Untote Bilder

Bild zum Thema Lebensbetrachtung

von  Fuchsiberlin

Du siehst Bilder. In irgendeiner Ecke deines Gehirns befindet sich eine Dauerausstellung. Eintritt frei. Bilder als Ausdruck von Erinnerungen. Manche von ihnen hattest du beerdigt. Glaubtest du. Vergangenes kannst du nicht so einfach begraben. Oder bezeichne es eher als ein Verdrängen. Totgeglaubtes kennt keinen Friedhof. Andere reden nach ihrem Tod. In deiner Seele.

Auf einem Bild schaust du auf zwei Krieger, die eine Marionette verwunden. Die Holzpuppe sieht dir sehr ähnlich. Können Eltern Krieger sein? Ja.

Ein anderes Bild besteht nur aus einem schwarzen Tuch. Aus einem Mikrofon in der Mitte dieses Werkes hörst du Worte einer nie vergessenen Zeit, und einen Schrei. Es ist dein Schrei. Dunkle Jahre.

Auf einer anderen Darstellung deiner Kindheit entdeckst du die Geburt einer Welt neben dieser Welt. Für manche Unbeteiligte bedeutet dies ein Abseits, ein Rand an irgendeinem Dreieck. Wegschauen ist einfacher. Doch dieser Raum eines anderen Lebens befindet sich nicht am Rand, sondern mitten im Leben, im Alltag. Du erlebtest als Kind diese Welt, in der Erwachsene dein Vertrauen raubten, deine Seele zerfetzten, dich beschmutzten. Neben diesem geschilderten Bild erblickst du eine Fotografie. Diese zeigt dich als Kind an einem Gleis auf einem Bahnhof gefesselt. Ein Mann steht lächelnd vor dir. Du weißt, was dann geschah.

Es gibt eine Wunde, die ist noch nicht vernarbt. Manchmal kratzt du an dieser. Unabsichtlich. Und du spürst die Schmerzen, die dir zu bekannt sind.

Züge an Gedanken fahren manchmal durch zu enge Kurven und auf sehr schmalen Gleisen. Du schaust aus dem Abteilfenster in die Gegenwart, und denkst hin und wieder an die Zukunft. Doch in der Mitte des Zuges befindet sich der Gepäckwagen. Schwer beladen mit den Bildern der Vergangenheit. Irgendwann legst du dich erschöpft schlafen. Und hoffst morgen anzukommen. In einer anderen, und für dich neuen Welt, ohne dieser einen tiefen Wunde.

Schnitt.

Ausschnitt eines Gesprächs:

„Du tust mir leid“

„Zahle bitte kein Mitleid auf mein emotionales Konto ein.
„Es wirft keine Zinsen ab. Schau: Weder für dich noch für mich ist dies hilfreich. Mitleid ist ein Schlüssel, der keine Tür öffnet. Oder, um es klar auszudrücken: Ich finde mir entgegengebrachtes Mitleid sch...“

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Kommentare zu diesem Text

chichi† (80)
(24.02.14)
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Luciernaga (54) meinte dazu am 24.02.14:
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 Fuchsiberlin antwortete darauf am 25.02.14:
@ chichi, Ja, das hast Du richtig erkannt, Gerda. Mitleid? Nein, egal von wem es kommt: Er nimmt es nicht an.

@ Lucie: Mitgefühl nimmt er vielleicht an, wenn es nicht erdrückt.

Ich danke Euch.

LG
Jörg

 Ganna (27.02.14)
"Züge an Gedanken fahren manchmal durch zu enge Kurven und auf sehr schmalen Gleisen. Du schaust aus dem Abteilfenster in die Gegenwart, und denkst hin und wieder an die Zukunft. Doch in der Mitte des Zuges befindet sich der Gepäckwagen. Schwer beladen mit den Bildern der Vergangenheit. Irgendwann legst du dich erschöpft schlafen. Und hoffst morgen anzukommen. In einer anderen, und für dich neuen Welt, ohne dieser einen tiefen Wunde."

...kommt mir sehr bekannt vor...treffend geschildert...

LG Ganna
Pocahontas (54)
(27.02.14)
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 Fuchsiberlin schrieb daraufhin am 27.02.14:
Genau so, wie Du es beschreibst, verhält es sich leider zu oft, liebe Sigrun. Dann kann die/der Betroffene nur versuchen, damit zu leben und umzugehen lernen. Mir fehlen jetzt weitere Worte außer den folgenden:

Ich danke Dir.

Liebe Grüße
Jörg
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