Ein Frühlingstag auf der Schießbahn
Erzählung zum Thema Krieg/Krieger
von KayGanahl
Das sehr laute Geräusch
Ein Frühlingstag. Nachmittags. Die Sonne brach gerade durch das dichte Gewölk. Es herrschte Ruhe. Kaum einmal wurde einer der vorgesetzten Unteroffiziere etwas lauter.
Alle vom Chef der 4. Kompanie hierher befohlenen Züge, es waren lediglich zwei Züge mit wenigen Gruppen hier, waren endlich auf dem Sammelplatz nahe der Schießbahn „Löwenruhe“ eingetroffen. Aber der 1. Zug orientierte sich sofort weiter, sammelte sich zügig vor der Schießbahn „Vogelsitz“.
Die 3. und 4. Gruppe des 2. Zuges der Kompanie bildeten als erste zwei Schlangen mit wartenden Soldaten auf der Schießbahn „Löwenruhe“. Die ersten Soldatinnen und Soldaten begannen mit dem Zielschießen. Es handelte sich um ein Zielschießen auf 50 Meter entfernte schwarz-weiße Scheiben aus Karton. Jeder Soldat hatte drei Schuss kurz hintereinander abzugeben. Dann erfolgte der Wechsel.
Nach einigen Minuten war einem jungen Gefreiten, in der 3. Gruppe zuletzt an der Reihe, etwas Ungewöhnliches aufgefallen, - noch hielt er sein Gewehr befehlsgemäß im Anschlag, orientierte sich an Kimme und Korn. Es war in der Tat etwas geschehen, das nicht der Norm entsprach! Dies erwies sich auch an der sofortigen Reaktion der jungen Leitenden der Schießübung namens Feldwebel Seltsam.
Natürlich äußerte sich dieser junge Gefreite namens Widrich nicht, denn es wäre hier gänzlich fehl am Platze gewesen. Als Schütze in Liegehaltung hatte er hier und jetzt keine Äußerung von sich zu geben. Er wartete also lediglich auf den weiteren Befehl, der da sehr wahrscheinlich lauten würde: "Aufstehen und hinten anstellen!"
Die Schlange der wartenden Soldaten hinter Widrich, alles Mannschaftsdienstgrade, war recht lang. Und der erwartete Befehl kam dann auch, als Feldwebel Seltsam mit dem Kopf nickte und: „Der nächste Schütze!“ schrie.
Unteroffizier Baldrauf konnte sich das Lächeln nicht verkneifen, er kannte seine "Feldwebelin"; diese hatte so ihre Macken. Aber wer denn keine? Auf der persönlichen Ebene konnte er mir ihr gar nichts anfangen, jedoch rein beruflich, d. h. als Kameradin, die zwei Dienstgrade über ihm stand, musste er ihr gehorchen und gewissenhaft, wie jeder Soldat, seinen Dienstpflichten nachkommen.
Feldwebel Seltsam beendete wider Erwarten plötzlich die Schießübung für die 4. Gruppe des 2. Zuges, so dass die zuständigen Unteroffiziere die ihnen unterstellte Gruppe zum Ausgang der Schießbahn befahlen.
"Vierte Gruppe zurück zur Kompanie! Waffenreinigen!" befahl Seltsam den Unteroffizieren. Und es setzte sich die Gruppe in Bewegung.
Feldwebel Seltsam als der Zugführer des 2. Zuges – erst 25 Jahre alt und schon eine der erfahrensten weiblichen Kräfte in der Militärkaserne, blond, schlank und rank - stand nach einem weiteren Durchgang mit den Soldaten der 3. Gruppe des Zuges allein vor einer der Zielscheiben, auf die eine ziemlich „engagierte“ Soldatin auf Zeit geschossen hatte; suchte nunmehr geduldig nach den Einschusslöchern. Trotz intensiven Suchens fand Feldwebel Seltsam sie aber nicht. Dies war durchaus seltsam! Seltsam schüttelte den Kopf. In der Morgenfrische fiel ihr ein Sonnenstrahl ins Gesicht.
Hinter der bisher weitgehend makellos funktionierenden Apparatur des Schießstandes wurde in diesem Moment eine Detonation hörbar. Was war passiert?
Es war so, dass in allen Gesichtern plötzlich Fragezeichen auftauchten.
„Wir …!??“ gab Seltsam von sich, was nicht gerade viel war und von Überraschung kündete.
Und alle anwesenden Soldaten zuckten zusammen, - einer der in der Schlange Stehenden konnte sich nicht auf den Beinen halten. Schreiend wandte er sich an seinen Zugführer. Er rannte in des Feldwebels Seltsam Arme, welcher: „Können sie sich nicht zusammenreißen!“ schrie. Der junge Soldat stürzte der Länge nach hin, raffte sich aber sogleich wieder auf, um hinter dem Feldwebel zu den anderen zu gehen.
Feldwebel Seltsam ging zügig zu den noch anwesenden emotional aufgewühlten Soldaten und Soldatinnen, deren Blicke von einiger Verwirrung sprachen; manche schienen sogar verängstigt. Pflichtgemäß versuchte Seltsam für Ruhe zu sorgen, doch es gelang ihr nicht richtig. Der im Hintergrund postierte Oberstabsarzt Dr. Augustin rannte zur Hilfe. Sanitäter Obergefreiter Berger-Winter assistierte ihm. Alle Uniformierten, die Hilfe brauchten, wandten sich an den äußerst agilen Militärarzt.
Der Stabsunteroffizier Renner fragte Feldwebel Seltsam, was zu tun sei.
„Die Übung wird abgebrochen! Meldung an den Kompaniechef!!!“
„Jawohl!“ tönte Renner. Er schickte einen noch einigermaßen gelassen aussehenden Gefreiten zur Kompanie, um Meldung beim Kompaniefeldwebel zu machen. Der verlor keine Sekunde. Binnen zwei, drei Minuten machte er im Kompaniefeldwebel-Zimmer des Kompaniegebäudes Meldung. Der Kompaniefeldwebel erteilte seinem Kompaniechef direkt Meldung, wonach beide zur Schießbahn spurteten. Noch bevor der Kompaniechef im Range eines Hauptmanns namens Echter mit seinem Spieß dort ankam, informierte er seinen Bataillonschef bezüglich der Lage am Schießstand. Dort würde man, davon war sicher auszugehen, sofort weitere Maßnahmen veranlassen.
Die in der Nähe des Bataillons stationierte Feldjäger-Einheit fuhr gerade (sehr schnell, sehr früh!) durch die für sie geöffnete Einfahrt des Bataillons-Haupteingangstors, als der Kompaniechef mit seinem Spieß über die Straße zwischen den Kompaniegebäuden lief.
Feldwebel Seltsam hatte Gruppe 3 seines Zuges vor dem Schießstand Aufstellung nehmen lassen, wo es für die Unteroffiziere schwierig war, die Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten, denn eine zweite Detonation fand statt. Es war rätselhaft, wo genau und vor allem weshalb dort etwas detonierte.
Das die Soldaten unruhig blieben lag wohl daran, dass Feldwebel Seltsam nicht wenigstens lautstark den Befehl „Alle Mann in Deckung gehen!“ gab, sondern lediglich Ruhe in seine Soldaten bringen wollte. Dann traf der Kompaniechef zusammen mit seinem Spieß ein.
„Machen Sie Meldung, Feldwebel!!“ befahl der Kompaniechef seinem Feldwebel Seltsam. Die junge Frau zögerte nicht lange: „Ein sehr lautes Geräusch ist vor ca. 10 Minuten hörbar geworden! Es hat sich sehr wahrscheinlich um eine Detonation gehandelt. Gerade eben ist eine zweite Detonation erfolgt!“
Ein Fernmelde-Gefreiter mit Telefonhörer in der Hand reichte dem Kompaniechef denselben, als dieser von Oberst Lingen, dem Bat-Komm (Bataillonschef) fernmündlich angefordert wurde. Das folgende Gespräch dauerte etwa fünf Minuten. In diesen Minuten detonierte es noch einmal, sage und schreibe das dritte Mal!
Inzwischen schienen sich alle an diese lauten Prüfungen des Gehörs gewöhnt zu haben …
Feldwebel Seltsam und die Ungewissheit
Ja, die lauten Prüfungen des Gehörs! Kurz nach der dritten Detonation trat der Kompaniefeldwebel zu Feldwebel Seltsam nah heran. Er fixierte seine Untergebene durchaus mit einer gewissen … Herablassung, doch Seltsam blieb nach außen selbstbeherrscht, geradezu stählern. Als Leitende am Schießstand, wo sie die jungen Soldatinnen und Soldaten unter sich hatte und über den Einweisern im Unteroffiziersrang stand, konnte sie sich jetzt mit ein bisschen menschlicher Schwäche nicht die Blöße geben, denn diese konnte durch Kameradschaft nicht aufgefangen werden. Jegliche Schwäche war tabu, keine Frage!
Die beiden führten ein Dienstgespräch, alsdann schüttelte Seltsam, ohne dass der Kompaniechef dies sehen konnte, kurz den Kopf. Sie begab sich mit zur Schau gestellter Gelassenheit zu dem Platz, wo immer noch ein paar Zielscheiben hingen. Diese entfernte sie nunmehr. Auch die ohne Einschusslöcher. Der Kompaniefeldwebel, ein agiler Mittfünfziger, folgte dem Feldwebel kritisch mit den Augen, musterte danach kurz die Mannschaftsdienstgrade. Alsdann ging er zu diesen herüber, wo er in Wortlosigkeit verharrte.
Feldwebel Seltsam riskierte in diesem Moment von dem Bereich der Zielscheiben aus einen schnellen, aber gleichermaßen vorsichtigen Blick über die Mauer, hinter welcher die Quelle des unüberhörbar lauten Geräusches zu vermuten war. Davon war jedenfalls auszugehen. Was erblickte Seltsam denn? … nun ja … dort fand sie nichts von größerem Belang, was sogleich einem Vorgesetzten zu melden gewesen wäre …
Mehr gedachte sie vorerst ohne ausdrücklichen Vorgesetztenbefehl nicht zu unternehmen! Sie hielt nach einer Körperwendung in Richtung der Unteroffiziere und Offiziere kurz inne, um dann zielstrebig zur Gruppe der Unteroffiziere zu gehen, die sich etwa zehn Meter entfernt von der Gruppe der Offiziere befand. Man wartete auf Befehle. Wider Erwarten kamen jedoch einige Minuten lang keine Befehle! Das erstaunte Seltsam sehr, sie war ganz anderes gewohnt. Der Bataillonskommandeur war ein Offizier von altem Schrot und Korn. Bisher hatte er – in ihren Augen - größte Selbstsicherheit und Entschlossenheit bewiesen.
“Weitermachen!“ befahl Seltsam schließlich den ihr direkt untergeordneten Unteroffizieren. Die Mannschaftsdienstgrade zeigten jetzt eine viel zu große, nicht zu duldende Unruhe, die von Feldwebel Seltsam auf der Stelle abgestellt wurde: „Ruhe bei den Mannschaften, sofort!!“ schrie sie rüber. Der sich dort noch befindende Kompaniefeldwebel guckte augenblicklich ein wenig mürrisch, weil es ja seine Sache gewesen wäre … aber Feldwebel Seltsam widmete sich sogleich wieder der Gruppe der Unteroffiziere. Dann stürzte der Kompaniefeldwebel hinzu und verpasste Seltsam einen gehörigen Anschiss!
„Das kann doch wohl nicht angehen, Kamerad Seltsam!!“
Aber Seltsam nickte dazu lediglich. Alle standen in einiger Anspannung da.
Der Divisionskommandeur werde hier bald erwartet, hieß es nun in einem lauten Kommandotonfall von Seiten des Kompaniechefs, der dies zu den Unteroffizieren herüber schrie. Diese nahmen die Mitteilung sehr interessiert zur Kenntnis! Der Kompaniefeldwebel stand in größter Gefasstheit zwischen seinen Unteroffizieren und direkt neben Feldwebel Seltsam, die sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen konnte, was dem Kompaniefeldwebel offensichtlich aufstieß, doch er sagte nichts.
Schließlich: „Detonationen? … Deto …? Warum sind wir nicht längst auf das Grundstück nebenan gegangen, um nachzusehen? Vorhin habe ich mal einen Blick rüber gewagt …“, sprach Feldwebel Seltsam kurz darauf leise zum Stabsunteroffizier, der sich auch nichts erklären konnte.
„Ich wäre längst über die Mauer geklettert“, äußerte Letzterer lapidar. Und die äußerst engagierte Seltsam ging für ein paar Minuten tief in sich, um nachzudenken. Es gab hierfür wahrlich einen Grund. Von der Seite her wurde sie vom Kompaniefeldwebel gemustert.
„Alle anwesenden Dienstgrade hören auf zu sprechen!“ befahl dann der Bataillonskommandeur, nachdem er bemerkt hatte, dass es beim Schießplatz viel zu laut war. Aber … seine Offiziere fanden aus dem Gespräch nicht heraus.
„Wir müssen entscheiden, was zu tun ist. Es ist nicht genug Zeit, um auf den Kommandeur zu warten, Herr Oberst!“ sagte der Kompaniechef zum Bat-Komm und runzelte die Stirn. Dieser hätte fast auch seine Stirne gerunzelt, jedenfalls stimmte er mehr oder weniger seinem Hauptmann zu, der sich ein freundliches Lächeln erlaubte.
„Befehlen Sie … Hauptmann!!!“
„Ja. Diese Situation ist auf Dauer untragbar!“ fügte der Hauptmann an. Er guckte zu seinen Uffzen herüber und: „Feldwebel Seltsam zu mir!“
Diese junge Frau mit dem Dienstgrad Feldwebel verlor jetzt keine Sekunde. Schon stand sie vor dem Hauptmann still. Beide guckten sich erwartungsvoll in die Augen.
Der Hauptmann: „Sie steigen jetzt über die Mauer, um die Lage zu sondieren. Wir machen uns hier ja noch lächerlich …!“
„Jawohl, Herr Hauptmann!“
Und der Bat-Komm: „Ausführung, aber hurtig!“
„Ausführung!!“ mit Nachdruck nunmehr wieder der Hauptmann. Die Uffze schauten erwartungsvoll zu der Gruppe mit den Offizieren und dem Feldwebel. Die Feldjäger-Gruppe hatte sich bisher rätselhaft zurück gehalten, der Stabsunteroffizier dieser Gruppe wurde ziemlich unwirsch und brüllte Feldwebel Seltsam hinterher: „Stehenbleiben, das ist Sache der Feldjäger!“
Der Bat-Komm: „Ich erteile hier die Befehle, Stabsunteroffizier!“
„Ich als Führer der Feldjäger-Gruppe habe in dieser Angelegenheit den Auftrag zur Ausführung …!“
Endlich würde die Sache mit den mysteriösen Detonationen geklärt werden können – trotz Kompetenzgerangel?!
Die Erkundung
Jegliches Bezweifeln von Kompetenzen und auch Unentschlossenheit dienten der Aufklärung der weniger als unübersichtlich denn als fragwürdig zu bezeichnenden Lage natürlich nicht, - eine eindeutige Entschiedenheit des Vorgehens war offensichtlich vonnöten! Eigentlich war das alles hier schon ziemlich kurios … Nun, es musste eine Erkundungsmission in Marsch gesetzt werden, und zwar sofort!
Gerade wurde die Sonne vom Gewölk völlig verdeckt, als die Gruppe mit Soldaten im Mannschaftsdienstgrad endlich abrückte. Der Hauptmann hatte dies mit Nachdruck befohlen, als Feldwebel Seltsam und die Feldjäger-Gruppe über die Mauer kletterten. Und die Gruppe mit Mannschaftsdienstgraden, die geschossen hatte, rückte sodann im Marschschritt zurück in die Kompanie. Hierfür hatte Stabsunteroffizier Renner vom Kompaniechef die Leitung übertragen bekommen. Der andere Unteroffizier des 2. Zuges, Baldrich, ging hinter den Soldaten.
Der Bat-Komm und der Kompaniechef gesellten sich dann, den Soldaten kurz nachblickend, zu dem noch anwesenden Kompaniefeldwebel. Zusammen warteten sie geduldig auf die Rückkehr der Erkundungsgruppe, die über die Mauer geklettert war.
War jetzt Entscheidendes, also das alles bestens Aufklärende zu erwarten?
Der Oberstabsarzt stand mit dem Sanitäter einige Meter von den Wartenden entfernt, auf Befehl des Oberst ging er mit seinem Sani unmittelbar vor die Mauer und wartete dort weiter.
„Was geschieht, das geschieht einfach …“, sagte der Oberst lapidar. Was in seinem Kopf vorging, dies würde er an diesem Ort wohl kaum preisgeben; in der Tat hielt er seine Nerven sehr gut im Zaume.
„Verstärkung könnte erforderlich sein. Vielleicht war es falsch, dass die Mannschaftsdienstgrade in die Kompanie zurück sind?!“ sagte der Hauptmann, doch darauf schwieg sein Bataillonskommandeur bloß. Des Kompaniefeldwebels Aufgabe vor Ort war durchaus unklar, weshalb er um den Befehl zur Rückkehr in seine Kompanie bat. Der Kompaniechef lehnte jedoch ab.
„Hier wissen wir noch gar nicht, wie es laufen wird. Handelt es sich um eine Bedrohung von außen …?“ Sollte sein Vorgesetzter, der Bat-Komm, diese Frage beantworten. Dieser schwieg sich jetzt einfach aus.
Auf einmal kam der Oberfeldwebel der Wache mit zwei Streifensoldaten angerannt. Recht spät. Wohl hatte man sein Vorgehen und Verhalten im Bataillons-Kommando abgestimmt. Man konnte ihm seine Sorge direkt ansehen.
„Ich brauche die Information, was hinter der Mauer vor sich gegangen ist“, so sagte er, nachdem er ordnungsgemäß Meldung beim Bataillonskommandeur gemacht hatte.
„Stellen Sie sich mal da hin!“ kommandierte der Bat-Komm, der den OVWA kaum anblickte, bloß. Und dieser, ein Unteroffizier im Feldwebelrang, errötete heftig. Die Situation war für ihn ungewöhnlich, aber ganz selbstverständlich gehorchte er dem einfach unmissverständlichen Bataillonsbefehl. Noch nicht einmal ein leises Murren drang zwischen seinen Lippen hervor. Es trat vielmehr ein bedrückendes, doch auch erwartungsvolles Schweigen ein.
Hervorragend waren an der Stelle, wo gewartet wurde, die Stimmen der Erkundungsgruppe zu vernehmen, - sie waren eher laut - Feldwebel Seltsam schien mit dem Stabsunteroffizier der Feldjäger alles im Griff zu haben.
So zum Beispiel: „Das ganze … Objekt muss von hier schleunigst entfernt werden!“
Und darauf: „Diese über die ganze Wiese verstreuten Einzelteile sind von der zuständigen Behörde sorgsam spurentechnisch zu untersuchen! Wir brauchen die Unterstützung der Kriminalpolizei!“
Feldwebel Seltsam: „Nichts mit den Händen berühren, Befehl!“
Stabsunteroffizier, Feldjäger: „Sie befehlen mir hier nichts!“
Die Wiese war – immer noch erblickten die Offiziere und der Kompaniefeldwebel, der OVWA sowie der Oberstabsarzt mit dem Sanitäter nicht dieses an das militärische Sperrgelände angrenzende Wiesengelände – wirklich ganz und gar übersät mit kleinen und kleinsten, überwiegend technischen Einzelteilen. Sie konnten nicht so ohne Weiteres zu einem Gesamt, da ja durch Detonationen zerstört worden, wieder zusammengefügt werden.
Das war sowieso nicht die Aufgabe der anwesenden, alles in Augenschein nehmenden Soldaten und Unteroffiziere.
Kay Ganahl
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Ein Frühlingstag. Nachmittags. Die Sonne brach gerade durch das dichte Gewölk. Es herrschte Ruhe. Kaum einmal wurde einer der vorgesetzten Unteroffiziere etwas lauter.
Alle vom Chef der 4. Kompanie hierher befohlenen Züge, es waren lediglich zwei Züge mit wenigen Gruppen hier, waren endlich auf dem Sammelplatz nahe der Schießbahn „Löwenruhe“ eingetroffen. Aber der 1. Zug orientierte sich sofort weiter, sammelte sich zügig vor der Schießbahn „Vogelsitz“.
Die 3. und 4. Gruppe des 2. Zuges der Kompanie bildeten als erste zwei Schlangen mit wartenden Soldaten auf der Schießbahn „Löwenruhe“. Die ersten Soldatinnen und Soldaten begannen mit dem Zielschießen. Es handelte sich um ein Zielschießen auf 50 Meter entfernte schwarz-weiße Scheiben aus Karton. Jeder Soldat hatte drei Schuss kurz hintereinander abzugeben. Dann erfolgte der Wechsel.
Nach einigen Minuten war einem jungen Gefreiten, in der 3. Gruppe zuletzt an der Reihe, etwas Ungewöhnliches aufgefallen, - noch hielt er sein Gewehr befehlsgemäß im Anschlag, orientierte sich an Kimme und Korn. Es war in der Tat etwas geschehen, das nicht der Norm entsprach! Dies erwies sich auch an der sofortigen Reaktion der jungen Leitenden der Schießübung namens Feldwebel Seltsam.
Natürlich äußerte sich dieser junge Gefreite namens Widrich nicht, denn es wäre hier gänzlich fehl am Platze gewesen. Als Schütze in Liegehaltung hatte er hier und jetzt keine Äußerung von sich zu geben. Er wartete also lediglich auf den weiteren Befehl, der da sehr wahrscheinlich lauten würde: "Aufstehen und hinten anstellen!"
Die Schlange der wartenden Soldaten hinter Widrich, alles Mannschaftsdienstgrade, war recht lang. Und der erwartete Befehl kam dann auch, als Feldwebel Seltsam mit dem Kopf nickte und: „Der nächste Schütze!“ schrie.
Unteroffizier Baldrauf konnte sich das Lächeln nicht verkneifen, er kannte seine "Feldwebelin"; diese hatte so ihre Macken. Aber wer denn keine? Auf der persönlichen Ebene konnte er mir ihr gar nichts anfangen, jedoch rein beruflich, d. h. als Kameradin, die zwei Dienstgrade über ihm stand, musste er ihr gehorchen und gewissenhaft, wie jeder Soldat, seinen Dienstpflichten nachkommen.
Feldwebel Seltsam beendete wider Erwarten plötzlich die Schießübung für die 4. Gruppe des 2. Zuges, so dass die zuständigen Unteroffiziere die ihnen unterstellte Gruppe zum Ausgang der Schießbahn befahlen.
"Vierte Gruppe zurück zur Kompanie! Waffenreinigen!" befahl Seltsam den Unteroffizieren. Und es setzte sich die Gruppe in Bewegung.
Feldwebel Seltsam als der Zugführer des 2. Zuges – erst 25 Jahre alt und schon eine der erfahrensten weiblichen Kräfte in der Militärkaserne, blond, schlank und rank - stand nach einem weiteren Durchgang mit den Soldaten der 3. Gruppe des Zuges allein vor einer der Zielscheiben, auf die eine ziemlich „engagierte“ Soldatin auf Zeit geschossen hatte; suchte nunmehr geduldig nach den Einschusslöchern. Trotz intensiven Suchens fand Feldwebel Seltsam sie aber nicht. Dies war durchaus seltsam! Seltsam schüttelte den Kopf. In der Morgenfrische fiel ihr ein Sonnenstrahl ins Gesicht.
Hinter der bisher weitgehend makellos funktionierenden Apparatur des Schießstandes wurde in diesem Moment eine Detonation hörbar. Was war passiert?
Es war so, dass in allen Gesichtern plötzlich Fragezeichen auftauchten.
„Wir …!??“ gab Seltsam von sich, was nicht gerade viel war und von Überraschung kündete.
Und alle anwesenden Soldaten zuckten zusammen, - einer der in der Schlange Stehenden konnte sich nicht auf den Beinen halten. Schreiend wandte er sich an seinen Zugführer. Er rannte in des Feldwebels Seltsam Arme, welcher: „Können sie sich nicht zusammenreißen!“ schrie. Der junge Soldat stürzte der Länge nach hin, raffte sich aber sogleich wieder auf, um hinter dem Feldwebel zu den anderen zu gehen.
Feldwebel Seltsam ging zügig zu den noch anwesenden emotional aufgewühlten Soldaten und Soldatinnen, deren Blicke von einiger Verwirrung sprachen; manche schienen sogar verängstigt. Pflichtgemäß versuchte Seltsam für Ruhe zu sorgen, doch es gelang ihr nicht richtig. Der im Hintergrund postierte Oberstabsarzt Dr. Augustin rannte zur Hilfe. Sanitäter Obergefreiter Berger-Winter assistierte ihm. Alle Uniformierten, die Hilfe brauchten, wandten sich an den äußerst agilen Militärarzt.
Der Stabsunteroffizier Renner fragte Feldwebel Seltsam, was zu tun sei.
„Die Übung wird abgebrochen! Meldung an den Kompaniechef!!!“
„Jawohl!“ tönte Renner. Er schickte einen noch einigermaßen gelassen aussehenden Gefreiten zur Kompanie, um Meldung beim Kompaniefeldwebel zu machen. Der verlor keine Sekunde. Binnen zwei, drei Minuten machte er im Kompaniefeldwebel-Zimmer des Kompaniegebäudes Meldung. Der Kompaniefeldwebel erteilte seinem Kompaniechef direkt Meldung, wonach beide zur Schießbahn spurteten. Noch bevor der Kompaniechef im Range eines Hauptmanns namens Echter mit seinem Spieß dort ankam, informierte er seinen Bataillonschef bezüglich der Lage am Schießstand. Dort würde man, davon war sicher auszugehen, sofort weitere Maßnahmen veranlassen.
Die in der Nähe des Bataillons stationierte Feldjäger-Einheit fuhr gerade (sehr schnell, sehr früh!) durch die für sie geöffnete Einfahrt des Bataillons-Haupteingangstors, als der Kompaniechef mit seinem Spieß über die Straße zwischen den Kompaniegebäuden lief.
Feldwebel Seltsam hatte Gruppe 3 seines Zuges vor dem Schießstand Aufstellung nehmen lassen, wo es für die Unteroffiziere schwierig war, die Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten, denn eine zweite Detonation fand statt. Es war rätselhaft, wo genau und vor allem weshalb dort etwas detonierte.
Das die Soldaten unruhig blieben lag wohl daran, dass Feldwebel Seltsam nicht wenigstens lautstark den Befehl „Alle Mann in Deckung gehen!“ gab, sondern lediglich Ruhe in seine Soldaten bringen wollte. Dann traf der Kompaniechef zusammen mit seinem Spieß ein.
„Machen Sie Meldung, Feldwebel!!“ befahl der Kompaniechef seinem Feldwebel Seltsam. Die junge Frau zögerte nicht lange: „Ein sehr lautes Geräusch ist vor ca. 10 Minuten hörbar geworden! Es hat sich sehr wahrscheinlich um eine Detonation gehandelt. Gerade eben ist eine zweite Detonation erfolgt!“
Ein Fernmelde-Gefreiter mit Telefonhörer in der Hand reichte dem Kompaniechef denselben, als dieser von Oberst Lingen, dem Bat-Komm (Bataillonschef) fernmündlich angefordert wurde. Das folgende Gespräch dauerte etwa fünf Minuten. In diesen Minuten detonierte es noch einmal, sage und schreibe das dritte Mal!
Inzwischen schienen sich alle an diese lauten Prüfungen des Gehörs gewöhnt zu haben …
Feldwebel Seltsam und die Ungewissheit
Ja, die lauten Prüfungen des Gehörs! Kurz nach der dritten Detonation trat der Kompaniefeldwebel zu Feldwebel Seltsam nah heran. Er fixierte seine Untergebene durchaus mit einer gewissen … Herablassung, doch Seltsam blieb nach außen selbstbeherrscht, geradezu stählern. Als Leitende am Schießstand, wo sie die jungen Soldatinnen und Soldaten unter sich hatte und über den Einweisern im Unteroffiziersrang stand, konnte sie sich jetzt mit ein bisschen menschlicher Schwäche nicht die Blöße geben, denn diese konnte durch Kameradschaft nicht aufgefangen werden. Jegliche Schwäche war tabu, keine Frage!
Die beiden führten ein Dienstgespräch, alsdann schüttelte Seltsam, ohne dass der Kompaniechef dies sehen konnte, kurz den Kopf. Sie begab sich mit zur Schau gestellter Gelassenheit zu dem Platz, wo immer noch ein paar Zielscheiben hingen. Diese entfernte sie nunmehr. Auch die ohne Einschusslöcher. Der Kompaniefeldwebel, ein agiler Mittfünfziger, folgte dem Feldwebel kritisch mit den Augen, musterte danach kurz die Mannschaftsdienstgrade. Alsdann ging er zu diesen herüber, wo er in Wortlosigkeit verharrte.
Feldwebel Seltsam riskierte in diesem Moment von dem Bereich der Zielscheiben aus einen schnellen, aber gleichermaßen vorsichtigen Blick über die Mauer, hinter welcher die Quelle des unüberhörbar lauten Geräusches zu vermuten war. Davon war jedenfalls auszugehen. Was erblickte Seltsam denn? … nun ja … dort fand sie nichts von größerem Belang, was sogleich einem Vorgesetzten zu melden gewesen wäre …
Mehr gedachte sie vorerst ohne ausdrücklichen Vorgesetztenbefehl nicht zu unternehmen! Sie hielt nach einer Körperwendung in Richtung der Unteroffiziere und Offiziere kurz inne, um dann zielstrebig zur Gruppe der Unteroffiziere zu gehen, die sich etwa zehn Meter entfernt von der Gruppe der Offiziere befand. Man wartete auf Befehle. Wider Erwarten kamen jedoch einige Minuten lang keine Befehle! Das erstaunte Seltsam sehr, sie war ganz anderes gewohnt. Der Bataillonskommandeur war ein Offizier von altem Schrot und Korn. Bisher hatte er – in ihren Augen - größte Selbstsicherheit und Entschlossenheit bewiesen.
“Weitermachen!“ befahl Seltsam schließlich den ihr direkt untergeordneten Unteroffizieren. Die Mannschaftsdienstgrade zeigten jetzt eine viel zu große, nicht zu duldende Unruhe, die von Feldwebel Seltsam auf der Stelle abgestellt wurde: „Ruhe bei den Mannschaften, sofort!!“ schrie sie rüber. Der sich dort noch befindende Kompaniefeldwebel guckte augenblicklich ein wenig mürrisch, weil es ja seine Sache gewesen wäre … aber Feldwebel Seltsam widmete sich sogleich wieder der Gruppe der Unteroffiziere. Dann stürzte der Kompaniefeldwebel hinzu und verpasste Seltsam einen gehörigen Anschiss!
„Das kann doch wohl nicht angehen, Kamerad Seltsam!!“
Aber Seltsam nickte dazu lediglich. Alle standen in einiger Anspannung da.
Der Divisionskommandeur werde hier bald erwartet, hieß es nun in einem lauten Kommandotonfall von Seiten des Kompaniechefs, der dies zu den Unteroffizieren herüber schrie. Diese nahmen die Mitteilung sehr interessiert zur Kenntnis! Der Kompaniefeldwebel stand in größter Gefasstheit zwischen seinen Unteroffizieren und direkt neben Feldwebel Seltsam, die sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen konnte, was dem Kompaniefeldwebel offensichtlich aufstieß, doch er sagte nichts.
Schließlich: „Detonationen? … Deto …? Warum sind wir nicht längst auf das Grundstück nebenan gegangen, um nachzusehen? Vorhin habe ich mal einen Blick rüber gewagt …“, sprach Feldwebel Seltsam kurz darauf leise zum Stabsunteroffizier, der sich auch nichts erklären konnte.
„Ich wäre längst über die Mauer geklettert“, äußerte Letzterer lapidar. Und die äußerst engagierte Seltsam ging für ein paar Minuten tief in sich, um nachzudenken. Es gab hierfür wahrlich einen Grund. Von der Seite her wurde sie vom Kompaniefeldwebel gemustert.
„Alle anwesenden Dienstgrade hören auf zu sprechen!“ befahl dann der Bataillonskommandeur, nachdem er bemerkt hatte, dass es beim Schießplatz viel zu laut war. Aber … seine Offiziere fanden aus dem Gespräch nicht heraus.
„Wir müssen entscheiden, was zu tun ist. Es ist nicht genug Zeit, um auf den Kommandeur zu warten, Herr Oberst!“ sagte der Kompaniechef zum Bat-Komm und runzelte die Stirn. Dieser hätte fast auch seine Stirne gerunzelt, jedenfalls stimmte er mehr oder weniger seinem Hauptmann zu, der sich ein freundliches Lächeln erlaubte.
„Befehlen Sie … Hauptmann!!!“
„Ja. Diese Situation ist auf Dauer untragbar!“ fügte der Hauptmann an. Er guckte zu seinen Uffzen herüber und: „Feldwebel Seltsam zu mir!“
Diese junge Frau mit dem Dienstgrad Feldwebel verlor jetzt keine Sekunde. Schon stand sie vor dem Hauptmann still. Beide guckten sich erwartungsvoll in die Augen.
Der Hauptmann: „Sie steigen jetzt über die Mauer, um die Lage zu sondieren. Wir machen uns hier ja noch lächerlich …!“
„Jawohl, Herr Hauptmann!“
Und der Bat-Komm: „Ausführung, aber hurtig!“
„Ausführung!!“ mit Nachdruck nunmehr wieder der Hauptmann. Die Uffze schauten erwartungsvoll zu der Gruppe mit den Offizieren und dem Feldwebel. Die Feldjäger-Gruppe hatte sich bisher rätselhaft zurück gehalten, der Stabsunteroffizier dieser Gruppe wurde ziemlich unwirsch und brüllte Feldwebel Seltsam hinterher: „Stehenbleiben, das ist Sache der Feldjäger!“
Der Bat-Komm: „Ich erteile hier die Befehle, Stabsunteroffizier!“
„Ich als Führer der Feldjäger-Gruppe habe in dieser Angelegenheit den Auftrag zur Ausführung …!“
Endlich würde die Sache mit den mysteriösen Detonationen geklärt werden können – trotz Kompetenzgerangel?!
Die Erkundung
Jegliches Bezweifeln von Kompetenzen und auch Unentschlossenheit dienten der Aufklärung der weniger als unübersichtlich denn als fragwürdig zu bezeichnenden Lage natürlich nicht, - eine eindeutige Entschiedenheit des Vorgehens war offensichtlich vonnöten! Eigentlich war das alles hier schon ziemlich kurios … Nun, es musste eine Erkundungsmission in Marsch gesetzt werden, und zwar sofort!
Gerade wurde die Sonne vom Gewölk völlig verdeckt, als die Gruppe mit Soldaten im Mannschaftsdienstgrad endlich abrückte. Der Hauptmann hatte dies mit Nachdruck befohlen, als Feldwebel Seltsam und die Feldjäger-Gruppe über die Mauer kletterten. Und die Gruppe mit Mannschaftsdienstgraden, die geschossen hatte, rückte sodann im Marschschritt zurück in die Kompanie. Hierfür hatte Stabsunteroffizier Renner vom Kompaniechef die Leitung übertragen bekommen. Der andere Unteroffizier des 2. Zuges, Baldrich, ging hinter den Soldaten.
Der Bat-Komm und der Kompaniechef gesellten sich dann, den Soldaten kurz nachblickend, zu dem noch anwesenden Kompaniefeldwebel. Zusammen warteten sie geduldig auf die Rückkehr der Erkundungsgruppe, die über die Mauer geklettert war.
War jetzt Entscheidendes, also das alles bestens Aufklärende zu erwarten?
Der Oberstabsarzt stand mit dem Sanitäter einige Meter von den Wartenden entfernt, auf Befehl des Oberst ging er mit seinem Sani unmittelbar vor die Mauer und wartete dort weiter.
„Was geschieht, das geschieht einfach …“, sagte der Oberst lapidar. Was in seinem Kopf vorging, dies würde er an diesem Ort wohl kaum preisgeben; in der Tat hielt er seine Nerven sehr gut im Zaume.
„Verstärkung könnte erforderlich sein. Vielleicht war es falsch, dass die Mannschaftsdienstgrade in die Kompanie zurück sind?!“ sagte der Hauptmann, doch darauf schwieg sein Bataillonskommandeur bloß. Des Kompaniefeldwebels Aufgabe vor Ort war durchaus unklar, weshalb er um den Befehl zur Rückkehr in seine Kompanie bat. Der Kompaniechef lehnte jedoch ab.
„Hier wissen wir noch gar nicht, wie es laufen wird. Handelt es sich um eine Bedrohung von außen …?“ Sollte sein Vorgesetzter, der Bat-Komm, diese Frage beantworten. Dieser schwieg sich jetzt einfach aus.
Auf einmal kam der Oberfeldwebel der Wache mit zwei Streifensoldaten angerannt. Recht spät. Wohl hatte man sein Vorgehen und Verhalten im Bataillons-Kommando abgestimmt. Man konnte ihm seine Sorge direkt ansehen.
„Ich brauche die Information, was hinter der Mauer vor sich gegangen ist“, so sagte er, nachdem er ordnungsgemäß Meldung beim Bataillonskommandeur gemacht hatte.
„Stellen Sie sich mal da hin!“ kommandierte der Bat-Komm, der den OVWA kaum anblickte, bloß. Und dieser, ein Unteroffizier im Feldwebelrang, errötete heftig. Die Situation war für ihn ungewöhnlich, aber ganz selbstverständlich gehorchte er dem einfach unmissverständlichen Bataillonsbefehl. Noch nicht einmal ein leises Murren drang zwischen seinen Lippen hervor. Es trat vielmehr ein bedrückendes, doch auch erwartungsvolles Schweigen ein.
Hervorragend waren an der Stelle, wo gewartet wurde, die Stimmen der Erkundungsgruppe zu vernehmen, - sie waren eher laut - Feldwebel Seltsam schien mit dem Stabsunteroffizier der Feldjäger alles im Griff zu haben.
So zum Beispiel: „Das ganze … Objekt muss von hier schleunigst entfernt werden!“
Und darauf: „Diese über die ganze Wiese verstreuten Einzelteile sind von der zuständigen Behörde sorgsam spurentechnisch zu untersuchen! Wir brauchen die Unterstützung der Kriminalpolizei!“
Feldwebel Seltsam: „Nichts mit den Händen berühren, Befehl!“
Stabsunteroffizier, Feldjäger: „Sie befehlen mir hier nichts!“
Die Wiese war – immer noch erblickten die Offiziere und der Kompaniefeldwebel, der OVWA sowie der Oberstabsarzt mit dem Sanitäter nicht dieses an das militärische Sperrgelände angrenzende Wiesengelände – wirklich ganz und gar übersät mit kleinen und kleinsten, überwiegend technischen Einzelteilen. Sie konnten nicht so ohne Weiteres zu einem Gesamt, da ja durch Detonationen zerstört worden, wieder zusammengefügt werden.
Das war sowieso nicht die Aufgabe der anwesenden, alles in Augenschein nehmenden Soldaten und Unteroffiziere.
Kay Ganahl
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