Kosmos, Quanten, Libido - Sind wissenschaftliches Denken und Bilddenken kompatibel?

Essay zum Thema Bildung/ Wissen

von  LotharAtzert

Nach Dafürhalten der meisten modernen Menschen sind sie es. Was nicht wundert, die Mehrheit orientiert sich an der Wissenschaft und viele davon möchten nach getaner Arbeit auch noch ihr Herz, das unerfüllt gebliebene, in ein Feierabendpoem ergießen, ohne sich Rechenschaft darüber abzulegen, daß es hier um zwei verschiedene Dinge geht, die sich einseitig ausschließen.
Was Wissenschaft ist, bzw. leisten soll, ist bekannt: die Erforschung des Objekts. Das Bilddenken hingegen orientiert sich nicht an Maß, Zahl und Gewicht, sowie deren Nutzbarkeit, sondern am vollständigen Bild, vornehmlich am Ur-Bild, auf das Einzelbilder zurückführbar sind, wodurch sie dem Gemüt deutbar werden.
Was ist ein Bild? - ein Gefüge aus verschiedenen Formen, die zusammen eine Gestalt ergeben. Werden Formen voneinander getrennt (wissenschaftlich unter-sucht!), wird die Gestalt durch Mangel an diesen Formen ent-stellt. Sind jedoch die Formen vollzählig und jedes an der richtigen Stelle, so tritt die Gestalt klar zutage.
Oder das Bild eines Berges: wir brauchen Abstand zu ihm, um seine Gestalt wahrzunehmen. Näherkommend nehmen wir Einzelheiten wahr, verlieren aber die Gestalt aus den Augen.

Etwa seit dem späten 16 Jh., nachdem sich schon früher aus dem Mythos der Logos  erhoben hatte, ist die Abspaltung vom Bilddenken durch Geringerschätzung gegenüber der entstehenden Wissenschaft vollzogen. Wissensgenozid am Bild sozusagen.
Ein wahrer Urbildgebildeter - Johannes Kepler (27. Dez. 1571 - 15. Nov. 1630) - war einer der Letzten, der die Einheit von Astromomie und Astrologie pflegte, wobei die Berechnung der Gestirnsstände zur Astronomie und die Deutung der Auswirkungen zur Astrologie gehören. Kepler beherrschte beides meisterhaft, gab es doch damals noch keine Möglichkeit, in den sogenannten Ephemeriden nachzusehen, wo welcher Planet auf seiner Wanderung gerade Station machte. Man mußte also noch selbst den Himmel absuchen, was nicht ohne Mühe und Zeitaufwand möglich war - und dann auch noch das Ausschwingen der planetaren Kraftfelder auf die Erde in die Verstehbarkeit bringen. Hierzu diente der sogenannte Tierkreis, bestehend aus vier gedrittelten Quadranten, sowie dem entsprechenden Häusersystem, beginnend mit dem AC (Aszendent) - der irdische Punkt, wo die Sonne frühmorgens erscheint; dem MC (Medium Coeli), ihrem höchsten Stand am Mittag; dem DC (Deszendent) - dem Sonnenuntergang, sowie dem IC, dem Mitternachtspunkt.
Durch laufende Verbesserung der Instrumente wurde der astronomische Vorgang  einfacher, während es für die Deutung keine anderen äußeren Hilfsmittel gibt, außer dem Empfinden der Himmelsordnung, der Meditation, einem klaren Verstand bezüglich der Bedeutung von Urbilder, Geduld, Beobachtung - sowie der genannten Koordinaten.

Ein weiterer "letzter" Urbildgebildeter war einer der begnadetsten Musiker unseres Planeten: Johann Sebastian Bach (21.03. 1685 Eisenach - 28.07. 1750 Leipzig) Von ihm stammen die denkwürdigen Worte: "Musik, die nicht Gott geweiht ist, ist sinnloses Gedudel." Er nannte seine Werke "Fugen", weil sie eben durch passende Formen zur Gestalt gefügt waren und nicht, wie moderne Werke, aus (hohlen) Phrasen bestanden, oder gar nur noch aus den sozialen Tontrauben des 20. Jhs., den sogenannten Akkorden.
Als drittes Beispiel letzter Bilddenker möchte ich den Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung (26.07 1875 - 06.06. 1961) nicht unerwähnt lassenen, der sich in dem Moment vom Vater der modernen Psychologie, Sigmund "Libido" Freud, gerade noch rechtzeitig trennte, als er den überragenden Wert jener Urbilder erkannte, die er "Archetypen" nannte, was von Freud als esoterischer Unsinn abgetan wurde.

Nein, bei der Bildersprache hat die Wissenschaft mit ihrem einseitigen Machtanspruch und Dominanzdenken beim deutenden Teil ihr Mitspracherecht verwirkt - der zeitraumlose Himmel entzieht sich ihrem Messen und bildet nur den Urbildbetrachter im Sinne des Wahren. Um nicht missverstanden zu werden: man kann auch während des Messens die Wahrheit begreifen, das japanische Zen nennt es Satori.
Wahr ist, was währt und dieses Währende Währen währt dreifach: Im Wahren, in der Freude und im Verwandeln.
 Gustav Holst- The Planets

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(11.11.17)
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 LotharAtzert meinte dazu am 11.11.17:
Verstehe ich gerade den Bezug nicht, muß aber zu meiner Entschuldigung sagen, daß ich gerade recht heftige Zahnschmerzen habe und ... das ist nicht so prickelnd .Sorry.
Graeculus (69) antwortete darauf am 11.11.17:
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 LotharAtzert schrieb daraufhin am 11.11.17:
Ja, die wackeln alle. Hab Nelken drauf gemacht, das lindert aber nur wenig.
Danke

Kosmos ist ja kein Bild. Weltall ist ein Bild, das unendliche Weite in sich trägt. Rilkes Weltinnenraum ist ein Bild. Im Kosmos schwirren bloß die Kosmonauten rum, die Ungeborenen in ihrem künstlichen Mutterleib.

Ahhh ich bin so froh ... ;-((
Graeculus (69) äußerte darauf am 11.11.17:
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 LotharAtzert ergänzte dazu am 11.11.17:
Die Güte oder Vollkommenheit eines Bildes bemisst sich daran, wie nahe es seinem Urbild kommt.
Galt nicht Helena als Ebenbild der Göttin Aphrodite?
Graeculus (69) meinte dazu am 11.11.17:
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 LotharAtzert meinte dazu am 11.11.17:
Was kümmert es die Götter, worauf es Dir ankommt.
Wir vergängen - wieder muß ich auf Rilke kommen, Duineser Elegien, aber auch Hölderlin und viele andere - würden wir den Göttern zu nahe kommen. Doch übers Empfinden nähert sich jeder seiner Seelenverwandtschaft an, die man sich nicht einfach im Katalog aussucht. Das Original ist nicht bei uns hier im irdischen Dreckstall, das fehlte gerade noch. Aber durch Verehrung bekommt man je und je eine Ahnung, einen Traum, eine Sehnsucht. Zwischen Verehrendem und Verehrtem gibt es ein unzerreißbares Band. Und wenn ich eine schöne Gestalt sehe, dann weiß ich, was Aphrodite ist, wie es Botticelli wusste, als er sie auf der Muschel stehend malte. Venus hat unendliche Emanationen, ich weiß nicht, wie ich es noch sagen könnte - das Vollkommene ist in aller Vielfalt vollkommen.
Graeculus (69) meinte dazu am 11.11.17:
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 LotharAtzert meinte dazu am 12.11.17:
"Wir könnten höchstens gemeinsam schweigen."
Das geht schon gar nicht - wenn ich sehe, wie besessen Du alles kommentierst, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist;-).
Bette (70)
(11.11.17)
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 LotharAtzert meinte dazu am 11.11.17:
Ja Babette, ich sehe alles durch den Schmerz hindurch und Frühstück wird ausfallen. Heißer Tee ist gerade eine Horrorvorstellung. Der Gang zum Zahnarzt wird zum Gang nach Canossa - klar ein Bild! Mars-Neptun.

Über Satori hatte ich noch viel nachgedacht - daß einer im Falschen plötzlich den wahren Hintergrund erkennen kann, denn jeder hat sie ja, die Buddhanatur usw. Aber der Schmerz vernebelt vieles.

Kosmos versus Uni-Versum - Du verstehst das, die meisten verstehen nicht mehr, daß da ein Unterschied ist zwischen bildenden Worten und bloß technischen, funktionalen Be-Griffen. Und daß sich der Verdränger auf den Verdrängten zubewegen muß, nicht umgekehrt.
Danke Dir.
Gruß
L.

 Morphea (11.11.17)
ist es nicht so dass der moderne aufgeklärte Mensch nur noch über ein Blick verfügt der sich fragmentiert nicht mehr in eine Gesamtheit einbinden lässt! Die antiken /mittelalterlichen Wissenschaftler und Denker hatte den Vorteil dass sie einem esoterischen Leitbild folgten, sozusagen einem Schmelztigel aus dem sie schöpfen konnten und in ihrem Denken , in ihren Erkenntnissen expandierten. Astronomie und Astrologie haben noch immer einen Ursprung obwohl sie sich extremst auseinanderentwickelten. Wir haben verlernt die Dinge , auch den Kosmos, von innen zu betrachten, die Bilder als Fraktale zu erkennen, die ein expandierendes Ganzes widerspiegelt. Unser Weltbild wird immer an dem Ereignishorizont abgeholt wo der entropische Verlauf die Gesamtheit nicht mehr erkennen lässt. Übrigens: nur als Beispeil: Die Stringtheorie funktioniert nur wenn sie aus mehreren perspektivischen Dimensionen betrachtet wird, daszu sind wir Menschen nicht fähig und werden visuell niemals begreifen können, hier bleibt dann letzendlich die Phantasie und eigentlich sind das doch eigentlich auch wahre Bilder.

 LotharAtzert meinte dazu am 11.11.17:
Ich will nicht nochmal die Leier vom Zahnschmerz ... aber es fällt mir heute schwerer, als sonst, dies bitte ich zu bedenken.
Zumal ich kaum schlief letzte Nacht.

Es ist so, ja - aber die Alten folgten nicht einem esoterischen Leitbild, sondern den Bildern des Wirklichen. Wirklichkeit ist das, was wirkt. Der Neptun, der Uranus, der Saturn usw. die sind heute nicht anders, als damals. Sie sind das Prinzip unseres Sonnensystems - es mag andere geben, aber unser Sonnensystem ist quasi unser Ei, dessen Schale auf jeder Ebene neu durchbrochen werden muß, um vollständig geboren zu werden. Ein Prinzip ist nicht weiter zurückführbar, verwandelt sich aber permanent.

Mit perspektivischen hab ich nicht so viel am Hut, da jede Perspektive einen Standpunkt voraussetzt, den man zwar einnehmen kann, aber das macht uns auch angreifbar. Abgesehen davon besteht die Gefahr, den Standpunkt zu behaupten. Castaneda spricht deshalb vom Montagepunkt, der eben nur zwecks Erfahrung kurzzeitig fixiert wird. Perspektiven sind jedoch immer künstliche Fixierungen in der Raumunendlichkeit. Ach, das hört sich ein bißchen schwülstig an. Vielleicht können wir das Thema weiter im Auge behalten, es lohnt sich, wie man so sagt.
Vielen Dank und hab eine gute Zeit.
Die Phantasie ist immer wahrer, als ... wie heißt das - die Realität - was für ein Wort.
(Der Astrofreak weiß natürlich: Realität ist Jungfrau, 6. Haus, Merkur. Weisheit ist weiter oben - Jupiter, Schütze, 9. Haus und Spiritualität Fische, Neptun, 12. Haus .....)

Antwort geändert am 11.11.2017 um 11:04 Uhr

 Morphea meinte dazu am 11.11.17:
Genauso ist das : und das entspricht der Fraktalität, wir gebären uns immer aus dem, was uns gebar...das kommt dem Ereignishorizont des Entropischen nahe. Ich bin überzeugt davon dass wir eben nur durch diese perspektivische Sicht auf die Gesamtheit, erst die Bildhaftikeit ebendieser begreifen können. Quantenphysik basiert darauf, wir leben in unendlichen Optionen und Perspektiven, ergreifen dennoch nur ein Einzige(also dem Montagefixpunkt)...Dieses Momentum werten wir als unsere Realität, obwohl es davon unendlich viele gibt. Esoterisch bedeutet ja nicht das etwas unwirklich wäre, es bedeutet etwas von Innen heraus zu betrachten...

"Im Kosmos schwirren bloß die Kosmonauten rum, die Ungeborenen in ihrem künstlichen Mutterleib." das cshreit danach in Acryl oder Oelpastell verewigt zu werden ;)

bezüglich der Zahnschmerzhölle: Dr.dent Nova ;) empfiehlt: Kühlen und Arnica-Globuli C 30...

 LotharAtzert meinte dazu am 11.11.17:
Nix gegen Homöophatie, aber bis die wirkt, bin ich tot. Also Bette erzählt das auch immer, daß die sofort wirken kann. Leider habe ich das bis heute nie erfahren. Ich habe aber in meinem Fundus nachgesehen und Lachesis in LM entdeckt und einige Globuli geschluckt. Arnica bei Zahnschmerzen - werds mir auf jeden Fall merken, danke.
Kühlen, ja.

Esoterik ist das Gegenstück zur Exoterik. Jetzt sag mal einem Normalo (einer, der uns als Esoteriker belächelt), er sei Exoteriker. Früher machte der Begriff Sinn. Heute sehe ich mich keinem Dualismus mehr verpflichtet. Das ganze System wird eines Tages sowieso sang- und klanglos zusammenbrechen.
Nur die Himmelsordnung wird weiter bestehen, wie bisher. Also laß uns fröhlich sein, auch wenns mir grad ein bißchen an der Wurzel zwickt.

 Morphea meinte dazu am 11.11.17:
ja, die Exoteriker ;) Ich bin durch das Studium auf die Esoterik gestossen und sehr wohl spielt sie in die Wissenschaften extremst hinein... wir sprechen ja auch von der Esoterik weitab von täglichen Humbug-Hososkopen, Liebessprays und anderem Humbug. Du weisst ja Hora Skopein-das hineinschauen in die Stunde der Geburt;) daraus schöpft die Astrologie ihre Bestimmung. Es macht nicht viel Sinn mit Menschen zu diskutieren die ein vorgeprägtes Bild vor sich herschieben , was sehr schade ist, es hat ja nicht mit Naivität zu tun, sondern die Esoterik bietet ursprünglichste Erkenntnisse, deren sich viele große Geister bedienten. Ich las einst eine Abhandlung über Goethe und seinem esoterischen Schreiben die sich genau mit diesem Aspekt befasste.

Antwort geändert am 11.11.2017 um 18:39 Uhr
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