Überfall

Roman zum Thema Aggression

von  Mutter

Selbst mit Ingianos Hilfe brauchten sie eine ganze Weile, bis sie die anderen wieder erreichten.
Turan kam ihnen schon entgegen.
‚Ich habe das Licht gesehen. Was ist das?‘ fragte er und sah staunend auf Ingiano.
Ihre vorherige Konfrontation schien er komplett zu ignorieren. Savena klärte ihn kurz über ihren Vertrauten auf und brachte Bragos dann in die Felsspalte. Er war unverletzt, jetzt, nachdem sie ihn behandelt hatte, aber stark geschwächt. Sie beeilte sich, ihm etwas zu essen zu bringen.
Als Bragos in einen erschöpften Schlaf gefallen war, trat sie zu Turan an das kleine Feuer.
Bevor sie etwas sagen konnte, blickte er zu ihr auf und begann: ‚Es tut mir leid. Ich hatte kein Recht, Euch aufzuhalten. Es war richtig, ihn suchen zu wollen.‘
Savena lächelte dankbar und setzte sich.
Nach einer Weile fragte sie: ‚Wie geht es Eurem Arm?‘
Turan schüttelte den Kopf. ‚Alles in Ordnung. Sobald Ihr außer Sicht wart, konnte ich ihn wieder bewegen.‘
‚Die Magie hält nur solange an, wie ich mich darauf konzentriere.‘
Stumm verabschiedeten sie sich und Savena ging, um ein weiteres Mal nach Bragos zu sehen.
Später löste sie Aarok als Wache am Eingang ab.

‚Es hat wieder aufgeklart‘, verkündete Turan am nächsten Morgen fröhlich. Sie machten sich wieder auf den Weg nach unten.
Nachdem sie noch ein paar Mal steile Hänge überwinden mussten, wurde der Abstieg langsam sanfter und den ganzen Nachmittag mussten sie die Seile kein einziges Mal mehr benutzen.
Die Sonne schien und wurde von den Felsen kräftig zurückgeworfen. Savena konnte spüren, wie die allgegenwärtige Kälte endgültig aus ihren Knochen vertrieben wurde. Manchmal nahm sie sich einen Moment Zeit, um wie eine Eidechse auf einem heißen Stein noch mehr der hellen Strahlen in sich aufzusaugen. Zwischenzeitlich hatte sie fast das Gefühl, ähnlich viel Wärme wie Ingiano speichern zu können. Nur wenn sie in den engen Passagen zwischen hohen Felsen tief im Schatten lief, konnte sie die Kälte zurückkehren spüren. Aber durch das zügige Tempo, das Turan anschlug, blieben sie nie lange in den kühlen Spalten.

Am späten Vormittag wurde der Pfad breit genug, dass sie streckenweise paarweise gehen konnten. Savena nutze die Gelegenheit, sich mit Turan zu unterhalten.
‚Warum haben die Kung’Sah uns angegriffen?‘
Turan verzog das Gesicht. ‚Wer weiß? Sie haben noch nie etwas anderes gemacht. Ich nehme an, es macht ihnen Spaß.‘
Savena schnaubte und sah ihn an. ‚Das kann ich mir nur schwer vorstellen. Sie haben gestern mehrere von ihren Leuten verloren, ohne dafür etwas zu bekommen. Ob ihnen das Freude bereitet?‘
Der Waldläufer antwortete nicht und nach einer Weile des Schweigens ließ sich Savena zu Bragos zurückfallen.
Kurz nach Mittag machten sie eine kurze Rast, aber Turan drängte sie bald wieder zum Aufbruch. Sie waren noch nicht weit gekommen, als er die Gruppe erneut anhalten ließ. Er hatte sich hinuntergebeugt, um Spuren in dem feuchten Boden zu untersuchen. Die anderen umringten ihn.
‚Was ist?‘ fragte Savena etwas verärgert, als er keine Anstalten machte, sich zu erklären.
‚Berglöwen. Sie sind von Jägern verfolgt worden.‘
‚Wie viele?‘ fragte der Händler.
Turan neigte unsicher den Kopf. ‚Vielleicht sieben, vielleicht mehr. Auf jeden Fall Kung’Sah, aber nicht nur. Hier sind auch größere Spuren.‘
‚Wie lange ist es her, dass sie hier durchgekommen sind?‘
‚Zwei, drei Stunden. Der Löwe hatte einen Vorsprung von einem halben Tag.‘
Damit stand er wieder auf und sah sich um. Unwillkürlich folgte Savena seinem Beispiel, konnte aber in der friedlichen, sonnendurchtränkten Felswand nichts entdecken.
Die Spuren liefen eine Weile parallel mit ihrem Weg, trennten sich aber nach einer Weile von ihm und folgten dem Bergrücken Richtung Süden.
‚Ich glaube nicht, dass wir uns um die Spuren Gedanken machen müssen‘, entschied Turan kurz darauf. ‚Machen wir uns wieder auf den Weg.‘
Am späten Nachmittag mussten sie immer wieder durch hohe Schluchten. Das eingetrocknete Bachbett, dem sie seit geraumer Zeit folgten, hatte sich seinen Weg zwischen den Felsen hindurch gesucht. Savena waren die klammen, feuchten Zwischenräume nicht nur wegen der Kälte nicht ganz geheuer.
Da sie sich immer wieder fröstelnd umschaute, entdeckte sie als erste die Schatten über ihnen. Savena rief eine Warnung und als sich eine der kleinen Gestalten aus der Deckung erhob, um mit seinem Bogen zu schießen, ließ sie ihre magische Energie auf ihn los.
Ihre Wahrnehmung veränderte sich schlagartig. Sie konnte die pulsierende Energie seines Körpers über sich sehen und griff nach ihm. Tastete ihn ab und fand die Stelle, nach der sie gesucht hatte. Sie erhöhte den Druck und fühlte den Mann zusammenbrechen. Auf der anderen Ebene, mit ihren Augen, konnte sie beobachten, wie er bewusstlos über den Rand der Klippe stürzte. Konnte seine Aura erlöschen sehen, als er unten aufschlug.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram