Von den Lebenden zu den Toten

Kurzgeschichte zum Thema Biographisches/ Personen

von  Jorge

Noch pendelte das Seil an dem er hing.
Er hatte vorsorglich die Fenster geöffnet.
Mag sein, dass sein Oberkörper sich deshalb wie im Tanz spielerisch bewegte.
Das Gesicht jedenfalls war bewegungslos, wie so oft zu seinen Lebzeiten.

Ich verließ den Raum; wollte meine Gedanken ordnen und ging ins Café gegenüber.
Mein Handy war wie sonst nur  im Konzert  stumm geschaltet.

Meine Gedanken ordneten sich auch nicht beim längeren Umrühren meines Kaffees.

Immer wieder stellte sich mir die Frage, warum ausgerechnet an meinem letzten Tag in der Mordkommission ein Bekannter von den Lebenden zu den Toten wechselte.

War das mit Herbert nun ein Suizid oder ging man begründet von einem Fremdverschulden aus?

Ich ging auf die Straße, die mir so vertraut war, aktivierte mein Mobiltefon und sagte meiner Frau, dass ich sie liebe.
Oft bemühe ich diesen Satz nicht.
Vielleicht war es der Anblick Herberts am Seil, der mein Leben im Schnelldurchlauf passieren ließ.

Wer kann mich eigentlich zwingen, meine Arbeit fortzusetzen. Steht mir nicht auch endlich eine ordentliche Pension zu?

Dem Busfahrer zeigte ich statt meiner Monatskarte meine Polizeimarke.
Wir lächelten beide.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (25.09.17)
Mein Handy war wie im Konzert “stumm geschaltet”:

Wirkt sehr befremdlich, einerseits wegen der an sich ja überflüssigen Anführungszeichen, andererseites weil es ja im gesamten übrigen Text nicht um Konzerte geht.

 Jorge meinte dazu am 25.09.17:
Für dich wirkt es befremdlich, Dieter. Das Handy meines Protagonisten wird eigentlich höchst selten stumm geschaltet (deshalb wird diese Ausnahme Konzertbesuch erwähnt)
Ich mach die Anführungszeichen weg.
Danke für deine Meinung.

 AZU20 (27.09.17)
Kein gutes Ende-in der Tat. LG

 Jorge antwortete darauf am 28.09.17:
Der letzte Satz macht das bittere Ende doch leicht heiter, Armin.
Liebe Grüsse
Jorge
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