Ein Gottesmann, der sich nichts dabei gedacht hat

Satire zum Thema Wahrnehmung

von  loslosch

Turpe est aliud loqui, aliud sentire (Seneca, um die Zeitenwende bis 65 n. Chr.; Epistulae morales). Es ist schändlich, anders zu denken als zu sprechen.

Zwischen Anwalt und Mandant besteht ein Vertrauensverhältnis, normalerweise. Manchmal kommt es im Verlauf der Geschäftsbeziehung zu einem Vertrauensbruch oder gar einem Kollaps, wenn einer der Beteiligten Symptome der Überforderung oder des Verfolgungswahns zeitigt. Sehr selten ist der Eintritt einer Art Frühdemenz zu beobachten, wie folgt geschehen und zu beklagen: Nach der einvernehmlichen Entbindung von seinen Vertretungspflichten tut der Anwalt seinem Ex-Mandanten, dem Kollegen der Gegenseite und dem Gericht selbiges in Schriftform kund. Wenige Tage darauf fragt er beim ehemaligen Mandanten an, ob er das Mandat "fortsetzen" solle. (Ein Stoßgebet an den hl. Antonius, den Schutzpatron der Vergesslichen?)

Wie war das noch beim pausierenden Bischof Tebartz-van Elst (TvE)? Er hatte im Interview mit einem Nachrichtenmagazin (wahrheitswidrig) behauptet, nicht 1. Klasse nach Indien gefahren zu sein: "Business Class sind wir geflogen." Und später bestritten, eine solche Auskunft gegeben zu haben. In einer Unterlassungserklärung sollte das Magazin diese Behauptung zurückziehen. Nach Kenntnis der Beweismittel (Mitschnitt in Bild und Ton) zog die von TvE beauftragte Kanzlei den Antrag auf Unterlassung zurück. Alles en détail bekannt, einschließlich des schwebenden Strafbefehls eines Hamburger Amtsgerichts wegen uneidlicher Falschaussage des TvE. Neu aber ist das Gespräch von TvE mit einem Reporter des Vatikan-Magazins, soeben in der November-Ausgabe erschienen: "Inzwischen ist er bestürzt, dass er dem dringenden Rat eines Anwalts nachgegeben hat, den SPIEGEL in der läppischen Frage seines Business-Class-Fluges zu verklagen. Er hat falschem Sachverstand vertraut ..." (So Paul Badde.)

Nun ist zu beklagen, dass TvE in einer "läppischen" Sache auf den Anwalt seines Vertrauens hereingefallen ist, der ihm nicht hinreichend verdeutlich hat, dass sich Seine Exzellenz bei einer faustdicken Lüge in drei Teufels Namen nie und nimmer erwischen lassen darf.

Wieder ein zerbrochenes Vertrauensverhältnis. Ein Trost bleibt TvE: Der Auferstandene wird keine Miene verziehen.


Anmerkung von loslosch:

Realsatiren (zwei).

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (14.11.13)
"Taumazein Arche Sofias" (Staunen ist der Anfang der Weisheit) - Es wäre sarkastisch, wenn man sagen würde, man hätte nichts anderes erwartet.

 loslosch meinte dazu am 14.11.13:
ja, am anfang war das staunen ... bei TvE erst am ende?

 TrekanBelluvitsh (14.11.13)
Ich denke eher, solche Leute finden es schön, wenn sie ihre in Worte gekleideten Gedanken mit uns zum ersten Mal hören...

 loslosch antwortete darauf am 14.11.13:
der röm. presseartikel rauschte gestern durchs netz. mich wundert, dass keiner den zentralen schwachpunkt aufgespießt hat. einer muss es ja machen.
Graeculus (69)
(15.11.13)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 loslosch schrieb daraufhin am 15.11.13:
jaaa, in gedanken (diesen schlimmen), worten und werken! mit solchen sprüchen werden wir menschenkinder eingeschüchtert, nur die priester nicht.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram