Die Krone der Schöpfung

Kurzgeschichte zum Thema Zukunft

von  Triton

Ein wunderschöner, klarer Morgen, die Sonne geht auf, schickt ihre wärmenden Strahlen irgendwo über einen Landstrich, der im einstigen Europa liegt. Nach der in jenen Zeiten gebräuchlichen Zeitrechnung wäre heute der 6. August 2517. Aber das ist lange her, kein menschliches Leben existiert mehr, für das Zeit eine Bedeutung hätte.
Das Antlitz des letzten Menschen als Lebewesen verschwand bereits vor etwas mehr als 300 Jahren von dieser Welt, doch Spuren dieser Menschen sind noch allgegenwärtig. Die teils mächtigen Bauwerke dieser Spezies verfallen, hin und wieder übertönt donnerndes Getöse die Geräusche der Natur, wenn die Reste einst stolzer, sogenannter Wolkenkratzer in sich zusammenfallen. Doch auch das wird bald vorbei sein, es gibt nur noch wenig davon, und die Natur erobert sich unaufhaltsam Stück für Stück die Territorien zurück. Hin und wieder erleidet sie dabei trotzdem noch Rückschläge. Diese Menschen, sie nannten sich auch: „die Krone der Schöpfung“, haben Dinge erschaffen, die der Natur auch jetzt noch zusetzen. An manchen Orten lagern diese Altlasten, und wenn sie nun freigesetzt werden, durch Korrosion, Erdverschiebung und sonstige natürliche Ereignisse, kommt es zu vernichtenden Explosionen, oder verteilen sich Gifte und löschen alles pflanzliche und tierische Leben in großem Umkreis aus. Aber auch das kann die Natur verkraften, die Zeit arbeitet nun für sie, und mit jedem dieser Geschehnisse werden diese Art Gefahren weniger, bis die Natur in absehbarer Zukunft den Endsieg davontragen wird.
Was war geschehen?
Alles begann wie so oft auf der Erde mit einem Krieg, und es sei einerlei, ob er nun politisch oder religiös motiviert war, oder ob es um seltener werdende Rohstoffe ging. Irgendwann jedenfalls eskalierte dieser Krieg soweit, dass die Partei, die zu unterliegen drohte, eine sogenannte biologische Waffe einsetzte. Diese Waffe bestand aus einem bakteriellen Virus und war so konzipiert, dass sie den Großteil des Gegners, nur Menschen, befallen und vernichten sollte, um dann innerhalb von nur 6 Stunden spurlos zu verschwinden. Die Forscher, die es entwickelt hatten, haben sich einiges einfallen lassen, um das eigene Volk zu schützen: das Virus war nicht ansteckend, es konnte sich nicht fortpflanzen und hatte eben nur diese kurze Lebensdauer von maximal 6 Stunden. Es wurde flächendeckend mit speziell dafür entwickelten Langstreckenraketen eingesetzt. Lange Zeit schlummerte es in den geheimen Waffenarsenalen und nur wenige Menschen wussten, dass es überhaupt existierte. Bis es eben zu jenem verhängnisvollen Krieg kam, und es diesem einen Menschen bekannt wurde, der skrupellos genug war den Befehl zu geben, es einzusetzen.
Denn, wie in der Vergangenheit schon so oft, hatten die Menschen das was sie schufen oder taten nicht unter Kontrolle. Sie hätten gewarnt sein können. Trotz aller Tests und Forschung und entwickelter Gegenmittel, war der Mensch, „die Krone der Schöpfung“, zu selbstsicher um zu begreifen, dass man nicht alles austesten kann, dass es immer das Unbekannte gibt, welches man übersieht, nicht bemerkt oder außer Acht lässt.
Das Chaos ist eben nicht berechenbar und findet seinen Weg!
Bisher war es trotz teils katastrophaler Folgen für Klima, Ökosysteme oder manchmal auch den Menschen selbst immer wieder mehr oder weniger gut gegangen. Entweder bekam der Mensch seinen Fehler wieder in den Griff, oder die Natur musste sich darauf einstellen und anpassen. Vom Menschen ausgelöste Evolution.
Bis der Mensch, auch wenn dafür nur ein paar verantwortlich waren, den entscheidenden Fehler machte.
Was von diesen Forschern keiner für möglich hielt, es traf ein! Das Virus fand eine Pflanze, welche ihm die optimalen Voraussetzungen bot, um länger als geplant zu überleben. Die besondere Struktur und bestimmte, nur von dieser Pflanze entwickelte Wirkstoffe taten ein übriges. Schnell und unbemerkt mutierte es und konnte sich so weiter ausbreiten. Durch die Mutation verändert, waren auch seine Auswirkungen auf den menschlichen Organismus anders, und man brachte es nicht mit der Ursprungsform in Verbindung, zudem in dem vom Krieg und dieser Waffe verwüsteten Gebiet andere Regeln galten. Während das Virus Menschen anfänglich relativ rasch tötete, verursachte es nun lediglich eine kurze Krankheit, mit der das menschliche Immunsystem, sofern es intakt war, schnell fertig wurde. Es kam hier und dort zu einer kurzen Epidemie, die sich jedoch nur durch Übelkeit, Mattigkeit und ähnlichem auszeichnete, einer leichten Grippe gleich. Darum war man anfänglich auch nicht weiter beunruhigt, und das Virus konnte sich im Laufe der nächsten Zeit weiter verbreiten. Es war inzwischen in der Lage, sich nicht nur über die Pflanze zu verbreiten, sondern auch über den Menschen selbst. Die Menschen bereisten die ganze Welt, und mit ihm das Virus, das sich somit über den ganzen Erdball verteilen konnte. Die Krankheitssymptome waren nicht ernst genug, als dass Reisebeschränkungen notwendig gewesen wären.

Doch dieses ursprünglich von Menschen geschaffene und mutierte Virus hatte für die Menschheit fatale Folgen, denn während dieser kurzen Krankheit wurden die menschlichen Organe, die für die Produktion der Fortpflanzungszellen zuständig waren, irreparabel geschädigt. Die Menschheit wurde somit steril, und ehe man sich darüber bewusst wurde und Gegenmaßnahmen einleitete, war es bereits zu spät. Alle ärztliche Kunst und Forschung war vergebens.
Der letzte Mensch starb einsam und unbeachtet im Jahre 2206.

Seitdem erobert sich die Natur unaufhaltsam die einst von Menschen besiedelten Gebiete zurück. Lange noch wird es Zeugnisse dieser einstigen Zivilisation geben. Während die meisten Bauwerke bereits zerfallen und überwuchert sind, sind überall noch Gegenstände zu finden, die Menschen darstellen, ihnen gehört haben und an sie erinnern. Aber auch das ist nur eine Frage der Zeit, Zeit, welche die Natur nun im Überfluss hat.

Welches der nun auf der Erde lebenden Geschöpfe wird sich irgendwann in einer fernen Zukunft erheben, um die neue, vorherrschende Rasse zu entwickeln, die neue „Krone der Schöpfung“ zu sein?

Niemand kann es wissen, doch sollten wir ihr, für alle Fälle wünschen, nicht dieselben Fehler zu machen wie die Menschheit. Mehr Erfolg und Einsicht, mehr Miteinander.


Anmerkung von Triton:

mein Beitrag zum Wettbewerb: bekam 48 Leserpunkte, wobei ich natürlich nicht weiss, von wie vielen Lesern in welcher Verteilung. Danke dafür.

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Kommentare zu diesem Text

Nixi (42)
(19.12.04)
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 Triton meinte dazu am 19.12.04:
Hallo Nixi, mir ist der Kommentar wichtiger als die Bewertung. Ich dachte bei der neuen Schöpfung auch weniger an die Menschen, sondern daß sich irgend ein anderes Lebewesen auf der Erde erhebt, um es hoffentlich besser zu machen. Freut mich, daß Dir die Geschichte gefällt. LG Triton
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