Die Sache mit dem Krug und dem Brunnen

Gedicht zum Thema Allzu Menschliches

von  Isaban

Es gibt da diesen alten Krug,
an dem ich wirklich hänge.
Aus der diffusen Menge
von abertausend griff ich ihn.

Ach, was er mich erfreute!
Obschon er oft an Kanten schlug,
zuletzt mehr Wasser spie als trug,
bewahr ich ihn auch heute.

Man sagt wohl, sowas sei nicht klug,
womöglich sogar Selbstbetrug,
weil: Bis zum Brunnen geht er nicht.
Ihn patiniert verlornes Licht,

das sich in meinen Wimpern bricht.
Ich schenk ihm Ackerkrume ein
und leg ein Samenkorn hinein,

womöglich wächst ein Frühling.

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Kommentare zu diesem Text

Marjanna (68)
(13.01.18)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Isaban meinte dazu am 13.01.18:
Das freut mich.
Hab lieben Dank, Marjo.
Herzliche Grüße

Sabine

 AZU20 (13.01.18)
Schöner Text. Man sollte einen solchen Topf wirklich in Ehren halten und ihn -wie geschildert- nutzen. Wer weiß. LG

 Isaban antwortete darauf am 13.01.18:
Vielen Dank Armin.

LG Sabine

 Reliwette (13.01.18)
Sehr schöner Gedanke in optimale Form gebracht, liebe Silbenfee!
Drückergruß vom alten Kunstmeister!

 Isaban schrieb daraufhin am 13.01.18:
Hallo du!
Schön, dich hier mal wieder zu lesen.
Danke für die freundliche Rückmeldung.

Grüß die Nordsee von mir und
fühl dich herzlichst gedrückt, Meermann.

Liebe Grüße

Sabine

 Irma (13.01.18)
Natürlich toll übertragbar: Auch der (mit all seinen Macken) geliebte Mensch, der, alt und gebrechlich geworden, nicht mehr zur Arbeit gehen und seinen Dienst tun kann, gehört nicht einfach ausgemustert. Wenn man ihm die richtigen Bedingungen zur Verfügung stellt, kann er vielleicht noch Wunderbares und Überraschendes leisten.

Fein aber auch, wie von dir gewohnt, die stilistische Umsetzung: Der liebevoll umarmende Reim der beiden ersten Strophen (V.4 zeigt die Besonderheit und Einzigartigkeit an und fällt deshalb reimmäßig aus dem Rahmen) geht in der dritten Strophe in einen Paarreim über, wobei das Wiederaufnehmen des –ug-Reims der vorherigen Strophe das Festhalten am Geliebten gut verbildlicht. Der folgende –icht-Reim klingt hart und unbarmherzig, zieht sich bis in die vierte Strophe, die (rückt man das Ende dichter) aber fast wieder zu einer Umarmung wird. Der Leerraum (Leerzeile) wird mit Neuem angefüllt, und dieses Neue ist diese wachsende Hoffnung (der reimlose Frühling), auch wenn der Hebungswegfall im letzten Vers andeutet, dass dieser Frühling wohl nur noch von kürzerer Dauer sein wird.

Die trotz allem von LyrIch wahrgenommene Schönheit, der Liebreiz des Kruges, kommt auch durch so kleine, aber feine Sprachspielereinen zum Ausdruck, die man nur bei genauerem Hinsehen erkennen kann: Das „Wasser“ von V.7 taucht in der zweiten Strophe schon vorher auf: „Ach, was er (was-er) mich erfreute!“ (V.5)

Schön getöpfert, Sabine!

Kommentar geändert am 13.01.2018 um 12:49 Uhr

 Isaban äußerte darauf am 13.01.18:
Hach, herrlich, du hast eines meiner kleinen Sperenzchen entdeckt! Oh, das macht mich glücklich.

Deine Interpretation ist wundervoll und es freut mich riesig, dass einige meiner stilistischen Mittel genau so zu wirken scheinen, wie ich es mir erhofft hatte.

Hab vielen lieben, herzlichen Dank.

Ich grüße dich!

Sabine

 Walther (13.01.18)
Hi Isaban,
Jan Wagner sagte einmal, beim gedicht entschieden der erste und der lezte vers, ob's was werde. klar: ein lüri braucht einen eyecatcher. und den rauen, interessanten, lustigen, spitzen abgang: dann bleibt was hängen.
hier kann sehen, wie man sowas macht. klasse!
lg W.

 Isaban ergänzte dazu am 13.01.18:
Herzlichen Dank, Walther!
Deine Rückmeldung war mir eine Freude.

LG Sabine

 Lala (13.01.18)
Tja, wer hier der "Betrüger" ist muss offen bleiben. Ich kenn den Manne oder den Krug nicht. Aber viel ist wohl von ihm erwartet worden. Ob er sich selbst in dieses Licht stellen würde? Wir wissen es nicht. Wr sehen es nur aus einer Sicht. Aber auf jeden Fall kommt der Frühling. Wo weiß ich aber nicht.

 Isaban meinte dazu am 13.01.18:
Hallo Lala,
das ist auf jeden Fall eine interessante Interpretation.
Es wäre auf jeden Fall - Betrüger hin oder her - spannend, das Ganze aus Krugsicht sehen zu können - oder vielleicht auch nicht. Aber der Frühling kommt auf jeden Fall. Früher oder später oder nächstes Jahr und wer weiß, vielleicht sogar für den geneigten Leser. Wo weiß ich allerdings auch nicht.

Liebe Grüße

Sabine
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