Probleme? Petronius Arbiter weiß Rat: (2) Die tote Hauskatze konservieren.

Glosse

von  Willibald

Sophia schreibt:

Ich bin 15,  und meine Mutter will unsere Hauskatze ausstopfen, wenn sie stirbt. Ich bin dagegen. Ich denke, ins Wohnzimmer zu gehen und Prudence zu finden, die mich nur anstarrt, wäre wirklich  unheimlich. Bitte bringen  Sie meine Mutter  dazu – sie liest Ihre Ratgeberspalte gern und oft - , diese Idee nie wieder zu erwähnen.



Petronius  Arbiter schreibt:

Du hast Recht: Es wäre absolut  unheimlich und verrückt! Aber Verrücktheit ist nicht unbedingt schlecht. Während es heutzutage ungewöhnlich ist, ein geliebtes Haustier zum Tierpräparator zu bringen, war es in der viktorianischen Ära nicht ungewöhnlich, eine Menagerie von toten Dingen im Haus zu haben. Es gibt übrigens auch heute einige  Unternehmen für Haustier-Nachsorge.  Mit entsprechenden  Dienstleistungen: von der Konservierung nur einer Pfote oder eines Schwanzes bis hin zur kompletten Skelettreinigung. Ja!
Aber verstehe mich recht, das alles ist töricht. Du könntest versuchen, deine  Mutter zum  Umdenken zu bringen, indem Du selber noch Verrückteres vorschlägst. Dass Du z.B.  Prudence' Schädel lieber an einer  Halskette baumelnd tragen würdest.
Aber es ist besser, Klartext zu reden. Die Trauer, wenn sie kommt, ist schwer und tief.
Und Du und Deine Mutter  werden tröstende Unterstützung brauchen - nicht den  glasigen, toten Blick von Prudence.

Karl Sommer kommentiert:
Vergessen Sie die ausgestopfte Katze, sie ist reine Geldverschwendung. Sagen Sie Ihrer Mutter, sie soll Prudence  mit einer Spende an das örtliche Tierheim ehren.

Arthur Pauly kommentiert:
Noch besser: Sagen Sie Ihrer Mutter, dass das nicht nur eine tolle Idee ist, sondern dass Sie das auch mit ihr machen wollen, wenn sie stirbt. Auf diese Weise kann sie verstehen, was für eine wunderbare Idee sie hat!

Simone Weiss kommentiert:
Jemand sollte ein Unternehmen gründen, das Haustiere koagial  konserviert und einen smarten Lautsprecher in sie einbaut. Man  könnte weiterhin mit seinem teuer verstorbenen Haustier sprechen und es würde einem  tatsächlich zuhören, im Gegensatz zu echten Katzen.

Carolin Karmann kommentiert:
Ok, mal witzisch. Hat jemand Prudence gefragt, was ihre Pläne für ihre letzten Überreste sind? Witzisch! Vielleicht würde sie gerne eingeäschert und ins All geschossen werden. Ich denke, dass Sophias  Mutter vielleicht einen Scherz macht ... ich hoffe es! Ansonsten klingt es wie der Anfang eines sehr schlechten Horrorfilms.

Dieter Rotmund kommentiert:
Horrorfilm! Im Sommer diesen Jahres hatte ich die Möglichkeit Stanley Kubricks Shining (Omu) (1980) im Auto-Kino zu sehen. Es war grandios, auch wenn mich Jack Nicholson nicht ganz überzeugt hat. Überzeugt hat mich das sog. Setting, wie man das heute nennt, das Umfeld, das Dekor, die Schauplätze. Details, wie die gestapelten Waren in der Speisekammer des Hotels. Übrigens mit Oreo-Keksen.  Das ist einfach kein schlechter Horrorfilm! Was soll übrigens "koagial" bedeuten?

Willi  Leibfried kommentiert:
Nein, das ist kein schlechter Horrorfilm, Dieter!
Stuart Ullman, der Manager des Hotels, zeigt der Familie Torrance das Umfeld, kurz bevor er das Overlook für den Winter verlässt und die Familie ihrem Schicksal überlässt. Er wirft beiläufig ein, dass das Hotel zufällig auf einem indianischen Friedhof liegt. (Nicht, dass das jemals ein Problem gewesen wäre.)
Der Film ist voll von indianischer Symbolik, von den Navajo-Wandbehängen im großen Saal  bis hin zum Vorratslager mit Calumet-Backpulver-Dosen, die alle das ikonische Logo der Marke tragen: einen Indianer mit Kriegerkopfschmuck (siehe Bild unten, linke Hälfte) . Das Wort "Calumet" bezieht sich auf einen indianischen Ritus, nämlich das zeremonielle Rauchen einer Pfeife. Die Dosen mit dem Calumetzeichen drauf tauchen mehrmals auf, vor allem wenn die Charaktere telepathisch miteinander kommunizieren oder sich mit den Toten verbinden.
So gesehen  repräsentieren Dannys Visionen von sprudelnder roter Flüssigkeit, die aus den Aufzügen strömt, tatsächlich die Seelen, die tief unter dem Hotel begraben sind, wobei die Aufzugskabine wie ein Eimer in einem Brunnen in den Keller hinabfällt und bei ihrer Rückkehr an die Oberfläche eine Menge Blut abgibt. Ekelhaft.
Das Wort "koagial" kenne ich nicht, Dieter, ich kenne nur "koaxial".
Was hat es mit den Oreo-Keksen auf sich?




Cat Stevens & Yusuf Islam kommentiert:
Friede mögen finden Sophia, Mutter und Prudence  im ganzen Himmel und im funkelnden  Raum des ewigen Echos;  in den Wassern und in den Kräutern; Friede in den Bäumen und in den Schlingpflanzen. Friede im funkelnden  Universum. Friede im  Höchsten Wesen und mit ihm. Einst sagte mir eine Freundin, ich hätte die Augen einer Katze.

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Kommentare zu diesem Text


 Soshura (12.05.21)
Ist die Katze reinrassig? Falls ja, empfehle ich ein prospektives Coaching. Für die Katze. Flourishing kann Dir helfen, das Problem hinauszuschieben, ebenso gut wie Transfusionen. Auch hier gilt: Bitte auf Blutgruppe und Rasse achten. Wie alt ist Deine Mutter?

 AchterZwerg meinte dazu am 13.05.21:

 Pearl (12.05.21)
Sehr schwarz, spöttisch, lustig, ich habe schon vor dem am Thema vorbeigehenden Kommentar von Dieter_Rotmund lachen müssen. Erinnert mich ein bisschen an "Tod in Hollywood" des großartigen Waugh. Ich kann mich nicht mehr gut erinnern, aber da gab es auch schwarzkomische Geschichten von Beerdigungen toter Tiere..oder so.

Liebe Grüße, Pearl

 Willibald antwortete darauf am 12.05.21:
Ach ja, liebe Pearl, liebe Soshura,

halb ernsthaft, halb traurig:

Als unser Joschi wusste, dass sein Ende nahte, ging er hinaus in den Wald - es kostete ihn all seine Kraft, dorthin zu gelangen, und wir gingen abends zu ihm, um "Auf Wiedersehen" zu sagen - er maunzte uns kurz an, weil wir ihn gefunden hatten, und wir sagten: "Joschi, wir werden dich nicht nach Hause bringen". Wir haben seine Überreste nie gefunden. Er ist genau so aus dieser Welt gegangen, wie er es wollte.
Ich hoffe, liebe Sophia, Uschi kann dasselbe tun.

Danke für die Wertung.

Antwort geändert am 12.05.2021 um 18:08 Uhr

 derNeumann schrieb daraufhin am 12.05.21:
Guten Abend.

Das ist doch altmodisch. Heutzutage kann ich mir ein Portrait der Verstorbenen an die Wand hängen und die Asche der Verstorbenen wurde vorher in die Farben eingerührt. Das ist modern und starrt einen in ganz anderer Weise an.

es grüßt,
der Neumann

 AchterZwerg äußerte darauf am 13.05.21:
Genau!

 Willibald ergänzte dazu am 13.05.21:
Hua!

Aus irgendeinem Grund denke ich bei der Lektüre deiner Bemerkung an Aschaffenburg und seine Bürger:

Die Hesse sind alles Verbrecha
weil: sie klaue Aschebescher

Vale
ww

 Graeculus (12.05.21)
Kubrick überließ kein Detail dem Zufall. Einige hast Du mir erst bewußt gemacht.

 Willibald meinte dazu am 13.05.21:
Jou, Ergänzung:

In der Eröffnungssequenz das "Dies irae" als Tag des Gerichtes die Filmhandlung fokussierend

Das Verb "overlook" und auch das Substantiv hat die im Englischen die Polysemie von unserem "übersehen":
a) überschauen, etwas in seiner Gesamtheit (richtig) aufnehmen
b) übersehen, also nicht beachten, bewusst, halbbewusst, unbewusst

Im Gespräch mit dem Barmann findet sich Kiplings "The white man´s burden"

Vale

 AchterZwerg (13.05.21)
O Willibald,
du hast mir die ersten Lachtränen des Tages beschert, deren unaufhaltsames Rinnen noch durch die "einfühlsamen" Kommentare verstärkt wurden (nur Graec langweilert diesmal ein wenig).
Allerdings möchte ich anmerken, dass Katzen sehr wohl zuhören können, wenn sie wollen! - Unlängst begegnete mir eine, die mich mit ihren Bernsteinaugen auffordernd anschaute. Als ich sie fragte, ob sie evtl. gestreichelt werden wolle, schaute sie mich wieder fest an, legte sich rücklings auf ihren arteigenen Pelzmantel und wartete ...

S o sind die.

Kommentar geändert am 13.05.2021 um 06:27 Uhr

 Willibald meinte dazu am 13.05.21:
Gro0ßen Dank an Dich!

 Moja (13.05.21)

Lachtränen, lieber Willibald,
urkomisch diese amüsante Zusammenstellung aufeinander prallender Kommentare... Danke!

Vergnügte Grüße,
Moja

 Willibald meinte dazu am 13.05.21:
Eine bekannte Würdigung Deiner Lach-Tränen gefällig?

Laughter is man’s most distinctive emotional expression. Man shares the capacity for love and hate, anger and fear, loyalty and grief, with other living creatures. But humour, which has an intellectual as well as an emotional element, belongs to man. MARGARET MEAD

Man is the only animal that laughs and weeps, for he is the only animal that is struck with the difference between what things are, and what they may have been.



greetse

Antwort geändert am 14.05.2021 um 17:32 Uhr
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