Ersatzkatz

Kurzgeschichte zum Thema Tiere

von  RainerMScholz

Aus der großen Pappendeckelkiste greife ich in den wuhligen Pelzhaufen und ziehe das erste Tier am Schwanz hervor. Es maunzt leise und wehrt sich linkisch mit abgespreizten Pfoten. Ich trete auf die graue Zementfläche, besprühe das Fell mit Spiritus und zünde das Katzenkind an. Ich zünde die junge Katze mit dem Feuerzeug an, und sie schreit und heult und krümmt den kleinen, in Flammen stehenden Körper. Dann werfe ich das brennende Bündel im 17. Stock über die Brüstung des Betonbalkons. Das Katzenjunge knallt qualmend an tieferliegende Vorschüsse und Flammen- und Aschereste zerplatzen auf dem Gehsteig vor dem Hochhausgebäude. Ich kehre in das Zimmer zurück, greife in die Kiste und ziehe ein Katzenjunges heraus in die Höhe. Es schreit und versucht mich zu kratzen. Ich trete auf den Balkon und zünde die Katze an. Ich zünde sie an. Zünde an.
Das ist natürlich nur metaphorisch gemeint, oder?! Das ist nicht echt. Ich schreibe das nur auf, weil – darüber soll der Leser entscheiden. Wo sollten auch die ganzen Katzenbabies herkommen, mit ihren großen fragenden Kulleraugen und dem leisen Miauen. Miau, miau. Miau.
Ich greife mir das schwarzgrau Getigerte. Ihre Brüder und Schwestern stoße ich mit dem Fuß weg. Ich halte das Tier an dem dünnen pelzigen Schwanz, dann sprühe ich den Brennspiritus aus der grünen Plastikflasche auf das Fell. Die Härchen auf meinem Unterarm – meine Schamarmbehaarung-  sind auch schon ganz verkokelt, so viele habe ich schon verbrannt und über die Brüstung befördert. Draußen wird es bereits dunkel, die ersten Sterne glimmen da oben und hier unten verglühen die jungen Katzen.
Ist das eine simple Beschreibung, was hier steht? Eine Gebrauchsanleitung gar? Etwas Religiöses, ein Omen, ein Zeichen, eine heilige Messe? Muss man ein Gebet sprechen oder das Veterinäramt anrufen. Ist es philosophisch? Metakakophonisch ist es allemal. Das Gejaule beim Entzünden, die Kinderschreie beim Sturz in die Tiefe. Sie fallen nicht auf ihre vier Pfoten. Sie fallen wie brennende Schrubberbürsten. Der Aufprall löscht die Flammen.
Das ist nicht echt. Ich bin sehr tierlieb. Ich bremse auch für – und so weiter. Von Ausnahmen abgesehen, Insekten, Kriechtiere und das, was ich so esse, vertilge, gewissermaßen. Vieles davon ist auch schon tot und wird dann noch gegrillt. Ich wohne auch gar nicht in einem Hochhauskomplex, Bonames oder Lichtenhagen oder Pretzelberg. Da würde ich dann vielleicht meine Mitbewohner anzünden und ab über die Wupper. Also, ist das Kunst? Vielleicht. Wer wollte das heute noch seriös beurteilen. Aktionskunst vielleicht. Das Katzenautodafé, nicht das Schreiben darüber, das schon gar nicht, nein, vielmehr das Aufgeschriebene. Wer liest das überhaupt. Sollte man das lesen. Oder eher nicht. Das entspricht so gar nicht dem wohligen Gefühl von ...- ach, das geht doch in die falsche Richtung; Vergleiche bringen niemanden weiter.
Zu abstoßend, infernalisch, oder unglaubwürdig und interpretationsselig. Selbstverliebt? Egomanisch? Oder was, hm? Sag`s doch. Nur `raus damit. Hm? Komm, ich zünde noch eine an. Dann sehen wir ja.


© Rainer M. Scholz

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Kommentare zu diesem Text


 FrankReich (17.06.21)
Die Viecher sind wie Gedanken, irgendwann gehen Dir die schon noch aus, dann guckst aber Du. 😂

Ciao, Frank

 RainerMScholz meinte dazu am 18.06.21:
Wird schon weniger, finde ich, siehe oben. Irgendwann ist die Luft `raus, und dann gibt es auch nichts mehr zu zünden hintenrum.
Aber heute noch nicht.
Grüße,
R.

 Dieter_Rotmund (17.06.21)
Rainer, das ist seit langer Zeit dein bester Text.

 Soshura (17.06.21)
Der zweite und der vierte Absatz ist ... vermenschlichtes Katzengejammer. Zünd sie an und wirf sie über Bord. Passt nicht zum Spiel. Falls Du mir nicht glaubst, frag ne Katze.

 RainerMScholz antwortete darauf am 18.06.21:
Wenn ich auf der Terrasse stehe und eine rauche, läuft gelegentlich eine Getigerte gemächlich mit einem Sicherheitsabstand an mir vorüber und ignoriert mich aktiv. Ich sie auch.
Gruß + Dank,
R.

 mannemvorne (18.06.21)
.

Dieser Text ist (für mich) eine Herausforderung!

_____BravOh!

Gruß dazu
mv
.

 RainerMScholz schrieb daraufhin am 18.06.21:
An alle Empfehlisten: Ihr seid ausgewiesene Katzenhasser, dass das `mal klar ist.
Gruß + Dank,
R.

 mannemvorne äußerte darauf am 19.06.21:
.
nöö, unkla -
da muß ich widersprechen
ische mag Katzn!
hab sell ba zwei getigerte
-.
„Antikriegs“film“modus“
-
Text kitzelt
an sog. Moral
& Hintern
Ohren
und sonst
wo
noch...
Gruß dazu
Empfehlistopheles
.
______________ _KtK_

.

 RainerMScholz ergänzte dazu am 23.06.21:
Geht mir genauso, ähm, mit den Katzen. Schnurrhaare kitzeln das Innere meiner Hirnschale.
Grüße,
R.
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