Ein Anti-Schachmotto?

Glosse zum Thema Denken und Handeln

von  loslosch

Adeo facilius est multa facere quam diu (Quintilian, 35 n. Chr. bis ~96 n. Chr.; Institutiones oratoriae). Es ist erheblich leichter, sich mit vielerlei Dingen zu befassen als lange (mit ein und derselben Sache).

Ähnlich das bekanntere Motto: Variatio delectat (Abwechslung erfreut; bei Cicero und anderen nach dem griechischen Tragödiendichter des 5. Jhs. v. Chr., Sophokles). Ein Schachspieler, der oft lange 5 Stunden vor einem quadratischen Brett mit 64 Feldern verharrt, wird zum Erstaunen von Laien die Richtigkeit der Sentenz bestätigen. Das äußerlich gleichbleibende Verweilen des Spielers am Brett, oft versunken in stoisch erscheinendem Gleichmut, gelegentlich auch tarnend zur Schau gestellt, verströmt scheinbar unendliche Langeweile. Beim gedanklichen Abgleich von Positionen und Varianten befasst sich der Akteur mit vielerlei "Dingen". Schachfiguren werden in Gedanken hin- und hergeschoben. Dabei geht es im Inneren der kleinen, grauen Zellen höchst munter zu, getreu dem Motto: Adeo facilius est multa facere quam diu. Ein Lobgesang dem Schachspiel. Ganz und gar kein Anti-Schachmotto.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (20.05.14)
Auf Schach - so wie jedes andere interessante Spiel - mag das zutreffen. Aber wenn man sich nur einmal aufmerksam vor das Jogurtregal im Supermarkt stellt, sieht die Sache schon ganz anders aus...

 loslosch meinte dazu am 20.05.14:
weil die angebote ähnlich attraktiv sind - meinte der esel burridan.

 niemand (20.05.14)
Das ergibt sich schon aus der Tatsache, dass der Mensch von Natur aus auf Abwechslung aus ist, sprich ein und das Selbige langweilt ihn schnell. Das hat was mit dem Lustprinzip zu tun. Alles Neue hat seinen flüchtigen Reiz und verursacht ihm sein Kribbelchen im Bäuchlein.
Einmal kurz drüber (geguckt, glaufen, gehört) und schon nach
was Kribbeligerem Ausschau gehalten. Ziemlich infantil das, aber real.
Zum sich mit Einem (Wesen/Gebiet/Ding) dauerhaft (länger) zu befassen braucht es auch Geduld und diese muss anerzogen, angelernt
sein und entspricht nicht dem natürlichen Verlangen, eine kulturelle
Sache also, eine Kopfsache. Die natürliche Flüchtigkeitssucht wird wunderbar von der Werbewelt für ihre Zwecke gebraucht und mißbraucht und zwar mit Erfolg. Die Werbung winkt mit einem neuen Produkt, die Masse läuft zum Kribbelchen. Dabei kann sich keiner so richtig von freisprechen, nur der eine schafft es besser unter Kontrolle zu halten, der andere weniger bis garnicht. Eine Sache der
geistigen /seelischen Entwicklung. Mit herzlichen Grüßen, Irene

 loslosch antwortete darauf am 20.05.14:
ich wollte einmal die variatio in die gedankenwelt verlagern. nicht ohne risiko, denn man kann in eine scheinwelt abdriften. beim schach eher selten, äußerst selten. ich "kannte" allerdings einen starken spieler, der seine stärke besonders im blitzschach zeigte. immer mit einer flasche bier. und der nächsten ... das fördert die entscheidungslust.

 hier.

ick hab nücht jesacht.

 EkkehartMittelberg (20.05.14)
Eine wunderschöne Charakteristik der anregenden variatio beim Schachspiel. Man darf diese Bemerkung gefahrlos äußern, auch wenn man ein miserabler Schachspieler ist wie ich.

 loslosch schrieb daraufhin am 20.05.14:
danke, ekki. hast du schon alle neuankömmlinge auf kv gesichtet?

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 21.05.14:
Ich weiß, was du meinst, gebe aber jedem Neuankömmling zunächst die Chance, tatsächlich neu zu sein.
Graeculus (69)
(20.05.14)
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 loslosch ergänzte dazu am 20.05.14:
du sprichst professionell. ja, beim heutigen niveau lebt ein ELO-mensch ab 2.600 vom schach, erst ab 2.700 ganz prächtig. allerdings erlaubt das internet ein 10fach schnelleres nachspielen von partien, was den zeitaufwand leicht mindert. leicht nur, weil das lernpotential nach oben schnellt!

 ViktorVanHynthersin (20.05.14)
Vielleicht war Quintilian der erste, der sich mit Prokrastination beschäftigt hat )
Herzliche Grüße
Viktor

 loslosch meinte dazu am 20.05.14:
den begriff kannte ich, hatte ihn wieder vergessen und das nachschlagen auf die lange bank geschoben ...

in der tat! zwangsneurotikern fehlt die ausdauer. also fangen sie dauernd was neues an. (kann ich beschwören!) lo

 Augustus meinte dazu am 20.05.14:
liegt (theoretsich) in dem dauernd etwas neues anfangen nicht ein Muster der Ausdauer vor? Nur eine kleine Gedankenspielerei am Rande.

Gruß,
Augustus

 loslosch meinte dazu am 21.05.14:
aber nur rein theoretsich ...
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