Das Attentat von Sarajewo oder Gibt es so etwas wie ein prophetisches Vorherwissen?

Essay zum Thema Weltgeschehen

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
In der Nacht vom 27. auf den 28. Juni des Jahres 1914 hatte Josef von Lanyi,  Bischof von Großwardein, einen seltsamen Traum. Er sah sich an seinem Schreibtisch  stehend einen Brief von Erzherzog Franz Ferdinand, dem österreichischen Thronfolger, öffnen, in dem der ihm Folgendes mitgeteilt wurde:
„Eure bischöfliche Gnaden! Lieber Dr. Lanyi! Teile Ihnen hiermit mit, dass ich heute morgen zusammen mit meiner Frau in Sarajewo als Opfer eines politischen Meuchelmordes falle. Wir empfehlen uns Ihnen und ihren treuen Gebeten und Messopfern …
Herzlichst grüßt Sie Ihr Erzh. Franz., 28. Juni in Sarajewo, ½ 4 morgens
Anbei im Briefkopf befand sich eine Art Foto, was exakt die spätere Ermordungsszene abbildete.
Zitternd und in Tränen aufgelöst sprang ich aus dem Bett, sah auf die Uhr, die ½ 4 Uhr zeigte. Ich eilte sofort zum Schreibfisch, schrieb nieder, was ich im Traume gelesen und gesehen. Beim Niederschreiben behielt ich sogar die Form einiger Buchstaben, wie sie vom Erzherzog niedergeschrieben waren, bei.
Am frühen Morgen erzählte er dann seiner Mutter, einem Diener und einem anwesenden Gast von seinem Traum und gemeinsam hielten sie eine Messe für das Thronfolgerpaar.
  Um 10.50 Uhr des gleichen Tages wurden Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie, in einer offenen Kutsche sitzend, in Sarajewo ermordet. In der Folge löste das den 1. Weltkrieg aus, da die österreichische Regierung von einer Mitbeteiligung der serbischen Regierung ausging und Serbien etwa einen Monat später den Krieg erklärte.

Eine recht bizarre Geschichte, nicht wahr? Mal vorausgesetzt, sie hat sich wirklich so zugetragen, wäre es sozusagen eine Art Beweis, dass es Dinge zwischen Himmel und  Erde gibt, die mit einem rein naturalistischen Erklärungskonzept nicht mehr in Einklang zu bringen sind.
  Das es eine Art prophetische Schau von Dingen gibt, die noch in der Zukunft liegen.


Anmerkung von Bluebird:

Hier der zugrundeliegende Text mit genauer Niederschrift des Traumes:  Der Traum des Bischofs

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (09.04.20)
Skeptisch werde ich immer, wenn jemand nachher sagt, er habe es vorher gewußt. Zwar behauptet der Bischof, er habe den Traum vor dem Attentat gehabt, aber er schreibt es nach dem Attentat.
Auch Diener, Mutter und Gast sind keine eigenständigen Zeugen, denn nicht sie selbst sagen aus, sondern der Bischof behauptet, sie könnten es bezeugen.
Etwas ganz anderes ist es, wenn heute jemand öffentlich sagt, Politiker X werde in Kürze ermordet, und das dann 14 Tage später auch tatsächlich eintrifft.

Übrigens hat auch Schopenhauer sich zu diesem Thema geäußert: Parerga und Paralipomena Bd. I: Versuch über das Geistersehn und was damit zusammenhängt.

Ein echtes Vorhersagen von Ereignissen ist eher für die Wissenschaft typisch: z.B. bei Mond- und Sonnenfinsternissen, beim Wetter und bei Erdbeben.

 Bluebird meinte dazu am 09.04.20:
Nein, er hat es (vorgeblich) sofort nach dem Erleben des Traumes niedergeschrieben ... es anschließend drei Personen erzählt ... frühmorgens eine Andacht für das Herzogenpaar gehalten und danach erst, gegen 10.50 Uhr, ist das Attentat geschehen

Antwort geändert am 09.04.2020 um 12:54 Uhr

 Graeculus antwortete darauf am 09.04.20:
"Vorgeblich", darauf kommt's an! Natürlich behauptet er, er habe es vorher niedergeschrieben; aber überprüfbar ist das eben nicht. Ebensowenig wie die vorgebliche Bestätigung durch drei Zeugen, die aus unserer Perspektive keine unabhängigen Zeugen sind, weil wir von ihrer Aussage nur durch den Bericht des Bischofs wissen.
Vor Gericht etwa zählt sowas nicht als Zeugenaussage.

Wenn ein Mensch behauptet, zehn andere Menschen könnten etwas bestätigen, dann haben wir nicht elf Aussagen, sondern nur eine. Es sei denn, die zehn anderen Menschen treten auf und bestätigen es unabhängig von dem einen.

Sag mir heute, was sich in zehn Tagen ereignen wird, und ich staune.
Sag mir nach dem Ereignis, Du habest es schon vorher gesagt, das gilt mir nichts.

 Bluebird schrieb daraufhin am 09.04.20:
Ja, natürlich kann man immer die Glaubwürdigkeit eines Menschen anzweifeln ...ich könnte auch deine "Türklinken-Geschichte" anzweifeln ... aber warum sollte ich so etwas tun? Ich gehe erst einmal davon aus, dass jemand die Wahrheit erzählt. Gewähre einen gesunden Vertrauensvorschuss.

Im Übrigen ist mir im Nachhinein noch ein eigenes Traumerlebnis eingefallen. Ich kannte mal einen langjährigen Obdachlosen, der irgendwann ein Zimmer in einem Obdachlosenheim bekommen hatte. Er war Christ, aber recht schweigsam, aber ich hatte ihn schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen.
Dann in einer Nacht erlebe ich mich "in Zungen" für ihn betend, aber so intensiv und flehentlich, wie es mir bei Bewusstsein wohl nicht möglich wäre.
Ich war nach dem Aufwachen richtig geschockt und fragte mich, was da gerade passiert war ... einige Zeit später erfuhr ich, dass er etwa um die Zeit herum verstorben war.

Antwort geändert am 09.04.2020 um 13:17 Uhr

 Graeculus äußerte darauf am 09.04.20:
Natürlich kannst Du meine Türklinken-Geschichte anzweifeln. Allenfalls hast Du Dir in mehrjähriger Bekanntschaft ein Bild davon gemacht, inwieweit ich zuverlässig bin. Völlig überzeugend ist sie nur für mich selbst - daran ändert nichtmal die Aussage des Hausmeisters etwas, der ja nicht weiß, ob ich nicht doch (zweimal) gegen die Klinke getreten habe.
Den Bischof und seine Glaubwürdigkeit/Zuverlässigkeit kenne ich überhaupt nicht.

Die Könige der Prophezeiungen sind zweifellos die Wissenschaftler, die sich heute vor die Kamera stellen und (mit ziemlich hoher Treffsicherheit) sagen, wie übermorgen das Wetter werden wird.
Das ist eine große Leistung der Wissenschaft!

Auf Fälle von Hellsehen, wie Du einen mit dem Obdachlosen erwähnst, geht Schopenhauer meiner Erinnerung nach ausführlich ein.
Er hat allerdings ebensowenig wie ich die Neigung, erstaunliche Phänomene mit Gott in Verbindung zu bringen. Das hieße, ein Rätsel mit einem anderen Rätsel 'zu erklären'.

 Bluebird ergänzte dazu am 09.04.20:
Je tiefer man in die gesamte Materie ( recherchierend) einsteigt - also in die Welt prophetischer Vorhersagen, unwahrscheinlicher Zufälle/ "Fügungen", Orakel, paranormaler Phänomen , Wunder übernatürlicher Erscheinungen, Nahtoderfahrungen usw. - um so deutlicher wird es, dass ein rein naturlistisches Welterklärungsmodell nicht aufrecht erhaltbar ist.

Und für jemanden wie mich, der diesbezüglich jede Menge selber erlebt hat,, ist die Sache eh klar. Aber selbstverständlich lasse ich da natürlich jedem seine eigene Überzeugung!

 loslosch (10.04.20)
vllt. hatte der bischof seinen traum erst nach dem ereignis. wer weiß. dann wärs ein vaticinium ex eventu.

ein berühmtes beispiel sind die weissagungen Jesu über die zerstörung jerusalems. die historisch-kritische forschung geht davon aus, dass der evangelist lukas den text erst nach 70 unserer zeitrechnung niederschrieb, also nach der zerstörung jerusalems. einige (aus meiner sicht besonders naive) bibelforscher gehen von einer echten weissagung aus, weil der historisch gesicherte ablauf der zerstörung nicht exakt der weissagung im lukas-evangelium entspricht.

o sancta simplicitas.
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