Der Sieger diktiert

Glosse zum Thema Unterdrückung

von  loslosch

Contendere durum est cum victore (Horaz, 43 v. Chr. bis ~17 n. Chr.; Sermones). Es ist hart, sich mit dem Sieger anzulegen.

Ein selbstverständlich klingender Satz. In einem anderen Kontext entfaltet er eine schillernde Wirkung. Wenn Israelis und Palästinenser sich wieder (wie oft eigentlich schon?) an einen Tisch setzen, ist das militärische Kräfteverhältnis, wie vordem, eindeutig: zugunsten Israels. Die Verhältnisse aber sind nicht mehr so, wie sie waren. Die höhere Geburtenrate des feindseligen Umfelds? Das war schon immer, wenngleich sie den Druck auf den Sieger erhöht. Das wachsende (Arbeits-)Heer der israelischen Araber, zuletzt bei über 20% Anteil an der Bevölkerung? Das war schon immer, wenngleich es den Druck auf den Sieger massiv erhöht. Das Aufkommen von Demokratiebewegungen im arabischsprachigen Raum? Das gab es vorher nicht. Es nimmt Israel das Gefühl moralischer Überlegenheit.

Sich mit einem Besiegten anzulegen kann hart sein. Für den Sieger.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (15.08.13)
Ein Sieger der sich so verhält, kann schon einmal die Leichensäcke für den nächsten Krieg bestellen. Denn wenn man Frieden will, muss man nicht nur einen Friedensvertrag schließen, sondern während der Verhandlungen und bei seinem Abschluss den anderen auch als vollwertigen Partner mit Ansprüchen und Existenzberechtigen akzeptieren.
Zu deinem Beispiel muss man da sagen: Aus rassistischen und religiösen Gründen sind weder die Israelis noch die Palästinenser dazu bereit. Beide Seiten träumen (immer noch) von einem Siegfrieden und einem Brest-Litowsk (1917).

 loslosch meinte dazu am 15.08.13:
in beiden lagern gibts auch besonnene. bei den palästinensern trauen sich nicht alle aus der deckung.

 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 16.08.13:
Beide Lager sind sicherlich in sich tief gespalten (Tauben & Falken), eine Tatsache, die bei uns zu selten wahrgenommen wird.

 EkkehartMittelberg (15.08.13)
Der Aphorismus des Horaz stimmt, und dennoch muss der Sieger sehr auf der Hut sein, denn
Es ist fatal, den Besiegten zu demütigen.

 loslosch schrieb daraufhin am 15.08.13:
an sowas dachte hitler nicht. er schwadronierte und fabulierte über schlachtplänen und atlanten ...

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 15.08.13:
Das mit Hitler glaube ich dir aufs Wort. Und dennoch bekam Nazi-Deutschland die Wirkungen seines Fehlverhaltens, die Besiegten zu demütigen, bald zu spüren.

 loslosch ergänzte dazu am 15.08.13:
ja, aber in abgemilderter form. morgenthau drang nicht durch und die franzosen hatten ihre vichys auf dem buckel. es war aber kein ausfluss von überschäumender humanitas. es war die erkenntnis: wir haben die falsche sau geschlachtet. und dIe erinnerung an die unseligen versailler verträge. - in dieser reihenfolge!
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