Die Verbundenheit der Sinne

Anekdote zum Thema Wahrnehmung

von  loslosch

Τὸ γὰρ ἡδύ, ἐὰν πολύ, οὐ τι γὲ ἡδύ (altgriechisches Sprichwort - gesprochen: To gar hēdy, ean poly, ou ti ge hēdy). Etwas Süßes, zu häufig gekostet, ist nicht lange süß.

Soweit zum Geschmackssinn. Ebensolches gilt auch für den Geruchssinn. Wer stets dasselbe Parfüm tagtäglich aufträgt, ist nach einiger Zeit mit dem Ergebnis seiner Bemühung immer weniger zufrieden. Folglich beginnt er (meist: sie) immer dicker aufzutragen. Seine oder besser: ihre Bemühung gerät zu einer barockenen.

Selbst das Auge wirkt oft mit. Weinkenner und sogar erfahrene Winzer lassen sich nicht selten von der Färbung des edlen Trankes betören. Im Weinkeller eines Moselwinzers durfte der Autor von den edlen Kreationen kosten. Der Mosellaner herausgehobener Provenienz, weil Mitglied der Wein-Prüfkommission in Koblenz, wusste die Merkmale und Typologien der verschiedenen Rebhänge und Jahrgänge wortreich und blumig zu beschreiben. Nach jedem Sortenwechsel verzehrte der Winzer ein Stück trockenen Brotes, um, wie er betonte, seine Geschmacksnerven zu neutralisieren. Dem Vorschlag des Autors folgend, ließ er sich eine Augenbinde anlegen, um erneut seinen untrüglichen Geschmack unter Beweis zu stellen. Ergebnis des einfachen Blindflugs: Der ehrenwerte Herr vermochte nur, den schwächsten seiner Weine zu identifizieren.

Die Prüfkommission in Koblenz dürfte von diesem misslungenen Test nie etwas erfahren haben.

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Kommentare zu diesem Text

Agneta (62)
(15.04.15)
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 loslosch meinte dazu am 15.04.15:
baklava hab ich mir im netz angesehen. nicht alles ist süß darin: nüsse, mandeln (bittermandeln?). dann der sättigungseffekt, der die abstumpfung nicht aufkommen lässt. wenn jemand 3 tafeln schokolade (300g) ratz faz verdrückt, hat er ein psychisches problem (bipolar?), was ich bei baklava ausschließen möchte. lo
Agneta (62) antwortete darauf am 15.04.15:
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 loslosch schrieb daraufhin am 15.04.15:
ich glaube, das klappt nicht. mir hat vor langen jahren "jemand" aus versehen die erdbeeren mit salz überstreut. nach dem ersten bissen rannte ich aufs klo und kotzte. (für kleinkinder kanns tödlich enden.)
Graeculus (69)
(15.04.15)
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Graeculus (69) äußerte darauf am 15.04.15:
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 loslosch ergänzte dazu am 15.04.15:
nein, wusste ich nicht. oh, wir männer sind dem machtlos ausgeliefert. (maiglöckchen sollen giftig sein.)
Graeculus (69) meinte dazu am 15.04.15:
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 loslosch meinte dazu am 15.04.15:
danke.

der mann hat ein feines näschen. er ist (als jg. 1947) bis 2016 präsident der nrw-akademie der wissenschaften.
Graeculus (69) meinte dazu am 15.04.15:
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 EkkehartMittelberg (15.04.15)
Jetzt weiß ich auch, warum das Sprichwort "Arbeit macht das Leben süß" nicht stimmt.
Aber Spaß beiseite. Gewöhnung führt dazu, dass man gegen alles abstumpft und die meisten werden dem griechischen Spruch zustimmen. Deswegen werden süße Weine nur eine geringe Chance haben, wieder in Mode zu kommen.
Man kann dem Abstumpfungseffekt durch Süßspeisen dadurch entgegenwirken, dass man einen sehr herben Wein dazu trinkt.

 loslosch meinte dazu am 15.04.15:
dem abstumpfungseffekt entgegenzuwirken scheint ein verbreitetes bemühen der köche und köchinnen. zu baklava (siehe oben, agneta) wird gern starker schwarzer mokka gereicht.
Agneta (62) meinte dazu am 15.04.15:
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Graeculus (69) meinte dazu am 15.04.15:
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 loslosch meinte dazu am 15.04.15:
ein tipp für mörder also. betongrab im erdgeschoss eines geplanten hochhauses. x-ray wäre auch machtlos.
Graeculus (69) meinte dazu am 15.04.15:
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 TrekanBelluvitsh (15.04.15)
Na, auf die Dauer immer dasselbe, da schmeckt dann halt alles immer wie dasselbe. Hätte vielleicht zwischen durch Mal ne Currywurst oder was Indisches oder Borschtsch schnabulieren sollen. Im Zweifelsfall hätte er dann auch ne prima Ausrede gehabt.

 loslosch meinte dazu am 15.04.15:
variatio delectat. schröder ruft zwischendurch: hol mir mal 'ne flasche bier.
JamesBlond (63) meinte dazu am 15.04.15:
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 loslosch meinte dazu am 15.04.15:
nun bist du enttäuscht. συν-αισϑάνομαι heißt wörtlich "ich nehme gleichzeitig wahr". typisch ist das verknüpfen von farbe mit temperatur. mit der verbundenheit spiele ich auf interdependenz an, vllt. eine weit entfernte vorstufe.

wer suggestibilität anspricht, konnte aus der anekdote keinen nutzen ziehen. erlebte geschichten können aber lacheffekte auslösen.

 Didi.Costaire (15.04.15)
Eine unterhaltsame Anekdote, Lothar. Auch der Ausdruck "barockere Bemühungen" lässt mich schmunzeln.
Schöne Grüße, Dirk

 loslosch meinte dazu am 15.04.15:
ich danke dir(k). du hast mein "anliegen" ganz locker erfasst.

 niemand (15.04.15)
Das ist auf allen Lebensgebieten so: Der Reiz des Neuen ist intensiv aber kurz. Immer wieder gut dosiert kann ein solcher
lange erhalten bleiben, man darf sich nur nicht der Illusion hingeben ihn durch tägliches "Konsumieren" dauerhaft halten zu können. Ich glaube die Natur des Wesens hat das so bestimmt und zwar damit sich alles bewegt. Wäre ein Reiz von ewiger Dauer, würde der/die in einem solchen Verfangene stagnieren, weil er ihn/sie glücklich machen könnte und der Glückliche ist aufs Aufgeben eines Glücklichmachers nicht unbedingt versessen.
Man muss Hunger erst verspüren umd den Reiz eines Essens würdigen zu können. Ohne Hunger kein Genuß (auf allen Gebieten). Der nicht Dumme weiß es und verfährt nach dem Motto: Erst der Mangel macht etwas Begehrenswert. Der Dumme stopft dauerhaft in sich hinein (egal was) und beklagt sich dann über Übersättigung/Überdruß. Mit herzlichen Grüßen, Irene

 loslosch meinte dazu am 15.04.15:
hunger sei die würze der speise, sagte schon cicero. viel eleganter als unser spruch "hunger ist der beste koch." wer dem ersten hungerverlangen gleich nachgibt, verpasst das beste. anders beim drohenden zuckersturz: ich werfe dann, sehr gelegentlich, 2-4 kleine stücke kandiszucker ein, seit 40 jahren. sonst würde ich ohnmächtig. (ich bin noch immer kein diabetiker.)

ähnlich und invers bei den schlafgewohnheiten: die dame bettet sich mittags. dann rennt sie zum doktor: hilfe, ich habe schlafstörungen.
AbrakadabrA (45) meinte dazu am 15.04.15:
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 niemand meinte dazu am 16.04.15:
@ Aron
einfach mal Deine Klappe halten, das schaffst Du wohl nicht.

 Nachtpoet (15.04.15)
Kam vielleicht auch noch dazu, dass ein Weinprüfer im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen, wie z.B.: Marktschreier keine direkte Konkurenz zu fürchten hat und demnach seine Selbstkritik, die sein Talent immer wieder auf's Neue herausfordern würde, nicht sonderlich ausgebildet ist.

LG
Ralf

 loslosch meinte dazu am 15.04.15:
die weinprüfer sind ein liebenswürdiges völkchen für sich. (ich will mir jetzt keinen weinprüfer ins fell setzen ...)
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