Kahlos Schaffens und Lebens. Die Kunst, trotz des Leidens zu kreieren, Frieda. Katzen schlafen auf den Stelen und Obelisken. Oder eher deswegen.
Negra Modelo während die Straßen im Regenguss versinken. Menschen mit Abfallbeuteln auf dem Kopf, zerfledderten Schirmen gegen die Flut.
An den Straßenständen geht der Verkauf weiter. Kleine Kinder ertrinken in prasselnden Wasserlachen. Una cerveza mas, por favor!
Holiday Inn hat die Rollgitter heruntergelassen, denn auf den Straßen wird die Ikone Che durch die Jugend zelebriert. Die jüngste Bevölkerung der Welt ist sauer auf die Leute, die sie regieren und erbost über die Verhältnisse, unter denen sie leben und arbeiten und studieren müssen. Und auf die Amerikaner. Sie wissen von ihren Vätern und Müttern. Rote Banner. Armee fährt auf, Sirenen heulen.
Am Rand der Straße zwei Reisende, verblüfft, erstaunt und erschreckt. Revolutionäres Ambiente. Unwirklich, und doch bekannt irgendwie.
Am Abend Deutschunterricht im Café Italiano.
"Si, dos cerveza, und wissen Sie eine Name - un nombre - für mein Hund?"
"Aber klar doch: Krimhild, oder Hildegard."
"Cómo?"
Dann taucht die Nacht auf und die Bettler, Verlierer und Ausgestoßenen kriechen aus ihren Löchern. Un peso. Por favor. Por dios. Armut, die die Hand aufhält. Sorry, kein Kleingeld. Wir sind die Reichen. Kinder, Alte und Bucklige.
Vorbei an den Kathedralen.
Hier ist stets Messe, Tag und Nacht. Es gibt viel zu beten. Besser, wenn ihr das selber macht.
Aber die Architektonik ist großartig. Kolonialstil.
3 de octubre
Wir finden die Metro nicht. Wir finden die Metro nicht. Wir finden die Metro nicht und haben diese unheimlich schweren Rucksäcke auf den Schultern; es ist 30°C und ich habe gleich den ersten Asthmaanfall meines Lebens. Überall sind Menschen. Frag´ mal einen! Autobusses de norte? Metro? Verstehst du mich überhaupt, Mechico?! Comprende?
A Queretaro.
Autobusses del norte.
Queretaro.
Wir schreien uns an, wir nerven uns gegenseitig, gängeln uns, hysterisieren uns! Und dann die Hitze. Das Lächeln der Mestizen.
Ja, ja, und Sex. All die Conchitas, die mit ihren Sachen wackeln. Ich wollte, mein junggeselliger Freund Chris wäre hier, damit ihm die Augen aus dem Schädel fallen.
Schlecht gelaunter, rücksichtsloser, penetranter Egoist von einem vermaledeiten Ehemann! Gatte ihres Herzens. Die Hitze – sie wissen. Und die dünne Höhenluft.
Natürlich haben wir es aus Mexiko City heraus geschafft. Da standen eben keine Schilder, die zur Metro deuteten. Beschränkte Sichtweisen bleiben lange haften. Keine Schilder, also auch kein Weg.
Aber aus manchen eingeschliffenen Geleisen schafft man es nur schwer hinaus.
Hey, dos Cerveza!