Wir haben ja den Kopf noch

Erörterung zum Thema Denken und Handeln

von  loslosch

Omnia mea mecum porto (Cicero, 106 v. Chr. bis 43 v. Chr.; Paradoxa Stoicorum - nach dem griechischen Philosophen Bias von Priene, 6. Jh. v. Chr.). Alle meine Habe trage ich bei mir.

Übertragen auf die Nachkriegssituation Westdeutschlands, besagt diese Sentenz: Wir haben ja den Kopf noch (fest auf dem Hals - so sang das Düsseldorfer Kom(m)ödchen 1948). Das wandelnde Kapital der grauen Zellen mit all den Fähigkeiten und Fertigkeiten. Deutschland lag in Schutt und Asche, aber die gut ausgebildeten Architekten, Ingenieure, Naturwissenschaftler, Handwerker und Facharbeiter gab es noch, wenn auch in dezimierter Zahl. Darauf ließ sich aufbauen. Rohstoffe fanden sich zur Not auch in den Trümmern: verbogener Stahl, Steine und Schutt. Die allgemeinen politischen Rahmenbedingungen (Ost-West-Konflikt) passten dazu. Die Westalliierten brauchten Deutschland als Verbündeten.

Bias von Priene, einer der sieben Weisen, dachte nicht nur an die technischen Fähigkeiten, sondern auch an die charakterlichen Eigenschaften. Daran aber mangelte es im wiedererstandenen Deutschland, in dem ehemalige Nazis mit an den Schalthebeln der Macht saßen. Paradefall ist Hans Globke (1898 bis 1973), die graue Eminenz Adenauers. Nach dem Zerfall der DDR (1989) waren in den Köpfen der damals über 70-Jährigen noch Restbestände marktwirtschaftlichen Denkens. Zu wenig, um per Knopfdruck das planwirtschaftliche Denken abzustellen. Das Fehlende regelte der West-Ost-Transfer.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (05.02.15)
Oh, ist heute auch wieder aktuell. Alles was die Leute haben, haben sie bei sich - in ihrem Klugtelefon! :D

 loslosch meinte dazu am 05.02.15:
was diese dingerchen aus dem www alles draufhaben.

 EkkehartMittelberg (05.02.15)
Ich bin mal als Lehrgangsleiter in die Reinhardswaldschule nach Kassel gefahren und habe meine Tasche mit allen Unterlagen zu Hause liegen lassen. Was sollte ich machen? Ich gestand den Lehrgangsteilnehmern meine Schusseligkeit, fasste mich an meinen hochroten Kopf und zitierte: "Omnia mea mecum porto."
Bald erschien aber als rettender Engel mein Schwiegervater und brachte mir die Unterlagen.

 loslosch antwortete darauf am 05.02.15:
anno 1997: mathelehrerin im unterricht mit notizen am offenen fenster. eine bö und die papiere segelten in den schulhof. "o je, jetzt muss ich meinen unterricht beenden." (die dame war psychisch krank und wurde frühpensioniert.)
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram