Der Weg ist das Ziel

Erzählung zum Thema Urlaub/ Ferien

von  AZU20

Ein lang gehegter Reisewunsch. Ans andere Ende der Welt. Wo sich vor allem Schafe gute Nacht sagen. Nach Neuseeland eben.
Grandiose Landschaft zwischen Regenwald und schneebedeckten Berggipfeln, Kiwis, Keas und  Pukekos, flotte Tänzchen mit halbnackten Maorifrauen, freundliche Menschen,  teures Bernstein.

Kein Wort weiter dazu, wohl zu dem unvergesslichen Flug.

Sie sind noch da? Schön. Fangen wir also an.
Mit dem Zug nach Köln. Einer fetten Dame ziehe ich eben noch meinen Rucksack unterm Hintern weg, bevor sie ihn samt Inhalt zu Brei zerquetscht. Mein Freund muss leider stehen. Rolltreppauf und –ab mit schweren Koffern. Endlich im richtigen Terminal, riesige Schlange. Unser Koffer ist zu schwer, Umpacken ins Handgepäck, ungnädiges Murren hinter uns. Dann durch die Kontrollen. Der BH meiner Frau piepst.

Flug mit Emirates, Economy. Sieben Stunden nach Dubai. Erster Rotwein, serviert von einer hübschen Stewardess mit einem unnachahmlichen Tuch, das ihr aus der Kopfbedeckung heraus auf die linke Schulter fällt.
Wir erfahren, dass wir gleich losfliegen, dass wir uns anschnallen müssen, wie schön es ist, mit Emirates zu fliegen. So oder in einer anderen Reihenfolge. Dann der Film über das Verhalten im Notfall, englisch und arabisch. Start.

Überreichen der Speisekarten. Säubern der Hände mit warmen, feuchten Mullbinden an Pinzetten, Hantieren mit steril verpackten Omelettes und Lammkoteletts. Dazwischen „Fasten your seat belts“, Turbulenzen, vergebliche Versuche, einen Film in deutscher Sprache zu finden. Mir ist schlecht.

Der Flughafen in Dubai, öde. Kaum Sitzgelegenheiten. Der Weiterflug verzögert sich. Technische Probleme. Habe ich auch, denn ich liege inzwischen auf dem Boden, total verspannt. Ich spritze mich gegen Thrombosen.

Vierzehn Stunden Flug nach Melbourne. Rotwein, Durchsagen, Speisekarte, feuchtwarme Mullbinden an Pinzetten. Das Lamm ist ausgegangen. Ich beschwere mich, während ich stattdessen Omelette esse. Die Stewardess bringt mir ein Lammkotelett. Mit freundlichen Grüßen der Crew. Einer von denen isst heute Omelette. Ich esse noch einmal. Muss ich ja wohl.

Es wird nicht richtig dunkel. An Schlaf ist nicht zu denken, das Lammkotelett liegt mir schwer im Magen. Ich suche schuldbewusst die Toilette auf, da ich weiß, wie viel Kerosin ich jetzt verbrauche. Schleppe mich auf den Platz zurück, ziehe meinen Pullover aus, schwitze trotzdem. Mein Bauch bläht sich auf. Lenke mich ab mit einem Film nach dem anderen, zunächst japanisch mit arabischen Untertiteln, dann Englisch. Doch ich lerne dazu, den dritten bis siebten genieße ich auf Deutsch. Lasse mir hinterher von meiner Frau den Inhalt erklären. Man sollte an entscheidenden Stellen nicht schlafen. 

Melbourne. Weiche Landung. Stundenlanges Warten bis es wieder aufwärts geht. Noch einmal vier Stunden bis Auckland. Der Service an Bord lässt erneut keine Wünsche offen. Oder doch? Ich verweigere mich dem letzten umfangreichen Essen. Ich kann einfach nicht mehr. Das Lammkotelett, Sie erinnern sich. Die Stewardess ist untröstlich. Ich auch. 

Nach 32 Stunden Landung in Auckland. Fahrt ins Hotel, dann mit dem Taxi in die Stadt. Während des Abendessens fallen uns die Augen zu. Jetlag. Schnell ins Hotel. Ab ins Bett. Morgen übernehmen wir unser Reisemobil und ab dann fahren wir nur noch links. Hoffentlich.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Didi.Costaire (20.11.15)
Das klingt spannend, aber anstrengend. Nächstes Mal bitte nach   Bad Salzuflen oder so.
Schöne Grüße, Dirk

 AZU20 meinte dazu am 20.11.15:
Das nächste Mal geht's nach Island, schon gebucht. LG in den Abend

 EkkehartMittelberg (20.11.15)
Leise Ironie und feine Selbstrionie. Das mag ich, Armin.
Ich habe mit meiner Frau mal einen ähnlich langen Flug nach Tahiti absolviert.
Der Jeltlag am anderen Tag war so schlimm, dass ihr Köpfchen beim Abendessen bald in die Suppe gefallen wäre. Als ich es im letzten Moment zurückhielt, schaute sie mich ganz verwirrt an.

LG
Ekki

 AZU20 antwortete darauf am 20.11.15:
Wir saßen beim Essen im Fernsehturm und schliefen darüber tatsächlich ein. Die Kellnerin weckte uns freundlich. LG in den Abend

 Martina (20.11.15)
Für mich der Horror so ein Flug. 4 Std. war bis jetzt immer Maximum =)
Und Lamm mag ich auch nicht....als FAST-Vegetarierin...

Aber gut beschrieben...

Gruß Tina

 AZU20 schrieb daraufhin am 20.11.15:
Lamm liebe ich eigentlich. Herzlichen Dank und lG in denm Abend

 Peer (20.11.15)
Mir langen schon die Flüge nach Amerika, die bekannterweise kürzer als bis nach Neuseeland sind. Neuseeland hat mich auch schon immer gereizt, leider sehe ich den zu betreibenden Aufwand jetzt in einem anderen Licht.;-) Ich hoffe, die Reise durchs Land hat Euch für die Entbehrungen des Nachdortgelangens entschädigt. Kannste ja vielleicht mal in einer Fortsetzung zum Besten geben.
LG Peer

 AZU20 äußerte darauf am 20.11.15:
Entschädigung mehr als gelungen. Danke für alles. LG
Sätzer (77)
(21.11.15)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 AZU20 ergänzte dazu am 21.11.15:
Gräuslich ja, aber Neuseeland ist großartig, Los Angeles wr auch eine Reise wert, aber erst San Franzisko. LG in den Samstag. Jetzt geht's zur Einladung zum Essen

 TrekanBelluvitsh (22.11.15)
Die Welt mag kleiner geworden sein, aber die Probleme sind die gleichen wie vor 500 Jahren. Nur da war dem westfälischen Reisenden die rheinische Mundart, das Unverständliche und nicht das Arabische. Von der Küche in der Fremde mal ganz zu schweigen...

 AZU20 meinte dazu am 22.11.15:
Ja, die Wege sind schneller überwindbar. LG
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram