Wenn es einen Menschen gibt, auf den das Klischee Genie und Wahnsinn zutrifft, dann ist es der US-amerikanische Mathematiker John Forbes Nash, der jüngst mit dem Kinofilm A beautiful mind (mit Russell Crowe in der Hauptrolle) einem breiteren Publikum vorgestellt wurde.
Schon als junger Mann revolutioniert der geniale Mathematiker John Nash mit seinen Beiträgen zur Spieltheorie die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und macht schnell eine akademische Karriere. Nach dem Studium auf der Elite-Uni in Princeton, wo er Kontakt zu Albert Einstein hat, wird er 1951, im zarten Alter von 23 Jahren, Professor am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT). Er arbeitet hart und erwirbt sich einen internationalen Ruf als Wissenschaftler.
Doch schon bald fällt er durch immer gewagtere Hypothesen und nachlassende Leistungen als Dozent unangenehm auf. Dazu isoliert er sich immer mehr von seinen Kollegen, wird unnahbar. Durch seinen exzentrischen Lebenswandel, seine Arroganz und seine Jähzornigkeit verscherzt er sich die letzten Sympathien.
Schließlich erkrankt er im Alter von 30 Jahren an paranoider Schizophrenie. Nash redet wirr von Außerirdischen und einer dringend zu bildenden Weltregierung. Er hält sich für den Messias und fliegt in die DDR, um nach eigenen Angaben die Welt vor dem Untergang zu retten. Zurück in den USA folgt 1959 auf Veranlassung seines Arbeitgebers, des MIT, die Zwangseinweisung in die geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik. Es folgen zwei Jahrzehnte der Krankheit, des Wahnsinns, der Vergessenheit. Durch die Hilfe immer besserer Medikamente und v.a. durch die liebevolle Treue seiner Frau Alicia stabilisiert sich Anfang der 1980er Jahre sein Zustand, er beginnt wieder zu arbeiten.
1994 erhält er den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften für das nach ihm benannte Nash-Gleichgewicht, das in der Spieltheorie mathematisch das uralte Teilungsproblem löst. Was bedeutet das?
Stellen wir uns vor, zwei Kinder sollen ein Stück Erdbeertorte untereinander aufteilen. Das Kind mit dem Messer wird immer geneigt sein, ein großes Stück für sich und ein kleines Stück für das andere Kind abzuschneiden – vorausgesetzt, dass beide Erdbeerkuchen gleichermaßen gerne mögen! So streiten die beiden Kinder um das größere Stück Kuchen und keiner hat gewonnen bzw. wird gewinnen, da es zu keiner Entscheidung kommt.
Nash ist nun der Meinung, wenn das eine Kind den Kuchen teilt und das andere sich als erstes ein Stück aussuchen darf, wird das Kind mit dem Messer so genau teilen wie möglich. So haben beide gewonnen. Qualitativ ist dies schon vor Nash beschrieben worden, der Mathematiker Nash fand jedoch eine Formel, die das „Erdbeerkuchenteilungsproblem“ für komplexere Fragestellungen des Wirtschaftslebens quantitativ beschreibbar macht.
Das Nash-Gleichgewicht drückt damit mathematisch eine gesellschaftliche Konvention aus, einen „Ruhepunkt“, in dem kein Akteur einen Anreiz hat, von seiner Strategie abzuweichen, solange die anderen Akteure an der betrachteten Strategienkombination festhalten. Es führt so unter bestimmten Rahmenbedingungen zur optimalen Entscheidung. Sein Ansatz hat in der Praxis die multilateralen Verhandlungen zu Fragen des Welthandels nachhaltig beeinflusst und wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, wenn die beiden Kinder „Nord“ und „Süd“ den Erdbeerkuchen „Weltmarkt“ aufteilen.
John Nashs Biographie stimmt hoffnungsvoll: Sein Leben war in mehrerlei Hinsicht ein Ringen mit dem Gleichgewicht, unterstützt von der Liebe seiner Frau, die ihm auch in schweren Zeiten die Treue hielt. So konnte Nash seine schwere Schizophrenie überwinden, eine Krankheit, über die er unlängst in der Retrospektive meinte, sie sei wohl, verglichen mit einem durchschnittlichen Hochschullehrerleben, das geringere Übel gewesen.
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Kommentare zu diesem Text
Juline (11)
(08.02.08)
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