Ein blauer Tag!? Oder: Das fehlende Rosa

Text zum Thema Lebensbetrachtung

von  Fuchsiberlin

Am Morgen zerschlägt sie einen Teller. Scherben am Boden, die einen fehlenden Schrei ihrer Stimme ausdrücken. Ein nächtlicher Traum, und ihre Blicke zittern, während ihre Zunge jedes Wort festklebt.

Am Vormittag steht sie vor dem Schaufenster einer Boutique. Die toten Puppen tragen Kleider. In ihrer Fantasie zieht sie einer dieser stummen und verkaufsfördernden leblosen Gestalten ein blaues Totenhemd über. Blau? Ja, warum denn nicht. Heißt es nicht: Es existieren nicht nur schwarz und weiß!?

Sie möchte so wie diese Puppe stehend sterben. Auf ihren Narben kämpft die Wut mit ihr, und sie mit dieser.

Am Mittag legt ihr eine Wahrsagerin die Karten. Die Sinnsuche trieb sie zu dieser Frau, die sich als "Medium der allumfassenden Sinnsturzfunde" bezeichnet. "Irre ist normal, und verrückt ist anders", denkt sie. Die sogenannte "Seele" mischt sich zwischen Liebe, Glück, Abschied und Tod. Karten können sich eisigkalt anfühlen. Symbole ketten den Körper an irgendeine Hoffnung oder Verzweifelung.

Zwanzig Karten spielen mit ihren Konflikten und ihrem Dasein. Sie zahlt 100 Euro, und denkt darüber nach, zu beten. Dabei glaubt sie weder an Gott noch irgendetwas, was andere als das anzubetendes "Universum" bezeichnen. Sie wirft den Gedanken in die Kiste der aufgehobenen Fehler.

Am Nachmittag erlebt sie als Zuschauer, wie die Frustration eines Menschen in Gewalt übergeht.
Ein falscher (Augen-)Blick; und ein Unschuldiger liegt am Boden. Zuschauer helfen nicht immer, sie wählt die 110. Ihre Mauer der Kälte beginnt zu wachsen, und die innere Wärme einzuschließen. Ein nicht verheilter Schnitt der Kindheit blutet. Eine kalte Träne fällt auf den heißen Asphalt.

Am Abend steht sie an einer Kreuzung. Ampellichter bleiben ewiglange rot. Die Trauer um die unsichtbaren Toten der Straße des Lebens schreit nach einem Stop.

Der Sinn manch eines menschlichen Wegweisers erschließt sich ihr nicht. Die Dramatik einer Erkenntnis, das Pflaster auf Wunden nicht immer zur Heilung verhelfen, sondern manchmal mit Überdruck eine Blutstillung verhindern.

Ein Weg kann zu Zweit gegangen werden, und doch in Einsamkeit sein Ende finden. Sie denkt an das blaue Totenhemd, und wünscht sich jetzt ein Rosa. Ein einsamer Moment.

In der  Nacht balanciert sie auf einem steinernen Seil, und wärmt die kalten Farben.

Der Weg der Hoffnung kann weit sein.


Anmerkung von Fuchsiberlin:

Leben anders und doch (vielleicht manchmal) so oder so (ähnlich).

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Kommentare zu diesem Text

SigrunAl-Badri (52)
(07.07.12)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 09.07.12:
Liebe Sigrun,

ich danke Dir sehr:)

Ein Alltag, der Abseits eines Rosas auch existiert.

Ganz liebe Grüße
Jörg

 Dieter_Rotmund (02.11.21)
Etwas arg gedrechselt wirkender. steriler Text.
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